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Köhler wird noch nicht konkret

08.03.2004  00:00 Uhr

Köhler wird noch nicht konkret

von Thomas Bellartz, Berlin

Seit Tagen macht Horst Köhler bereits den Grüßaugust. Am Dienstag war er zu Gast in den Fraktionen von Union und FDP. Das Thema: Reformen.

Köhler ist der Konsenskandidat von CDU, CSU und FDP für das Amt des Bundespräsidenten. In den vergangenen Tagen wuchs der Bekanntheitsgrad des Ökonom beträchtlich. Der 61-jährige frühere Staatssekretär im Finanzministerium hat gute Chancen, Nachfolger von Johannes Rau zu werden. Und Köhler versäumt es nicht, vor der Wahl in der Bundesversammlung und einem möglichen Amtsantritt erste Duftmarken zu setzen.

Der in Baden-Württemberg aufgewachsene Finanzexperte hat sich in Berlin mit seiner grundsätzlichen Unterstützung des Reformkurses zunächst sogar Freunde in der Regierung gemacht. Schließlich war es Bundeskanzler Gerhard Schröder, der ihn – wenn auch als zweite Wahl – auf den IWF-Posten lotste.

Die Sympathie für seine ersten Äußerungen werden ihm wohl auch deswegen entgegengebracht, weil Köhler nicht allzu präzise geworden ist. So äußerte sich der Kandidat für das Präsidentenamt zwar zu einem avisierten Umbau der Gesellschaft und des Bildungswesens, ließ aber die anderen, derzeit deutlich sensibleren Bereiche außen vor.

Das gilt auch für die Gesundheitspolitik. Mit seinem grundsätzlichen Einverständnis für die Reformen der Bundesregierung dürfte sich Köhler, nach Einschätzung eines Vertrauten von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), auch pro Gesundheitsreform ausgesprochen haben. Schließlich sei das „auf der Linie von Köhler“. Der stehe doch für mehr private Verantwortung und weniger Staat. Die Reform, ohnehin ein Konsensprodukt von Regierung und Union, wird bereits umgesetzt, wenn auch mit Schwierigkeiten. Köhler wird sich hier kaum also abwertend äußern.

Aber was ist dann überhaupt sozial- und gesundheitspolitisch von Köhler zu erwarten? Der Internationale Währungsfonds (IWF) jedenfalls gilt niemandem als Bastion einer hehren Sozialpolitik. Das spricht Bände, denn Köhler galt als erstklassige Besetzung für den Job in Washington. Zudem ist Köhlers Biografie eng mit dem Einheitsprozess verbunden, mancherorts auch mit der Fehleinschätzung von dessen Finanzierung.

Allerdings hat der Bundespräsident jenseits der Unterzeichnung von Gesetzen keinerlei konkrete Einflussmöglichkeit. Soviel ist gewiss. Aber es gibt nicht zu unterschätzende Signalwirkungen, wie die Schirmherrschaft eines Bundespräsidenten bei der Gründerpreis-Verleihung für DocMorris.

Köhler gilt als Globalisierungsbefürworter, nicht als Gegner. Es wird spannend sein, ob sich der Kandidat überhaupt detailliert zu weiteren Reformen im Gesundheitswesen äußert, oder – wie seine Vorgänger – die Gesellschaft insgesamt ins Visier nimmt. Top

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