Versand an Justizvollzugsanstalten ist unzulässig |
28.05.2001 00:00 Uhr |
URTEIL
von Stefan Zerres, Kiel
Mit Urteil vom 4. Mai 2001 hat das Landgericht Kiel (14 O 169/00) einem schleswig-holsteinischen Apotheker untersagt, Justizvollzugsanstalten mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln auf dem Versandweg zu beliefern.
Es liegt damit erstmals ein Richterspruch vor, der den Versandhandel mit Arzneimitteln ausdrücklich auch für die Versorgung von Justizvollzugsanstalten ausschließt. Das Gericht reiht sich mit seinem Urteil in die bislang vorliegenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes ein, die dem Versandhandel mit Arzneimitteln bereits eine Absage erteilten.
Das Gericht bezieht sich insbesondere auf den Bundesgerichtshof (Urteil vom 6. April 2000, Az.: I ZR 294/97) und führt aus, dass sich das Versandverbot nicht auf ein Verbot des Arzneimittelversandes an die Bevölkerung direkt, also an den Patienten als Endabnehmer beschränke. Es sei insofern unerheblich, dass die Bestellung auf Grund einer Anordnung oder Verschreibung eines Arztes erfolge. Der Versand an Ärzte sei ebenfalls untersagt. Die Möglichkeit der Versendung von Arzneimitteln solle eingeschränkt werden, so die Richter, um die Arzneimittelsicherheit und eine Information sowie Beratung des Kunden bei der Arzneimittelabgabe zu gewährleisten. Nicht nur die Insassen beziehungsweise Patienten, sondern auch die Ärzte bedürfen der Information und Beratung. Sie haben nicht immer die erforderlichen pharmakologischen Fachkenntnisse zur Beurteilung der Arzneimittel. Der Apotheker müsse entsprechend § 20 Abs. 1 Satz 1 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) auch die zur Heilkunde berechtigten Personen informieren und beraten, soweit dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit erforderlich sei.
Sowohl das sich aus § 17 Abs. 2 ApBetrO ergebende Verbot als auch dasjenige, das sich aus § 43 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelgesetz (AMG) ergebe, so das Gericht, erstrecke sich auch auf den Versand auf Grund von Bestellungen, die ein Arzt aufgegeben oder veranlasst habe. Selbst wenn die Medikamente nicht direkt an den Patienten geliefert werden, so handele es sich dennoch um ein Inverkehrbringen für den Endverbrauch. Darunter sei jede Abgabe eines Arzneimittels an eine das Arzneimittel verbrauchende Person zu verstehen. Ein Verbrauch liege auch dann vor, wenn die Person, an die das Medikament zunächst versandt wird, es an den Endverbraucher abgebe oder bei dem Patienten anwende.
Nur dann, so die Richter, wenn eine in § 47 AMG genannte Institution oder Person Adressat sei oder eine Zustellung durch Boten im Einzelfall nach § 17 ApBetrO begründet sei, sei nach der derzeitigen Gesetzeslage ein Versand zulässig. Die Voraussetzungen beider Normen seien jedoch nicht gegeben. Zum einen seien die Justizvollzugsanstalten in § 47 AMG nicht genannt und zum anderen erfolge die Belieferung der Justizvollzugsanstalten generell auf der Grundlage von Lieferverträgen, so dass Einzelfälle, die als zulässig angesehen werden könnten, nicht zu unterstellen sind. Es liege daher ein Verstoß gegen die §§ 43 AMG, 17 ApBetrO vor.
Das Urteil des Landgerichts Kiel ist noch nicht rechtskräftig. Es wird
aller Voraussicht nach mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen, so
dass sich das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in Schleswig mit
der Problematik der Arzneimittelbelieferung von Justizvollzugsanstalten zu
beschäftigen haben wird. Lässt man das Urteil des Landgerichts Kiel
Revue passieren, so ist zu erwarten, dass das Oberlandesgericht intensiver
in die Materie eintauchen wird. Es sind noch nicht alle für das konkrete
Wettbewerbsverfahren maßgebenden Gesichtspunkte erörtert worden.
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