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Geldströme im System Stange

28.02.2000  00:00 Uhr

- Politik Govi-Verlag

STANGE-PROZESS

Geldströme im System Stange

von Klaus Hölzel, Bielefeld

Millionenbeträge für Rabatte, sechsstellige Marketinghonorare - es ging um viel Geld am zweiten und dritten Verhandlungstag im Stange-Prozess. Das Gericht nahm die Beziehungen des Angeklagten zu den Betreibern der "Verbund-Apotheken" unter die Lupe.

War das, was den Apothekern im „Stange-Verbund" nach Abzug der Kosten vom Rohgewinn übrig blieb, ein Gehalt, ein Garantiegewinn oder bloß eine unverbindliche Einkommensschätzung? Richter Schild stellte diese Frage, um das Maß an Selbstständigkeit der Stange-Kollegen herauszufinden. Der Angeklagte hatte den Apothekern in den meisten Fällen mitgeteilt, sie würden mindestens soviel erhalten, wie ein vergleichbarer Angestellter als Bruttogehalt bekäme, also 80 000 bis 90 000 DM, gleichmäßig verteilt auf 12 Monate und anscheinend „unabhängig von der tatsächlichen Gewinnentwicklung", wie die Staatsanwaltschaft feststellte. Auch wenn Günther Stange eine gehaltsähnliche Form der Gewinnentnahme durch seine Kollegen weit von sich wies, war für Richter Schild „die Handhabung" der Zahlung vergleichbar mit einer festen Vergütung.

Das „System Stange" war in nahezu allen Fällen identisch. Seine Firma Medi-Center mietete vom Inhaber der Räume die Apothekenfläche an und schloss mit dem jeweiligen Apotheker dann einen Untermietvertrag, häufig mit einer Laufzeit von drei Jahren. Der Mietzins lag über dem Betrag, den Medi-Center an den Hauptmieter zahlte, weil „Vorleistungen zu erbringen waren und die Firma Medi-Center ja auch Gewinn abwerfen sollte". Gleichzeitig wurden über die Firma Duo-Med von den Apothekern die Einrichtungen gekauft.

Verkaufstraining für 170 000 DM

Die ersten „Verbund-Apotheken" blieben zunächst wirtschaftlich weit hinter den Erwartungen zurück. So erzielte zum Beispiel eine Apotheke in Bad Oeynhausen in einem Jahr nur einen Umsatz von 600 000 DM. Für einen solchen Fall räumte Stange eine Mietminderung ein, damit der jeweilige Apotheker um sein Jahreseinkommen nicht bangen musste. Einen entsprechenden Vertrag habe „sein Patenonkel" entworfen. Auch sei der Wunsch an ihn herangetragen worden, die Mietdauer von drei Jahren noch weiter zu verkürzen, was aber Probleme bei der Betriebserlaubnis gemacht habe.

Lief es wirtschaftlich besser als erwartet, wie in einer Leipziger Apotheke, dann stieg die Miete auch schon einmal von 5940 DM über 9360 DM auf 14 000 DM – und das sogar rückwirkend. „Das wollte die Inhaberin dann auch nicht mehr zahlen." Ebensowenig wie die von Duo-Med erstellten jährlichen Rechnungsbeträge in teilweise sechsstelliger Höhe für „Marketingleistungen". Welche Leistungen solche Beträge rechtfertigten, konnte Günther Stange am zweiten Verhandlungstag nicht hinreichend deutlich machen. Das galt auch für ein „Verkaufstraining" im Wert von 170 000 DM. Der Betrag sei, so Stange, nötig gewesen, um die Vorlaufkosten seiner Firma Duo-Med abzufangen. Noch heute befindet sich der Mindener Apotheker im Rechtsstreit mit einigen seiner „Ex-Verbund-Kollegen" wegen Mietrückständen und Marketingforderungen. Die Marketing-Rechnungen hatten nach Angaben der Staatsanwaltschaft jedenfalls einen wohlklingenden, aber dafür nicht an konkreten Leistungsmerkmalen definierten Wortlaut: „Wir freuen uns, dass es Ihrer Apotheke gut geht und berechnen Ihnen DM...".

Volltreffer in Oschatz – Ärger in Leipzig

„In Oschatz betrieben zwei ältere Herren nach der Wende die beiden einzigen Apotheken", so Stange. Der Standort war also günstig. Zusammen mit einer „exzellenten Pharmazeutin" gelang es, in einer Center-Apotheke einen Umsatz von 4,3 Millionen DM zu erzielen. Ausnahmsweise wurde der Mietvertrag auf zehn Jahre verlängert, wodurch die Miete auf 16 666 DM kletterte. Bald bekamen Makler Wind von der guten Lage, und Stanges Firma Medi-Center musste zur Konkurrenzabwehr Räume anmieten, was die Miete rückwirkend auf stolze 20 000 DM in die Höhe schnellen ließ. Auch sonst war diese Apotheke eine Goldgrube. 650 000 DM zahlte die Inhaberin – mit Günther Stange zu dieser Zeit zusammenlebend – für die Mietvertragsverlängerung, 70 000 DM für Marketingleistungen und 165 000 DM für Marketing-Beratung.

Was in Oschatz gut lief, ging in Leipzig gründlich schief. Zurückdatierte Mieterhöhungen und stolze Marketing-Rechnungen zahlte die Inhaberin der Apotheke nicht. Es kam zum Rechtsstreit und vor dem OLG Dresden am Ende zu einem Vergleich, der Stange 700 000 DM einbrachte, Pech für ihn, dass sich in den beschlagnahmten Unterlagen seine Aufzeichnungen zu diesem Fall fanden („Konsequenzen bei Unvernunft"), die ihn erheblich belasten könnten. Stichworte, wie „nie wieder Betriebserlaubnis, wirtschaftliches Outing total oder Selbstständigkeit" konnte er nicht schlüssig erklären.

Beim Thema Großhandelsrabatt gelang ihm das besser. Wie ein „Handelsvertreter" habe er Provisionen für seine Verhandlungen mit den Großhändlern bekommen. Vom Gesamtrabatt gingen in mehreren Fällen 60 Prozent an den Apotheker, 40 Prozent an ihn. Dies war den Apothekern oft nicht bekannt. Für den Großhandel sei er auf Grund seiner Einkaufsmacht ein interessanter Gesprächspartner gewesen. Doch auch dort wurde man im Laufe der Ermittlungen gegen Stange vorsichtiger und deklarierte die millionenschweren Gutschriften nicht mehr als Rabatt, sondern vielmehr als „Beratertätigkeit zur Umsatzsicherung". Top

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