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Länder bremsen Sparpaket

17.12.2001  00:00 Uhr

Länder bremsen Sparpaket

von Christian Lahm, Berlin

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Wilhelm Schmidt wollte das vom Bundestag verabschiedete Arzneimittel-Sparpaket für die Regierung noch am 20. Dezember im Bundesrat durchbringen, damit es zum 1. Januar 2002 hätte in Kraft treten können. Doch die Länder hatten in ihrer Sitzung vom 13. Dezember kein Einsehen: Alle 16 Bevollmächtigten gaben Schmidt einen Korb. Obwohl der Bundestag am darauffolgenden Tag dem Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz (AABG) zustimmte, kann es frühestens ab Februar 2002 gelten. Erst dann wird auch die immer weiter eingeschränkte Aut-idem-Regelung in Kraft treten.

Die Bundesregierung wollte bei der angepeilten jährlichen Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung von 2,5 Milliarden DM möglichst keine Abstriche machen und hatte deshalb auf eine Bundesratsentscheidung noch im Dezember gehofft. Denn mit jedem Monat, den das AABG später in Kraft tritt, drohen aus Regierungssicht mehr als 200 Millionen DM vom jährlich Einsparvolumen verloren zu gehen.

Doch nun deutet das ablehnende Ländervotum auf eine Verzögerung wegen breiten Beratungsbedarfs in allen Unions- wie SPD-geführten Landesregierungen hin. Wahrscheinlich wird damit ein Anrufen des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat wahrscheinlicher, zumal die Bundesregierung für ihr Gesetz keine klaren Mehrheiten in der Länderkammer hat. Gewissheit darüber gibt es frühestens am 16. Januar 2002. Dann tritt der Gesundheitsausschusses des Bundesrates erstmals im neuen Jahr zusammen und wird die möglichen Änderungsanträge sichten.

Gegenwärtig zeichnet sich ab, dass das Gesetz am 1. Februar 2002 auf der Tagesordnung der Länderkammer steht. Sollte es an diesem Termin reibungslos den Bundesrat passieren, könnte es bestenfalls rückwirkend zum 1. Februar in Kraft treten. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) geht davon aus, dass das Gesetz die dafür erforderlichen Bedingungen erfüllt. Eine entsprechende interne Prüfung sei abgeschlossen, hieß es vor Weihnachten in der BMG-Pressestelle.

Wird der Vermittlungsausschuss angerufen, kann das Gesetz frühestens bei der nächsten Bundesratssitzung am 1. März behandelt werden - und anschließend in Kraft treten, sofern die so genannten Rückwirkungsbedingungen erfüllt sind. Sollte dies nicht der Fall sein, würde sich der Termin weiter hinauszögern.

 

Das Arznei-Sparpaketdpa/PZ  Das Arzneisparpaket soll die Krankenkassen bei den Arzneiausgaben 2002 um 2,5 Milliarden Mark (1,278 Milliarden Euro) entlasten. Dabei ist auch die Senkung der Festbeträge eingerechnet, die in einem anderen Gesetz geregelt ist. Die Pläne im Einzelnen:

Aut idem: Die Ärzte sollen in der Regel den Apothekern überlassen, aus einer Wirkstoffgruppe eines der preiswertesten Präparate herauszusuchen. Preiswert ist ein Arzneimittel, wenn sein Preis unter Berücksichtigung identischer Wirkstärke und Packungsgröße sowie austauschbarer Darreichungsformen das untere Drittel des Abstandes zwischen dem Durchschnitt der drei niedrigsten Preise und dem Durchschnitt der drei höchsten Preise wirkstoffgleicher Arzneimittel nicht übersteigt. Außerdem muss für dieselbe Indikation zugelassen sein und die gleiche Wirkungsstärke und Packungsgröße haben, wie das verordnete. Wählt der Arzt von vorneherein ein Mittel aus dem unteren Preisdrittel der Arzneigruppe aus, darf der Apotheker kein anderes abgeben. Auch hat der Arzt die Möglichkeit, auf ein bestimmtes Mittel zu bestehen. Das Sparvolumen der Aut-idem-Regelung wird auf 450 Millionen Mark veranschlagt.

Pharmaindustrie: Die forschenden Pharmafirmen zahlen Krankenkassen Anfang 2002 einmalig 400 Millionen Mark. Dafür verzichtete Rot-Grün auf einen ursprünglich geplanten Preisabschlag vor allem auf patentgeschützte Mittel, der die Kassen 2002 und 2003 um insgesamt etwa 960 Millionen Mark entlasten sollte.

Apotheken: Der Rabatt, den die Apotheken den Kassen gewähren müssen, wird für die Jahre 2002 und 2003 von fünf auf sechs Prozent erhöht. Das Einsparvolumen wird auf 400 bis 500 Millionen Mark beziffert.

Scheininnovationen: Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen soll neue, teure Medikamente, die keinen spürbaren medizinischen Fortschritt bringen, rigider aus dem Kassenkatalog ausklammern.

Krankenhäuser: Im Entlassungsbericht eines Patienten sollen Krankenhausärzte künftig in der Regel das Arzneimittel unter seiner Wirkstoffbezeichnung angeben, falls dieses bei der ambulanten Versorgung weiter vonnöten ist.

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