Versandhandel zu Lasten des Steuerzahlers |
29.07.2002 00:00 Uhr |
PZ Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes, Hermann Stefan Keller, bezweifelt, dass DocMorris für den größten Teil seiner Geschäfte den deutschen Mehrwertsteuersatz abführt. „Folgt man den Aussagen des Finanzamtes Kleve und des Bundesfinanzministeriums, steht für mich außer Frage, dass der niederländische Internet-Versandhändler bei Abholung nicht in Deutschland versteuert. Die immer wieder behaupteten Einsparungen in Höhe von 10 Prozent gehen also voll zu Lasten des deutschen Fiskus und werden letztlich von den deutschen Steuerzahlern finanziert.“
Keller bezieht sich auf einen Beitrag der Pharmazeutischen Zeitung. Dort erklärte sowohl das Finanzamt Kleve als auch das Bundesfinanzministerium, dass in Deutschland keine Steuern anfielen, wenn ein Deutscher einen Boten beauftragt, der die Arzneimittel beim niederländischen Versender abholt.
Dies ist das Geschäftsprinzip, mit dem DocMorris das deutsche Versandhandelsverbot umgehen will. Nach dem Selbstverständnis von DocMorris müsste deshalb bei Abholung die Mehrwertsteuer in den Niederlanden anfallen. Bei Arzneimitteln sind dies 6 Prozent, also 10 Prozentpunkte weniger als in Deutschland. Keller: „Wenn dies zutrifft, werden die vermeintlichen Einsparungen der Kassen durch den Arzneimittelversandhandel ausschließlich von Herrn Eichel finanziert. Und nicht nur das: Der deutsche Finanzminister muss zusätzlich hinnehmen, dass die tatsächlich geleisteten Steuerzahlungen aus Mitteln der deutschen Sozialversicherungssysteme in Höhe von 6 Prozent in die Taschen seines niederländischen Kollegen wandern.“
Kein Widerspruch
Das Bundesgesundheitsministerium ging bislang davon aus, dass DocMorris für seine Versendungen nach deutschem Recht Mehrwertsteuer bezahlt. Unklar blieb, wo DocMorris Mehrwertsteuer bezahlt, wenn ein Bote die Sendung abholt. Da weder das Gesundheits- oder Finanzministerium noch DocMorris dem Bericht in der PZ widersprochen haben, scheinen auch die Ministerien die Sicht zu teilen.
Unabhängig davon ist das Geschäftsmodell von DocMorris eine illegale
Umgehung des Versandhandelsverbotes. Dies bestätigt auch das Sozialgericht Hannover. Dieses hat in einer am vergangenen Freitag
bekannt gewordenen Entscheidung einer Betriebskrankenkasse (BKK) verboten,
Pflichtversicherten die Kosten für Arzneimittel zu erstatten, die bei
einer Internet-Apotheke erworben wurden. Die Werbung für den Bezug von
Arzneimitteln über die Internet-Apotheke wurde den Kassen ebenfalls
untersagt. Die BKK hatte versucht, mit einem Eilverfahren das vom
Bundesversicherungsamt verhängte Verbot gegen die Geschäftspraktiken der
Kasse zu kippen.
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