Pharmazeutische Zeitung online

Die Stimmung ist am Tiefpunkt

30.09.2002  00:00 Uhr

Aut idem

Die Stimmung ist am Tiefpunkt

von Hanna Kleine-Weischede, Oberursel

Zum 1. Juli 2002 wurden vom Bundesausschuss Ärzte/Krankenkassen erstmals Gruppen austauschbarer Arzneimittel festgelegt. Inzwischen ist die zweite Tranche herausgegeben worden. Doch in der Praxis scheint Aut idem kaum zu existieren oder möglich zu sein – so das Ergebnis eines Seminars des Colloquium Pharmazeuticum Ende September in Oberursel.

„Aut idem ist aufwendig und kompliziert. Warum bleiben wir nicht bei den Festbeträgen?“ Das Fazit Wolfgang Kaesbachs, Leiter der Abteilung Arzneimittel, Medizinprodukte und Heilmittel des BKK-Bundesverbandes beschreibt sehr gut die Stimmung, die bei Verbänden von Industrie, Ärzten und Krankenkassen vorzuherrschen scheint.

Auch organisatorisch zeigen sich Probleme: Die Gruppen werden zwar vierteljährlich gebildet, die Preislinien müssten wir aber alle vierzehn Tage ausrechnen.

„Der IFA-Meldeschluss zum 1. Januar 2003 interessiert uns überhaupt nicht, da er unrealistisch ist,“ klagt Kaesbach. Der Stichtag sei in drei Arbeitstagen nicht einzuhalten. Denn nicht nur die Preise müssen geprüft werden, sondern auch Packungsgrößen und Darreichungsformen. Die Angaben der Hersteller seien oft nicht präzise genug: „So werden Brausetabletten schon mal als Tabletten bezeichnet.“ Für einen sinnvollen Einsatz von Aut idem solle man daher nicht auf Packungen schauen, sondern auf die Verordnungen.

Auch für Apotheker stellen die kurzen Meldefristen ein Problem dar: Durch mögliche 14-tägige Preisänderungen kann so schnell keiner wissen, ob ein Produkt aktuell unter oder über der Preislinie liegt.

Festbetrag Aut idem

„Aut idem ist in Wirklichkeit nichts anderes als ein Festbetrag. Nur ändert er sich nicht einmal im Jahr, sondern vierteljährlich,“ bezeichnet Rechtsanwalt und Moderator des Seminars, Burkhard Sträter, die Lage. Bisher habe sich keiner getraut, oberhalb der Preislinie zu bleiben. Letztendlich habe es nur Preissenkungen gegeben.

Um die Preislinien doch in die Höhe treiben zu können, würden einige Firmen so genannte Dummys auf den Markt werfen, deren Preise nahezu der Festbetragsgrenze entsprächen.

Sträter plädierte dafür, nach Umsätzen zu gewichten, da es sonst zu Verwerfungen kommen würde. Nur so würden sich die Preislinien wahrscheinlich ändern, und gerechter werden.

Der Vorsitzende der DPhG-Landesgruppe Hessen, Professor Dr. Henning Blume, zeigte sich erstaunt über die Preisdiskussionen: „Dass der Markt reagiert war doch abzusehen.“ Blume appellierte wiederholt an das Verantwortungsbewusstsein der Pharmazeutischen Industrie gegenüber den Patienten, auf eine sichergestellte Bioäquivalenz zu achten.

Substitution mit Bedacht

Für „reine Kostendämpfungspolitik“ bezeichnet Dr. Ekkehard Bahlo, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten, die Lage. Die Aut-idem-Regelung sei ein ungenügend vorbereiteter Systemwechsel ohne Absicht der Folgen. Viele Fragen seien noch unbeantwortet. Besonders bei Chronikern sei von Aut idem abzuraten. Der laufende Medikamentenwechsel könne zu unerwünschten Nebenwirkungen führen und trüge nicht zur Compliance bei.

Bei Chronikern sei es gerade das Problem, dass bei einer Substitution Ärzten oft nicht bekannt sei, wie die Darreichungsformen wirke, sagte die ehemaligen Präsidenten der LAK Baden-Württemberg, Karin Wahl. „Hier halt ich eine Arbeitsteilung für sinnvoll.“

Den Kollegen empfahl Wahl, Bedenken bei der Substitution auf dem Rezept zu dokumentieren, wenn sie wüssten, dass dadurch Retaxationen auf sie zukämen.

Richtig zufrieden schien die ehemalige LAK-Präsidentin mit Aut idem nicht zu sein: „Es war riskant, gleich alles zu fordern. Wir hatten im Notdienst bereits Aut idem erfolgreich angewendet und hätten langsam reinwachsen können.“

Zwar hätten inzwischen 80 Prozent der Ärzte die „Kästchenfunktion“ begriffen, Aut idem bedeute trotzdem Stress, da man immer am PC überprüfen müsse, ob sich die Preise sich verändert haben und das Medikament noch zum unteren Preisdrittel gehöre.

Ein weiteres Problem sieht sie in der Importquote: Packungsgröße deckten sich oft nicht mit Verordnungen. Oft seien sie auch nicht lieferbar, da nicht genug im Land vorhanden. Griechenland meldet zum Beispiel schon Engpässe. „Es ist falsch, in Ländern mit anderer Gesundheitsstrukturen Medikamente zu kaufen, um in Deutschland Geld zu sparen“, so Wahls Meinung.

Um Aut idem doch noch eine Chance zu geben, empfahl Wahl den Vertretern der Industrie, Ärzte und Apotheker gemeinsam ins Boot zu holen um zu sehen, ob es nicht doch eine intelligente Lösung gibt. Top

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