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Manchmal trifft´s die Falschen

26.04.2004  00:00 Uhr
OTC-Ausgrenzung

Manchmal trifft´s die Falschen

von Brigitte M. Gensthaler, München

Der Ausschluss nicht rezeptpflichtiger Arzneimittel aus der GKV-Erstattung hat zu massiven Einbrüchen geführt. Nicht immer sind die Restriktionen erwünscht. Der Gesundheitsforscher Professor Dr. Gerd Glaeske will den Schwarzen Peter den Ärzten und Fachgesellschaften zuschieben.

„OTC-Präparate werden nicht mehr lange verordnungsfähig sein“, prognostizierte Glaeske, Direktor des Zentrums für Sozialpolitik und Arzneimittelversorgungsforschung in Bremen, vor genau einem Jahr gegenüber der PZ. In eine „kleine Ausnahmeliste“ könnten auch „unverzichtbare“ und „evidenzgestützt“ einsetzbare Phytopharmaka aufgenommen werden. Dies ist offenbar nicht so richtig gelungen, wie er jetzt bei einer Pressekonferenz der Lichtwer Pharma AG einräumte.

Das Einsparvolumen für die GKV durch den Erstattungsausschluss bezifferte Glaeske mit einer Milliarde Euro. Da die Verbraucher jährlich etwa 4,3 Milliarden Euro für die Selbstmedikation ausgeben, sei die Belastung um eine weitere Milliarde „akzeptabel“. Die Einstufung eines Produktes als nicht verschreibungspflichtig sage zwar nichts über dessen Wirksamkeit aus, räumte er im Gegensatz zu früheren Behauptungen ein, aber man habe hier leicht die Grenze ziehen können. Zudem wolle man Präparate gegen Befindlichkeitsstörungen aus dem GKV-Katalog nehmen.

Anscheinend trifft es nicht immer die Richtigen. Während er den drastischen Einbruch bei Durchblutungsförderern, Venen- und Abführmitteln begrüßte, seien die Rückgänge beispielsweise bei Pankreatin-Präparaten „unerwünscht“, da deren Gabe für Patienten mit Pankreasinsuffizienz oder Mukoviszidose „therapeutisch sinnvoll und erforderlich“ sei. Kritisch sei auch die Substitution von Paracetamol durch Metamizol. Mit Unverständnis quittierte Glaeske in München den Verordnungseinbruch bei Johanniskraut-Produkten: „schwer nachvollziehbar“. Dass vermehrt selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) verordnet wurden, weise auf eine Substitution hin. Doch die Ausnahmeliste erlaubt den Einsatz des Phytopräparates bei mittelschweren Depressionen, verwahrte er sich gegen Vorwürfe, dass die Politik den Missstand selbst heraufbeschworen habe. Vielmehr sieht er „Unklarheiten und Hindernisse“ bei den verordnenden Ärzten.

Nun sei es die Aufgabe der psychiatrischen Fachgesellschaften, den Stellenwert der pflanzlichen Antidepressiva klar zu machen und Empfehlungen zu Qualität und Dosierung herauszugeben. Dass Patienten aus Kostengründen zu Produkten aus dem Supermarkt greifen, hält er für „fatal“. Die Fachgesellschaften müssten zudem darlegen, ob eine Behandlung leichter Depressionen nötig sei. Da platzte dem Moderator, Professor Dr. Hans-Jürgen Möller, Psychiater an der Uniklinik München, der Kragen. Es sei „grundfalsch“, leichte Depressionen als Befindlichkeitsstörung einzustufen. Bei klarer Diagnose sei eine Therapie erforderlich. Dafür könne der Arzt derzeit SSRI zu Lasten der GKV verordnen, nicht aber die gut verträglichen Johanniskraut-Präparate. Urteil des Psychiaters: „einfach paradox“.

Zu anderer Zeit an anderem Ort hörte sich dies noch ganz anders an. Im vergangenen Herbst hatte Glaeske während der Eröffnungsveranstaltung von „Gesundheit geht vor“ zur Ausgrenzung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel konstatiert: „Meine Hoffnung ist allerdings, dass die Öffentlichkeit die Ausgliederung aus der GKV als das wahrnehmen wird, was es ist: Als Hinweis darauf, dass es mit diesen Mitteln nicht weit her ist und sie auch grundsätzlich verzichtbar sind." So ändern sich die Positionen. Top

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