Politik

Mit der Initiative der Europäischen Kommission zur Förderung eines
Arzneimittelbinnenmarktes in Europa ist nicht beabsichtigt, EU-einheitliche
Sozialversicherungssysteme zu schaffen, erklärte Dr. Martin Bangemann,
das für die Industrie zuständige Mitglied der EU-Kommission, auf einem
Kolloquium des Europa-Instituts in Freiburg, das der Verband Forschender
Arzneimittelhersteller (VFA) unterstützt hat.
In einem europäischen Arzneimittelbinnenmarkt sollten vielmehr die
Sozialversicherungssysteme mit ihren Kostendämpfungsmaßnahmen und ihrem
Arzneimittelmarkt besser getrennt werden. Selbstmedikation könne sowohl zur
Kostenentlastung der Sozialversicherung als auch zur Stärkung der
Eigenverantwortlichkeit der Bürger in der Gesundheitsvorsorge beitragen. Die
Schaffung des Binnenmarktes könne nach Bangemanns Auffassung den
Arzneimittelmarkt transparenter machen, indem das Kosten-Nutzen-Verhältnis der
nationalen Erstattungssysteme eingebracht werde.
Als eine der wichtigsten Maßnahmen auf dem Weg zum europäischen
Arzneimittelmarkt bezeichnete Bangemann die Richtlinie 92/26/EWG (Einstufung bei
der Abgabe), mit der ein Einstufungssystem nach den Kriterien
verschreibungspflichtig und nicht verschreibungspflichtig vorgeschlagen wurde, das
von den Mitgliedstaaten weitgehend angewendet werde. Mit der Abgrenzung
OTC-fähiger von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sei ein
marktwirtschaftliches Element in den starren" Arzneimittelmarkt hineingetragen
worden. Als wünschenswert bezeichnete Bangemann mehr Transparenz bei der
Einstufung in den einzelnen Mitgliedstaaten sowie idealerweise die gegenseitige
Anerkennung des Einstufungsstatus.
Bangemann sprach sich dafür aus, die Werbung für OTC-Arzneimittel in allen
Medien zu fördern, wobei die Mitgliedstaaten bestimmte Kontrollfunktionen
behalten sollen. Eine Evaluierung der Auswirkungen der EU-Werberichtlinie
(92/98/EWG) sei in der Planung.
Die Schaffung eines effizienteren Binnenmarktes hat für den Europäischen Rat, der
derzeit unter britischem Vorsitz steht, besondere Priorität, wobei der
Arzneimittelbinnenmarkt nur einen Teilaspekt darstellt. Der vom Europäischen Rat
beschlossene Binnenmarkt-Aktionsplan, mit dem vor allem die europäische
Gesetzgebung wirkungsvoller gestaltet werden soll, war Mitte Februar Thema einer
informellen Tagung der für den Binnenmarkt zuständigen Minister der EU in
Cambridge. Wie Pressemeldungen zu entnehmen war, ist dort der von der
Kommission vorgelegte Gesetzentwurf zur Schaffung eines schnellen
Eingreifmechanismus für den Fall einer Behinderung des freien Warenverkehrs auf
erste Bedenken hinsichtlich der für die Kommission vorgesehenen
Entscheidungsbefugnisse getroffen.
PZ-Artikel von Susanne Hof, Brüssel



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