Ressourcen effektiver nutzen |
10.05.1999 00:00 Uhr |
Politik
Die Deutschen werden immer älter, die medizinische Versorgung immer fortschrittlicher, aber auch aufwendiger. Damit schnellen die Ausgaben für unser Gesundheitswesen weiter in die Höhe. Ziel müsse es deshalb sein, bei den Leistungen Notwendiges von Wünschenswertem abzugrenzen, um mit dem vorhandenen Geld so lange wie möglich auszukommen, betonte Professor Dr. Dr. h.c. Peter C. Scriba in seinem Festvortrag während dem 36. Wirtschaftsforum des DAV am 6. Mai in Baden-Baden. Nur durch konsequent rationales Handeln der Mediziner könne die quälenden Enge finanzieller Mittel erträglicher gestaltet werden.
Schon die alte Bundesregierung beauftragte einen Sachverständigenrat mit einer Bestandsaufnahme des deutschen Gesundheitswesen. Aufgabe des Expertengremiums sollte es sein, Kostenstrukturen zu analysieren, zu bewerten und Tendenzen aufzuzeigen, um dann die Politik zu beraten. Inzwischen hat der Rat seine umfangreichen Analysen in zwei Bänden veröffentlicht. "Wir haben genügend Anhaltspunkte gegeben, um das System effektiver zu gestalten, jedoch wurden diese lange nicht alle von der Politik umgesetzt", so Scriba, Gremiumsmitglied auch nach dem Regierungswechsel. Er kritisierte vor allem das Tempo, mit dem die Strukturreform 2000 auf den Weg gebracht wird. "Eine solche Reform bedarf eigentlich einer guten Vorbereitung." Der Sachverständigenrat habe jedoch aus Zeitgründen nicht mal die Chance gehabt, sich mit den Einzelheiten auseinanderzusetzen.
Nach Meinung Scribas müßten Reformen an verschiedenen Stellen greifen. Unter anderem sollte die Gesundheitsförderung und Prävention weiter gestärkt werden. Schließlich seien nicht nur die zunächst anfallenden Kosten, sondern auch später eingesparten Leistungen zu berücksichtigen. Scriba empfahl, präventive Maßnahmen zu evaluieren und eine Prioritätenliste zu entwickeln. So könnte beispielsweise durch konsequenten Gebrauch von iodiertem Speisesalz das Risiko von Schilddrüsenerkrankungen drastisch gesenkt werden.
Dazu müßte der Staat jedoch die Verbraucher stärker aufklären und auch für Großverbraucher wie Kantinen und die Gastronomie durch Steuervorteile mehr Anreize schaffen. Was spräche außerdem dagegen, Erlöse aus Tabak- und Alkoholsteuer für die Prävention zu nutzen.
Einsparpotentiale sieht Scriba auch bei den medizinischen Leistungen. Zum Beispiel müsse man Therapieleitlinien überarbeiten und weiterentwickeln. "Viele Maßnahmen sind samt und sonders überflüssig". Die Ärzte müßten einen Mittelweg suchen und dabei auch ein Restrisiko einkalkulieren. Denn den Maximalaufwand könne das System künftig nicht mehr tragen. Im Rat habe man deshalb Leitlinien entwickelt, die sich auch an der Häufigkeit der unterschiedlichen Krankheitsbilder orientieren. Wichtig für Scriba: Auch die Patienten müssen unbedingt über ein eventuelles Restrisiko aufgeklärt werden.
Das Gesundheitswesen bleibt Zukunftsbranche und ein bedeutender Wirtschaftsfaktor,
resümierte Scriba. Durch den medizinischen Fortschritt und die demographische Entwicklung
ließen sich steigende Kosten jedoch langfristig nicht vermeiden.
© 1999 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de