Information und Kostensenkung |
19.04.2004 00:00 Uhr |
Neue Medien sowie der steigende Kostendruck im Gesundheitswesen lassen neue Märkte und Angebote jenseits der etablierten Versorgungsstrukturen entstehen. Über Potenziale und Risiken des virtuellen Gesundheitswesens diskutierten Branchen-Insider und Politiker auf einer gemeinsamen Veranstaltung von Projekt Zukunft und InfoRadio.
Der Begriff E-Health umfasse alle Methoden, die Informationen digital transportierbar machten und einen Nutzen für das Gesundheitswesen brächten, erläuterte Dr. Gottfried Dietzel von der Projektgruppe Telematik beim Bundesgesundheitsministerium (BMGS). Entsprechend reichten die möglichen Anwendungsbereiche vom ärztlichen Zweitgespräch und digitaler Röntgenaufnahme über die Patientenberatung, integrierte Versorgung und Versandapotheken bis hin zu elektronischem Rezept und elektronischer Gesundheitskarte. In maximal 15 Jahren ließen sich seiner Meinung nach bis zu 20 Prozent aller Kosten im Gesundheitswesen durch mehr Effizienz bei der Datenerfassung und -weiterleitung einsparen.
Die Einführungskosten für die elektronische Gesundheitskarte von 1 Milliarde Euro sowie 200 Millionen Euro laufende Betriebskosten ließen sich so in kurzer Zeit ausgleichen, machte Dietzel deutlich. Positive Effekte seien insbesondere hinsichtlich der derzeit bestehenden Unter-, Über- und Fehlversorgung zu erwarten. Angesichts 15.000 Todesfälle pro Jahr durch Arzneimittelgebrauch sei es Dietzel eine „Versündigung am Patienten“, dass mit der Umsetzung der elektronischen Gesundheitskarte erst jetzt begonnen werde. Deren Einführung 2006 hielt er für realistisch.
Bewertung von Informationen
Hartmut Reiners vom Gesundheitsministerium Brandenburg erwartet, dass die neuen Technologien die Information der Versicherten deutlich verändern werden. Das totale Informationsmonopol der Ärzte werde aufgebrochen. Besondere Bedeutung komme dabei der Überprüfung der Seriösität angebotener Informationen zu.
Der aus dem vom BMGS geförderten Projekt „Aktionsforum Gesundheitsinformationssystem“ hervorgegangene Verein Afgis e. V. entwickele daher Kriterien zur Bewertung gesundheitsbezogener Informationen aus dem Internet, machte Dietzel deutlich. 175 Partner beteiligen sich derzeit an der Entwicklung einheitlicher Qualitätsstandards, die die Vergabe eines Afgis-Siegels ermöglichen sollen.
Dichte nicht gleich Qualität
Informationen für Patienten sind das Geschäftsmodell der unter dem früheren Namen Gesundheitsscout24 bekannt gewordenen Sanvartis. Geschäftsführer Dieter Zocholl, sieht sein Unternehmen als „Pfadfinder im Mediendschungel“. Mit täglich bis zu 3000 Anrufen und einem umfangreichen Internetportal zähle Sanvartis zu den größten Gesundheitsdienstleistern, bei dem sich Ärzte, Apotheker und weiteres medizinisches Personal um die Belange der Patienten kümmern. Der kostenfreie Zugang zu den speziellen Dienstleistungen von Sanvartis sei allerdings nur Versicherten bestimmter Krankenkassen vorbehalten, erläuterte Zocholl.
Nach seiner Ansicht bietet die Telemedizin eine Entlastung von
Routineaufgaben und damit die Möglichkeit zur preiswerteren, besseren und
effizienteren Gesundheitsversorgung. Dass Deutschland als Land mit der
höchsten Ärzte- und Apothekendichte Europas nicht das qualitativ beste
Gesundheitswesen besitzt, ist seiner Meinung nach ein Indikator dafür,
dass hervorragende Infrastrukturen nicht automatisch zu mehr Qualität im
Gesundheitswesen führten. Mehr Apotheken als Schuhgeschäfte könne sich das
deutsche System nicht mehr leisten. Die angesichts solcher Äußerungen
sowie der Kooperationen mit Kassen nahe liegende Frage nach der eigenen
Unabhängigkeit, ließ der Scout unbeantwortet.
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