Viel Licht und wenig Schatten |
26.07.2004 00:00 Uhr |
Bereits im August 2002 und im Februar 2004 hatte die Kammer die grundsätzliche Beratungsbereitschaft der westfälisch-lippischen Apotheken auf den Prüfstand gestellt. „Nachdem diese Erhebungen mit Werten von 96 beziehungsweise 97 Prozent sehr zufrieden stellend ausfielen, sind wir jetzt noch einen Schritt weiter gegangen und haben die Qualität der einzelnen Beratungsgespräche unter die Lupe genommen“, so Hans-Günter Friese, Präsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Jetzt wurde erstmals auch das Feedback der Apotheken erfasst. Ganz deutlich zeigte sich, dass in den Apotheken grundsätzlich beraten wird. In 211 Fällen (93,8 Prozent) geschah dies ohne Aufforderung (Tabelle 1).
Tabelle 1: Beratungsbereitschaft
Erhebung Beratungsbereitschaft August 2002 96,0 Prozent (48 von 50 Apotheken) Februar 2004 96,6 Prozent (58 von 60 Apotheken) Mai/Juni 2004 99,1 Prozent (223 von 225 Apotheken)
17 pharmazeutische Fachprüfer hatte die Apothekerkammer Westfalen-Lippe seit Beginn dieses Jahres intern geschult. Dabei wurde auch der Verlauf der Beratungsgespräche standardisiert. „Die Ergebnisse der bisher in Deutschland durchgeführten Apothekentests basierten zumeist auf den subjektiven Eindrücken von nur einem oder zwei Testern. Demgegenüber soll unser Procedere durch die Vielzahl der pharmazeutischen Fachprüfer ein höchstmögliches Maß an Objektivität und Neutralität gewährleisten“, erläutert Dr. Andreas Walter, Geschäftsführer Pharmazie der Apothekerkammer.
Die Fachprüfer besuchten im Mai und Juni 225 der 2215 öffentlichen Apotheken im Kammerbezirk und stellten jeweils die Frage: „Haben Sie etwas gegen Verstopfung?“ Verlauf und Inhalte der Beratungsgespräche wurden protokolliert, kommentiert und von der Kammer ausgewertet. „Auch damit unterscheiden wir uns von den diversen Medientests, in denen nicht nur eine sehr viel geringere Zahl an Testkäufen absolviert wurde, sondern Erarbeitung der Fragestellung, Erhebung und Auswertung komplett in einer Hand lagen“, verdeutlicht Walter.
Die Auswertung der jüngsten Erhebung bescheinigte nahezu jeder zweiten Apotheke (46,7 Prozent) eine umfassende Beratung. Ein weiteres Drittel der Beratungen wurden als angemessen eingestuft. „In all diesen Gesprächen wurde gefragt, für wen konkret das Arzneimittel bestimmt sei, Details zur Obstipation eruiert und Hinweise zur Anwendungsdauer gegeben“, so Apotheker Dr. Andreas Walter. Zahlreiche Apotheken gaben außerdem weitere Informationen zur Dosierung und korrekten Arzneimittelanwendung und informierten die Tester Patienten über nicht medikamentöse Maßnahmen. Als verbesserungswürdig bewertete die Kammer 20 Prozent der Beratungsgespräche (45 von 225). Absolut unbefriedigend waren die zwei Fälle, in denen – auch auf Nachfrage – keine Beratung erfolgte.
Sämtliche getesteten Apotheken hat die Kammer inzwischen über die Resultate informiert. „Bei Defiziten in der Beratung kritisieren wir nicht allein, sondern unterbreiten den Kammermitgliedern zugleich konstruktive Verbesserungsvorschläge“, verdeutlicht Präsident Hans-Günter Friese.
Erfreulich und zugleich beruhigend für die Patienten: Auch in den Apotheken, die Mängel in der Beratung zeigten, wurde fast immer eine richtige Therapieempfehlung gegeben. Dr. Andreas Walter: „Nur drei der 225 Beratungen – zweimal wurden Kräuterdragees, in einem Fall ein Heiltee verordnet – beinhalteten aus Sicht der Kammer eine zu optimierende Arzneimittelempfehlung.“ Empfohlen wurden zwölf unterschiedliche Produkte. Die meisten Therapievorschläge bezogen sich auf bisacodylhaltige Suppositorien und natriumpicosulfathaltige Tropfen. In drei Beratungsgesprächen wurde von der Verwendung eines Arzneimittels gegen Verstopfung abgeraten. Die westfälisch-lippische Erhebung zeigt auch, dass in der Apotheke vor allem Apothekerinnen und Apotheker sowie PTA beraten (Tabelle 2).
Tabelle 2: Wer berät in der Apotheke?
Beratung durch Anteil in Prozent (absolut) Apothekerin/Apotheker 40,0 (90) PTA 57,2 (128) Apothekerassistent/in 0,4 (1) Pharmazieingenieur/in 0,4 (1) Sonstige (z. B. Pharmaziepraktikanten) 1,2 (3) Keine Angabe 0,8 (2)
Positives Feedback
Bereits bei den ersten beiden Erhebungen suchten die Apotheker unmittelbar nach dem Einkauf in die Apotheke ein Gespräch mit dem Apothekenleiter. Im aktuellen Test sollte das gesamte Apothekenteam das Procedere bewerten. Immerhin 88,6 Prozent der Gestesteten hielten die Rückmeldung des Fachprüfers für konstruktiv und nützlich. Leiter und Personal der Testapotheken waren auch an einer weiteren Verbesserung ihrer Beratungsleistung interessiert. Dabei stehen Fortbildungsveranstaltungen der Kammer zum Thema Selbstmedikation und Beratung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, regional gestreute Fortbildungen sowie von der Kammer gestellte Referenten für innerbetriebliche Schulungen auf der Wunschliste.
„Die positive Resonanz und die Vielzahl an Vorschlägen zeigen, dass die überwiegende Mehrheit unserer Kammermitglieder unsere Aktivitäten zur Beratungsqualität nicht nur akzeptiert, sondern als einen qualitätssichernden Prozess versteht, in dem sie sich selbst konstruktiv einbringen will“, bilanziert Präsident Friese. Nach vorheriger externer Beratung hatte sich die Apothekerkammer Westfalen-Lippe in einer listenübergreifenden Arbeitsgruppe dazu entschlossen, den vorgenannten edukativen Ansatz zu verfolgen. Die Ergebnisse sollen in dieser Woche auch an die Medien kommuniziert werden. „Unsere Zielsetzung beinhaltet im Wesentlichen drei Elemente: Es geht erstens darum, möglichst objektive Daten zu erheben, die nicht zuletzt auch als Schutzschild des Berufsstandes gegenüber einseitigen Medientests dienen. Unsere Aktivitäten dienen zweitens der Qualitätssicherung in einem Kernbereich apothekerlicher Tätigkeit. Drittens sollen sie die Kollegenschaft sensibilisieren. Das hohe Maß an Akzeptanz zeigt, dass wir hier einen guten Weg eingeschlagen haben“, so Hans-Günter Friese. Für Spätsommer und Herbst hat die Kammer zwei weitere Tests zu Selbstmedikationsthemen geplant.
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