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Vorschaltgesetz scheitert im Bundesrat

02.12.2002  00:00 Uhr

Vorschaltgesetz scheitert im Bundesrat

von Daniel Rücker, Eschborn

Der Bundesrat hat mit seiner Unionsmehrheit die umstrittenen Spargesetze der Bundesregierung vorläufig auf Eis gelegt. Die rot-grünen Gesetze für den Arbeitsmarkt, das Notprogramm für das Gesundheits- und Rentensystem sowie die geplante Ausweitung der Ökosteuer werden jetzt den Vermittlungsausschuss beschäftigen.

Mit weiteren Beschlüssen machten die Länder am Freitag in Berlin zugleich größeren Einfluss bei der Behandlung dieser Gesetze geltend. Streit gibt es um die Zustimmungspflichtigkeit der Gesetze. Anders als die rot-grüne Regierung sieht die Bundesratsmehrheit bei den meisten Koalitionsprojekten eine Zustimmung der Länder als zwingend erforderlich an. Die Entscheidung darüber liegt nun beim Bundespräsidenten, der Gesetze unterzeichnet und dies auch verweigern kann.

Beiträge steigen weiter

Trotz des Stopps für das rot-grüne Notpaket zeigte sich Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) überzeugt, dass das Gesetz zum 1. Januar 2003 in Kraft treten kann. Andernfalls würde der Rentenbeitrag von heute 19,1 auf 19,9 Prozent steigen. Das Notprogramm begrenzt den Anstieg auf 19,5 Prozent. Nach Angaben der Union belastet allein dieser Anstieg Arbeitnehmer und Arbeitgeber aber schon mit Mehrkosten von 3,5 Milliarden Euro.

Schon jetzt ist sicher, dass der Beitragssatz bei den Krankenkassen trotz der Notbremse nicht bei 14 Prozent gehalten werden kann. Nach Expertenprognosen wird er mindestens auf 14,2 Prozent steigen. In dieser Woche kündigten bereits zahlreiche Kassen an, beim Bundesversicherungsamt eine Beitragssatzerhöhung zu beantragen.

Die Länderkammer wies das Beitragssatzsicherungsgesetz zurück, weil es „in wesentlichen Punkten gesundheits- und sozialpolitisch verfehlt“ sei. Die im Gesetz geplanten tiefen Einschnitte gingen im Ergebnis zu Lasten der Beitragszahler und der Patientenversorgung. Der Bundesrat befürchtet, dass mit den kurzfristigen Maßnahmen nachhaltige Verschlechterungen in der Versorgung auftreten würden. Erforderlich sei kein kurzfristig durchdachter Aktionismus, sondern eine umfassende Strukturreform.

SPD-Länder sehen Klärungsbedarf

Kritik am Beitragssatzsicherungsgesetz kommt nicht nur von den unionsgeführten Ländern. Bereits am Vortag hatte die SPD-Regierung in Schleswig-Holstein angekündigt, dem Gesetz nicht zuzustimmen. „Wir haben bei einigen Regelungen noch Klärungsbedarf“, stellte die Landesgesundheitsministerin Heide Moser fest. So würden die Apotheken überproportional belastet. Moser: „Dazu zähle ich die Rabatte, die die Apotheken einschließlich der Großhändlerrabatte selber erbringen sollen, sowie die Kreditierung und Abrechnung der Hersteller-GKV-Rabatte gegenüber den Krankenkassen. Diese Regelungen und insbesondere deren administrative Folgewirkungen müssen noch einmal überprüft werden.“

Der Vermittlungsausschuss mit jeweils 16 Mitgliedern aus Bundestag und Bundesrat tritt am 5. Dezember erstmals zusammen. Die ABDA hofft, dass das Gremium die Vorschläge der Apotheker nach einer gerechteren Verteilung der Belastungen aufgreift. Im Gespräch ist das Rabattkaskadenmodell, nach dem alle Distributionsstufen entsprechend ihrer Wertschöpfung belastet werden. Top

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