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Konsens über prozentuale Zuzahlung

06.06.2005  00:00 Uhr

Konsens über prozentuale Zuzahlung

von Patrick Hollstein, Berlin

Auf dem ersten Pro-Generika-Tag schlossen sich Politiker der großen Parteien und Branchenvertreter dem Vorschlag des Sachverständigenrates zur Wiedereinführung prozentualer Patientenzuzahlungen an. Die Patienten sollen künftig stärkere Anreize für die Wahl preiswerter Arzneimittel erhalten.

Keiner der Diskussionsteilnehmer teilte die kürzlich veröffentlichte Einschätzung der AOK, die Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) würden in diesem Jahr gegenüber 2004 um bis zu 20 Prozent steigen. ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf wies darauf hin, dass auch 2005 Einsparungen in Höhe von 300 Millionen Euro gegenüber dem eigentlichen Referenzjahr 2002 realisiert würden. Doch auch im Vergleich mit 2004 seien »derartige Horrorrechnungen keineswegs zu begründen«. Die scheidende stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gudrun Schaich-Walch bezeichnete die tatsächliche Ausgabensteigerung als vertretbar. Unionsfraktionsvize Wolfgang Zöller erklärte die Einsparziele ebenfalls für erreicht und warf den Kritikern unseriöse Berechnungen anhand nicht zu vergleichender Zeiträume vor. Dass die Kassen bislang ihre Beiträge nicht gesenkt hätten, sei allein deren Falschangaben bei der Höhe ihrer Verschuldungen zuzuschreiben. Selbst Wolfgang Schmeinck, Vorsitzender des BKK-Bundesverbandes, warf seinen Kollegen vor, mit Hilfe der von ihnen in die Welt gesetzten Panikzahlen über die eigene Unfähigkeit zur Beitragssatzsenkung hinwegtäuschen zu wollen.

Dass dennoch bei den Arzneimittelausgaben Handlungsbedarf besteht, zeigte die anschließende Diskussion, die besonders die großen Generikahersteller als Gastgeber mit Genugtuung verfolgt haben dürften (siehe Kasten). Denn als Schlüssel zu mehr Einsparungen im Arzneimittelbereich machte die Runde die Aut-idem-Regelung aus. Dass der Austausch durch billigere Präparate bislang nicht intensiv genug genutzt werde, weil sie für die Patienten nicht interessant sei, lag für Daniel Bahr (FDP) auf der Hand.

 

An uns kommt keiner vorbei Der Termin kam einer Punktlandung gleich: Rechtzeitig zum bevorstehenden Bundestagswahlkampf legte der Verband Pro Generika auf seiner Mitgliederversammlung eine Studie zur Bedeutung der Generikaindustrie für die Gesundheitsversorgung in Deutschland vor. 2004 sparte die GKV demnach 2,8 Milliarden Euro durch den Einsatz von Generika; sieben von zehn generikafähigen Verordnungen hätten die Apotheken mit einem Nachahmerpräparat beliefert. Weitere 1,1 Milliarden Euro hätten dazukommen können, wären alle patentfreien Originale durch ein Generikum ersetzt worden.
In einem Eckpunktepapier zur Bundestagswahl fordert Pro Generika daher die Einführung prozentualer Zuzahlungen als Anreiz für Patienten, verbunden mit einer Honorierung für wirtschaftlich arbeitende Ärzte und Apotheker. So hofft der Verband, am Geschäft mit den bis 2008 patentfrei werdenden Originalpräparaten mit einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro zu Herstellerpreisen stärker teilzuhaben.
»An uns kommt keiner vorbei«, gab sich Pro-Generika-Geschäftsführer Hermann Hofmann selbstbewusst. Ob er damit ausschließlich die in seinem Verband zusammengeschlossenen Marktführer meinte, ließ sich angesichts des anhaltenden interessenspolitischen Spagats von Pro Generika nicht ergründen: Einerseits läuft laut Hofmann am Generikamarkt nichts ohne die Zugpferde der Branche. Andererseits hatte ausgerechnet die durch seinen Exklusiv-Verband initiierte Studie nur dem Wettbewerb unter vielen Anbietern das Potenzial für Einsparungen attestiert.

 

Mit Zöller und Bahr schlossen sich gleich die beiden Vertreter der potenziellen Regierungskoalition der Empfehlung des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen an. Der hatte in der vergangenen Woche die Wiedereinführung prozentualer Zuzahlungsregelungen vorgeschlagen. Schaich-Walch sprach sich gegen eine erneute Veränderung der Zuzahlungsbestimmungen aus, hielt jedoch prozentuale Beteiligungen mit sozial verträglichen Obergrenzen für möglich. Thomas Isenberg vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderte erneut Eingriffe bei den Naturalrabatten, »einem unsäglichen Instrument der Hersteller zur Apothekenbindung«.

Dr. Leonhard Hansen, Vorsitzender der KV Nordrhein, forderte eine praktikable Aut-idem-Regelung, die seiner Meinung nach darin besteht, das Regressrisiko auf die Apotheken zu übertragen: Ärzte würden danach nur noch Wirkstoffverordnungen ausstellen; die Apotheker müssten selbst entscheiden, welches Medikament sie abgeben, und mit den Herstellern entsprechende Konditionen aushandeln. Erstattet würden dann jeweils nur noch die drei preisgünstigsten Präparate. Wolf lehnte den Vorschlag als unpraktikabel ab, da Preisänderungen alle 14 Tage zu unüberschaubaren Preisänderungen führen würden. Er bevorzuge die Förderung von Verträgen zwischen Industrie und Kassen durch die Apothekerschaft.

Dass bei den Aufwendungen für Medikamente überhaupt wieder Steigerungen diskutiert werden müssen, schreiben die Experten vor allem den temporären Regelungen des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) wie dem ausgelaufenen Preismoratorium für die pharmazeutische Industrie, den Zunahmen bei der Zahl der ausgestellten Zuzahlungsbefreiungen sowie dem Wegfall des Herstellerrabatts bei gleichzeitig unausgereiften Festbeträgen zu. Top

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