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24.09.2001 00:00 Uhr |
PREISSPANNEN
Vertreter der Krankenkassen könnten mit einer Änderung der Arzneimittelpreisverordnung offenbar gut leben. Bei einer Euroforum-Veranstaltung signalisierte auch der Vorsitzende des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen (BKK), Wolfgang Schmeinck, seine Sympathie für eine solche Regelung.
In der Diskussion ist sind geringere Preisspannen für teure Arzneimitteln gekürzt und eine Kompensation für die Apotheker über höhere Spannen im niedrigpreisigen Bereich. Aus Sicht des BKK-Vorsitzenden hätte die so genannte Drehung zwei Vorteile. Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) würde entlastet, weil der Preis von teuren Arzneimitteln, die in der Regel verordnet werden, sinkt. Dabei stört es die Kassen nicht, dass gleichzeitig OTC-Präparate teurer würden.
Der zweite positive Effekt sei das Ende der Rosinenpickerei durch Versandhändler, so Schmeinck. Diese nutzen die absolut hohen Vertriebsspannen teurer Produkte aus. Der BKK-Chef sieht darin kein Geschäftsmodell, dass der Arzneimittelversorgung in Deutschland dient, obwohl er grundsätzlich die Einführung des Versandhandels nicht ablehnt. "Ein Versandhandel, der nur deshalb existiert, weil er die Mischkalkulation in der Arzneimittelpreisverordnung ausnutzt, ist überflüssig." Schmeinck betonte aber auch, dass eine Drehung nur sinnvoll sei, wenn die pharmazeutische Industrie nicht über Preiserhöhungen den alten Apothekenabgabepreis wieder herstelle.
Der Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, Karl-Rudolf Mattenklotz,
befürwortet dieses Konzept ebenfalls. Dies würde nicht nur den
Versandhändlern das Leben erschweren, sondern auch andere Verwerfungen im
System beseitigen. Nach seinen Informationen gibt es im Kammerbereich
Nordrhein einige Apotheken, in denen außergewöhnlich viele hochpreisige
Rezepte eingelöst werden. Hier liege der Verdacht unerlaubter
Rezeptzuweisungen nah. Leidtragende seien die Apotheken, die nur noch
Rezepte mit unprofitablen preiswerten Arzneimitteln beliefern können.
Immerhin 60 Prozent der Arzneimittel können nach Aussage von Mattenklotz
nicht kostendeckend von den Apotheken distribuiert werden.
Die forschende Industrie unterstützt diese Forderung nach einer
Weiterentwicklung der Preisverordnung ebenfalls. Erich Dambacher, Aventis,
bezeichnete sie als dringend notwendig. Allerdings sieht er ein Problem,
wenn die Krankenkassen auf eine baldige Festbetragsanpassung bestehen. Der
Hintergrund: Festbeträge legen den Höchstbetrag für die Erstattung der
Krankenkassen fest. Sie beziehen sich also auf den Apothekenverkaufspreis.
Laut Gesetz sind Anpassungen nur einmal im Jahr möglich. Wenn die
Preisspannen erst nach einer Absenkung geändert würden, könnten die
Festbeträge erst in zwölf Monaten an das neue Preisniveau angepasst
werden.
Schmeinck lies keinen Zweifel daran, dass ihm die baldige Absenkung der
Festbeträge wichtiger sei, als eine schnelle Änderung der
Arzneimittelpreisverordnung. Da hierbei die Ergebnisneutralität über
mehrere Jahre sichergestellt werden müsse, sei ein Schnellschuss ohnehin
falsch
Langfristig unterstützt der Kassenfunktionär auch die Forderung der
Apotheker nach einer Aut-idem-Erlaubnis. "Es wäre gut, wenn die
Apotheker endlich einmal das tun dürften, wozu sie ausgebildet
wurden," sagte Schmeinck. Die Sorgen der Ärzte teilt er nicht.
"Es gibt kein Indiz, dass Ärzte dies besser können all
Apotheker." Allerdings müsste dann die Arzneimittelpreisverordnung
stärker mit Festzuschlägen arbeiten. "Aut-idem bringt nichts, wenn
die Apotheker dazu gezwungen wären gegen ihre eigenen ökonomischen
Interessen zu beraten."
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