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Ministerium hält Budget für ausreichend

18.10.1999  00:00 Uhr

-PolitikGovi-Verlag

Ministerium hält Budget
für ausreichend

von Daniel Rücker, Bielefeld

Nach Ansicht von Ministerialdirektor Dr. Hermann Schulte-Sasse könnte das Arzneibudget eingehalten werden, wenn die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) ihre Mitglieder besser beraten würden.

Die KVen in Hessen und Baden-Württemberg bewiesen, dass es möglich sei, das Budget einzuhalten. In diesen Bezirken würden die niedergelassenen Mediziner von unabhängigen Fachleuten der KV unterstützt, sagte der Abteilungsleiter aus dem Bundesgesundheitsministerium bei einer öffentlichen Veranstaltung in Bielefeld. Diese KVen würden seit vielen Jahren Ärzte beraten, wenn eine Wirtschaftlichkeitsprüfung drohe.

Schulte-Sasse bezeichnete es als einen Fehler "den Pharmareferenten das Informationsmonopol zu überlassen". Dies habe zur Konsequenz, dass manche Ärzte schlecht informiert seien und zu schnell neue Arzneimittel verordneten, obwohl der therapeutische Fortschritt in vielen Fällen nicht ausreichend belegt sei. Als Beispiel nannte der Internist aus dem Gesundheitsministerium Antihypertonika: Hier gebe es zahlreiche neue Substanzen, die zwar wesentlich teurer, aber nicht viel besser seien als die bewährten Präparate.

Ähnlich sei es bei Thrombozytenaggregationshemmern. Viele neue Präparate wiesen keine Vorteile im Vergleich zur Acetylsalicylsäure auf, seien aber bis zu einhundert Mal teurer. Anders verhalte es sich dagegen bei Neuroleptika, so Schulte-Sasse. Hier müsse das Budget mehr Raum für innovative Arzneimittel lassen, denn diese hätten im Vergleich zu ihren Vorgängern wesentlich weniger Nebenwirkungen.

Manche Ärzte verließen sich zu unkritisch auf die Informationen der Industrie und könnten deshalb nicht selbst entscheiden, ob ein neues Arzneimittel wirklich einen therapeutischen Fortschritt bedeute. Wenn es den KVen nicht gelinge, bundesweit eine industrieunabhängige Beratung für ihre Mitglieder aufzubauen, dann trügen sie die Verantwortung für Budgetüberschreitungen.

Einigen Ärzten aus dem Auditorium war Schulte-Sasses Argumentation zu simpel. So stehe der Hausarzt nicht nur unter dem Einfluss der Pharmazeutischen Industrie, sondern auch der Krankenkassen. Eine Neurologin warf den Kassen vor, dass diese einerseits auf die Einhaltung des Budgets pochen, gleichzeitig aber Patienten raten, den Arzt zu wechseln, wenn ihnen ein bestimmtes Medikament verweigert wurde. Schulte-Sasse hofft, dass solche Probleme in Zukunft durch auf validen Daten basierende Therapieleitlinien vermieden werden können.

Bislang fehlten allerdings verlässliche Informationen, welche Therapieform bei welchem Patienten die effizienteste ist. Dem Gesundheitswesen fehle es an Transparenz. Schulte-Sasse verteidigte deshalb die geplante Datensammlung, die in ihrer ursprünglichen Form von Datenschützern kritisiert wurde. Die Vorbehalte seien jetzt ausgeräumt. Die Daten sollen frühzeitig anonymisiert werden. "Es geht uns nicht um den gläsernen Patienten, sondern um ein gläsernes Gesundheitssystem."Top

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