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BGH hebt Stange-Urteil auf

29.04.2002  00:00 Uhr

BGH hebt Stange-Urteil auf

von Daniel Rücker, Karlsruhe

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil gegen Günther Stange aufgehoben. Das Landgericht Bielefeld hatte den Mindener Apotheker für schuldig befunden, eine Apothekenkette betrieben zu haben. Dafür wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe von 180.000 DM verurteilt.

Diesem Urteil widerspricht der BGH. Stange habe die Apotheken nicht betrieben, sondern lediglich als stiller Teilhaber am Geschäft partizipiert. Durch die Vermietung der Apothekenräume, EDV-Leasingverträge und Unterstützung beim Marketing hatte Stange insgesamt zwölf Apotheker eng an sich gebunden.

Das Vertragswerk hatte zur Konsequenz, dass die Betreiber der betreffenden Apotheken faktisch nicht am Gewinn ihrer Apotheke beteiligt waren, sondern quasi ein Gehalt mit Umsatzprovision erhielten. Das Landgericht Bielefeld sah in diesem Konstrukt eine von Stange betriebene Apothekenkette. Die zwölf Apotheker erfüllten nur eine Strohmann-Funktion für Stange, argumentierte das Landgericht.

Anders der BGH. Stange habe zwar in die Kompetenzen der Apotheker eingegriffen, in ihre pharmazeutischen Kernaufgaben, also Bestellung, Auswahl und Abgabe von Arzneimitteln, habe sich Stange aber nicht eingemischt. Deshalb seien sie auch keine Strohmänner. Das Konstrukt diente zwar zur Vorbereitung einer Kette, war aber de facto keine. Aus diesem Grund sei Stange auch nicht deren Betreiber.

Der BGH ließ aber auch keinen Zweifel daran, dass Stange unrechtmäßig gehandelt hatte. Sein Engagement in den zwölf Apotheken wertete das Gericht als unzulässige wirtschaftliche Einflussnahme auf die Apotheker nach § 8 Satz 2 Apothekengesetz. Da es sich hierbei um eine Ordnungswidrigkeit handelt, verwies der BGH den Fall zurück.

In seiner Urteilsbegründung unterstrich der 4. Strafsenat, dass mit dieser Entscheidung keine Wertung zur Verfassungskonformität des Fremd- und Mehrbesitzverbotes verbunden sei. Da Stange keine Kette betrieben habe, stehe diese Frage nicht zur Klärung an. In einer Stellungnahme betonte auch der Präsident der Bundesapothekerkammer, Johannes M. Metzger, dass die Rechtmäßigkeit und der Bestand des Fremd- und Mehrbesitzverbotes in dem Verfahren keine Rolle gespielt habe.

 

Kommentar: Kein Persilschein Mit seinem Urteil vom 25. April 2002 hat der Bundesgerichtshof ambitionierten Gegnern des Fremd- und Mehrbesitzverbotes keinen Persilschein erteilt. Zwar hat er das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 23.10.2000 (Az.: 1 KLs 1/97 Ia) aufgehoben und den angeklagten Mindener Apotheker vom Vorwurf strafbaren Handelns freigesprochen. Jedoch heißt es bereits in der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs, dass der Senat die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen habe, weil es nahe liege, dass der Angeklagte durch eine unzulässige wirtschaftliche Einflussnahme auf die Apotheker wegen ordnungswidrigen Verhaltens nach Apothekenrecht zur Verantwortung zu ziehen sein werde.

Die Entscheidung ist also nicht der Startschuss für Fremd- und Mehrbesitz an deutschen Apotheken. Er sagt lediglich aus, dass im konkreten Fall die Voraussetzungen des Straftatbestandes nicht erfüllt waren. Insbesondere wird das Institut des Fremd- und Mehrbesitzverbotes nicht in Frage gestellt. Sobald die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen, wird genau zu analysieren sein, wie der BGH die unzulässige wirtschaftliche Einflussnahme im Verhältnis zu den Instituten der Verwaltung, der Apothekenpacht und der Krankenhausapotheken definiert.

Lutz Tisch,
ABDA-Geschäftsführer

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