Integration und Positivliste |
16.09.2002 00:00 Uhr |
PDS
Die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) zeichnet sich grundsätzlich nicht durch ihre Nähe zur Apothekerschaft aus. Beim Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbandes in Berlin zeigte sich jedoch in einigen wichtigen Fragen der Gesundheitspolitik eine überraschend große Übereinstimmung zwischen Apothekerschaft und PDS.
Die PDS-Gesundheitspolitikerin Ruth Fuchs überraschte die Teilnehmer des Wirtschaftsforums mit einem klaren Bekenntnis zur Offizin-Apotheke und einer ebenso deutlichen Ablehnung des Versandhandels mit Arzneimitteln. Außerdem schloss sie sich der Forderung nach einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel an und erteilte dem Preiswettbewerb im Gesundheitswesen eine deutliche Absage.
Bahnt sich da eine heimliche Liebe zwischen PDS und Apothekerschaft an? Ein Blick in das Wahlprogramm der Partei lässt erhebliche Zweifel aufkommen. Ist dort doch die Rede davon, die Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung aufzuheben. Auf einer Veranstaltung des Hessischen Rundfunks in Darmstadt forderte der PDS-Bundestagskandidat Heinz Schäfer konkret, Krankenhausapotheken an der Versorgung ambulanter Patienten zu beteiligen, „weil man so eine Menge Geld sparen kann“. Eine Menge Geld sparen will die PDS auch bei der Pharmaindustrie. In ihrem Wahlprogramm macht sie sich dafür stark „die Preistreiberei der pharmazeutisch-medizintechnischen Industrie zu begrenzen“ und per Gesetz „den Einfluss der Pharmaindustrie auf das medizinische Geschehen zurückzudrängen. Dazu gehört auch das Bekenntnis zur Positivliste für Arzneimittel.
Allgemein setzt die PDS wie SPD und Grüne auf ein solidarisches Gesundheitssystem mit einheitlichem Leistungskatalog und paritätischer Finanzierung. Eine Aufteilung in Grund- und Wahlleistungen lehnen die demokratischen Sozialisten ab. Leistungskürzungen oder mehr Eigenbeteiligung führten zu Zwei-Klassen-Medizin. Den „Wettbewerb der Kassen um die gesündesten Mitglieder“ hält die Partei für falsch.
Den Wettbewerb unter den Kassen lehnt die Partei zwar ab, nicht aber den Wettbewerb der Leistungserbringer. Dieser soll die medizinische Qualität fördern. Die Akteure im Gesundheitswesen sollen die Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit ihrer angebotenen Produkte und Dienstleistungen nachweisen, heißt es im Programm.
Die PDS will nicht die Leistungen begrenzen, sondern die Einnahmen erhöhen. So soll die Beitragsbemessungsgrenze angehoben oder ganz abgeschafft werden. Andere Einkünfte wie Zinsen oder Spekulationsgewinne sollen für die Beitragsbemessung herangezogen werden. Interessant ist die vorgeschlagene Berechnung des Arbeitgeberanteils; er soll sich an der Bruttowertschöpfung des Unternehmens orientieren. Details, wie damit stabile Einnahmen erzielt werden sollen, offenbart das Programm leider nicht.
Wie SPD und Grüne will die PDS die integrierte Versorgung fördern. Ärztenetze, Gesundheitszentren und Polikliniken sowie eine engere Kooperation zwischen Arztpraxen, Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen sollen die Versorgung der Patienten verbessern. Gleichzeitig soll der Hausarzt gestärkt werden und die Vergütung überdacht werden. Dies sei notwendig um „mehr Zuwendung zu ermöglichen und nicht zu medizinisch unbegründeten Leistungen anzureizen“.
Im Gegensatz zu den anderen Bundestagsparteien beschäftigt sich das PDS-Wahlprogramm auch mit den Angestellten im Gesundheitswesen. So will die Partei „die skandalöse Ausbeutung vor allem der jungen Ärztinnen und Ärzte, aber auch der Pflegekräfte“ im Krankenhaus beenden. Angemessene Arbeits- und Tarifbedingungen sowie die erforderlichen Aus- und Fortbildungen in den Kliniken müssten gewährleistet sein.
Der Ärztemangel im Osten der Republik wird auch im Wahlprogramm aufgegriffen: „Die Ärztinnen und Ärzte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ostdeutschland brauchen ausreichende Honorare, um eine drohende Gefährdung der Versorgung abzuwenden.“
Bei der Forderung nach einem Ausbau von Prävention und Gesundheitsförderung machen die demokratischen Sozialisten keine Ausnahme. Wie SPD und Grüne, FDP und CDU sehen sie hier unausgeschöpfte Potenziale, die zu einer nachhaltigen Verbesserung der Gesundheitsversorgung beitragen könnten.
Fazit: Das Wahlprogramm der PDS enthält durchaus einige Punkte, mit denen sich die Mehrheit der Apotheker identifizieren kann. Dazu gehört die klare Absage an den Versandhandel und der Widerstand gegen ein rein wettbewerblich orientiertes Gesundheitswesen. Es gibt aber auch erhebliche Fallstricke. So hätte die Beteiligung von Krankenhausapotheken an der ambulanten Versorgung wahrscheinlich fatale Folgen für die Offizin-Apotheken. Zudem offenbart das Programm eine klare pharmakritische Position, die sich wohl nicht nur auf die Industrie, sondern auch auf die Apotheken auswirken würde.
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