Politik
"Ein zahnloser
Tiger". So kommentieren Experten den "Kodex
Medizinprodukte" der Krankenkassen-Spitzenverbände
und des Bundesfachverbandes Medizinprodukteindustrie
(BVMed), der jetzt in Bonn vorgestellt wurde. Denn anders
als ursprünglich geplant, gehören bisher weder die
Kassenärztliche Bundesvereinigung noch die
Bundesärztekammer oder die Deutsche
Krankenhausgesellschaft zu den Unterzeichnern der
freiwilligen Verhaltensregelung. Deshalb bescheinigen
Fachleute dem Kodex nur wenig praktische Relevanz.
Auch die Krankenkassen selbst schränken die
Bedeutung des Kodex ein. In erster Linie solle mit seiner
Hilfe das Unrechtsbewußtsein bei allen Beteiligten im
Gesundheitswesen geschärft werden, meint Werner
Gerdelmann vom Vorstand des Verbandes der
Angestellten-Krankenkassen. Verstöße gegen den Kodex
könnten die Krankenkassen - wie schon bisher - nicht
unmittelbar ahnden. Hier seien sie letztlich auf die
Mithilfe von Ärzteschaft, Krankenhäusern und den
Herstellern von Arzneimitteln und Medizinprodukten
angewiesen.
Daß bislang nur der BVMed zu den Unterzeichnern des
Kodex zählt, erklärt Gerdelmann so: "Die
Abstimmungsprozesse haben sich sehr viel schwieriger
gestaltet, als wir gedacht haben." Doch die
Krankenkassen bemühten sich nach wie vor, auch die
anderen wichtigen Verbände und Organisationen "mit
ins Boot zu holen". Die Chancen stehen nicht
schlecht, daß dies gelingen könnte, auch wenn sich die
Bundesärztekammer zunächst einmal
"verschnupft" darüber zeigte, an den
Gesprächen über den Kodex nicht rechtzeitig genug
beteiligt worden zu sein. Denn inhaltlich gibt es
offenkundig keine unüberbrückbaren Differenzen zwischen
Leistungserbringern und Kostenträgern über den Kodex,
zumal in ihm eigentlich nur bereits bestehende
Rechtsvorschriften zusammengefaßt sind.
So sollen auch künftig Rabatte von
Medizinprodukte-Herstellern und anderen
Leistungserbringern zugunsten einzelner Kliniken möglich
sein. Nur müssen diese Preisnachlässe künftig
ausdrücklich schriftlich festgehalten werden. Zudem ist
es nicht mehr statthaft, Ärzten diese Rabatte
persönlich zugute kommen zu lassen - der
Herzklappenskandal läßt grüßen.
PZ-Artikel von Hans-Bernhard Henkel, Bonn
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