Starck erläutert Gutachten vor ABDA-Gremium |
12.07.1999 00:00 Uhr |
Politik
Professor Dr. Christian Starck, Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht an der Universität Göttingen, hat vor der Mitgliederversammlung der ABDA am 30. Juni in Bonn seinen gutachterlichen Beitrag zur rechtswissenschaftlichen Diskussion der "Vereinbarkeit des apothekenrechtlichen Fremd- und Mehrbetriebsverbotes mit den verfassungsrechtlichen Grundrechten und dem gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungsrecht" erläutert. In jüngster Zeit habe vor allem Jochen Taupitz die Verfassungswidrigkeit des Mehrbesitzverbotes zu begründen versucht, so Starck, der dem widersprach.
In dem Gutachten untersucht Starck, inwieweit das Verbot von Fremd- und Mehrbesitz mit dem Grundgesetz und mit EU-Recht vereinbar sei. Aus dem Grundsatz des Apothekengesetzes und den eng definierten Ausnahmen wie etwa der Zulässigkeit von Zweigapotheken ergebe sich das Bild des Apothekers in seiner Apotheke. Nach Starcks Auffassung ist die Volksgesundheit das durch die Gesetze geschützte Gut, also die Menschen und die ihnen zu gewährende Arzneimittelversorgung. Der Apotheker sei das Instrument zur Erfüllung dieses gesetzlichen Auftrages. Im Gegensatz dazu sehe Taupitz im Apotheker das zu schützende Gut, weshalb sich das Fremd- und Mehrbesitzverbot als fortschrittshemmendes Mittelstandsrecht erweise und deshalb geändert werden müsse.
Starck betonte, daß der Beruf des selbständigen Apothekers aus einer Verbindung von pharmazeutischer und ökonomischer Tätigkeit bestehe. Die pharmazeutische Tätigkeit werde aber durch das Mehrbetriebsverbot kaum berührt, weil alles, was fachlich-pharmazeutisch getan werden könne, auch durch einen nicht-selbständigen Apotheker realisierbar sei. Das Mehrbetriebsverbot wirke dagegen ökonomisch, weil es die Expansion des wirtschaftlichen Erfolgs beschränke.
Apotheker, die sich durch Gründung weiterer Apotheken bis hin zu Ketten stärker wirtschaftlich engagieren möchten, sei die Beschränkung auf eine Apotheke jedoch zumutbar ebenso wie denjenigen, die keine eigene Apotheke gründen wollen oder können der Angestelltenstatus zumutbar sei. Mit dem Fremd- und Mehrbesitzverbot habe der Gesetzgeber ein optimales Instrument genutzt, um die durch den Markt begrenzten Möglichkeiten zur selbständigen Leitung einer Apotheke gerecht zu verteilen.
Die Möglichkeit, daß sich Krankenhäuser teilweise eigener Apotheken bedienen, sei eine Ausnahme vom Fremdbetriebs- und Fremdnutzungsverbot, die den Grundsatz nur bestätige. Die Ausnahme sei vertretbar, weil bei der Krankenhausapotheke kein Interesse daran bestehe, den Arzneimittelumsatz aus wirtschaftlichen Gründen zu steigern. Aus dem Vergleich der apothekenrechtlichen Regelungen mit den Regelungen anderer Freier Berufe könne ebenfalls kein Gleichheitsverstoß abgeleitet werden.
Der Göttinger Rechtswissenschaftler stellte heraus, daß die Entwicklung der Freiheit des Warenverkehrs und der Dienstleistungen in der Rechtsprechung des EuGH nicht auf das Niederlassungsrecht übertragbar sei. Niederlassung bedeute eine engere Beziehung zur Rechtsordnung des betreffenden Staates, deren Integrität das Gemeinschaftsrecht nach dem Subsidiaritätsprinzip sichere.
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