Preispolitik setzt Hersteller von Generika unter Druck |
03.04.2000 00:00 Uhr |
Politik und Wettbewerb setzen Generikahersteller unter starken Preisdruck. Uneins sind sich die Experten, ob das heutige Niveau noch weiter gesenkt werden kann. "Die Preise auf dem deutschen Generikamarkt sind noch immer hoch". Sie könnten deutlich herabgesetzt werden, wenn das Apotheken-Monopol aufgehoben würde. Diese Ansicht vertrat Dr. Biense Visser, Vizepräsident des niederländischen Generikaherstellers Teva Pharmaceuticals, auf der Handelsblatt-Jahrestagung für die Pharmazeutische Industrie jetzt in Berlin.
Visser widersprach damit Georg Böhler, Merck dura GmbH, Darmstadt. Böhler hatte zuvor behauptet, dass der generische Markt kein großes Sparpotenzial mehr biete. Politische Vorgaben - wie die Pflicht, Arzneimittel aus dem unteren Preisdrittel abzugeben - verringerten die Preisdifferenz zwischen Originalpräparat und Generikum. So sei 1997 nach dem Patentablauf von Nitrendipin das günstigste Generikum um 80 Prozent billiger gewesen als das Originalpräparat. In den Jahren 1998 und 1999 hingegen habe der Abstand neuer Generika zum Original nur noch zwischen 40 und 50 Prozent gelegen. Oligopolbildung sei die Folge des Preisdruckes, wirklicher Wettbewerb finde dann nicht mehr statt.
Visser glaubt, dass die Preise bei starkem Wettbewerb weiter fallen könnten. Grundlage für die aggressive Preisgestaltung von Teva sei der Expansionskurs des Unternehmens. Je größer das Produktionsvolumen, desto niedriger seien die Preise. Teva kaufe weltweit Generikafirmen auf, schließe häufig deren Werke und stelle dann nur noch an den rentabelsten Produktionsstätten Arzneimittel her. Das gehe soweit, dass Originalhersteller bei Teva ihre Wirkstoffe einkauften. Zudem werde der Vertrieb rationalisiert. 65 Prozent des Umsatzes in den USA würden durch den Verkauf an sechs Apothekenketten erreicht. Wer wie Teva die Preise weiter senken wolle, müsse auf dem Weltmarkt agieren und zudem Wirkstoffe selbst herstellen, sagte Visser.
Teva drängt auch auf den europäischen Markt. 30 Prozent des Jahresumsatzes von insgesamt 1,2 Milliarden Dollar erwirtschaftete der Hersteller 1999 in der Europäischen Union. "Wir sind daran interessiert, dass die EU-Anteile weiter wachsen", sagte Visser. Dr. Hans Sendler, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie, glaubt dagegen, dass Teva in Europa an Grenzen stoßen werde.
Unklar sei, wie sich die Aufhebung des Substitutionsverbotes auf den Generikamarkt auswirken würde, sagte Visser. Der deutsche Teva-Geschäftsführer Stefan Griep wies darauf hin, dass in Ländern ohne Substitutionsverbot Apotheker mehr an Generika als an Originalprodukten verdienten.
Sendler dagegen warnte: "Wenn Aut-idem eingeführt wird, wird es keinen Gewinner geben, außer den Krankenkassen". Mit dem Substitutionsverbot würde die Arzneimittelpreisverordnung fallen. Rabatte würden die Verordnung unterwandern, der Großhandel würde überflüssig, da er nicht mehr für die Apotheker eine breite Palette an Arzneimitteln vorhalten müsste. Die Ärzte hätten keine Kontrolle mehr über ihr Budget. Ohne Preisbindung werden Produkte billiger angeboten, damit sie mehr gekauft werden. Ob aber nun ausgerechnet der Mehrverkauf von Arzneimitteln gesundheitspolitisch gewünscht sei, bezweifelte Dr. Axel Müller, STADA, am Rande der Veranstaltung.
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