Gericht stoppt DocMorris |
13.11.2000 00:00 Uhr |
In einer ganzen Reihe wichtiger Urteile war das des Frankfurter Landgerichts vom 9. November 2000 das herausragendste. Das Gericht untersagte den Betreibern der Internetadresse www.0800docmorris.com per Einstweiliger Verfügung, apothekenpflichtige Medikamente in Deutschland zum Verkauf anzubieten. Zudem wurde dem Unternehmen auferlegt, den gewerbsmäßigen Versandhandel mit Arzneimitteln über das Internet nach Deutschland zu unterlassen.
DocMorris darf sich nicht mit seinen Angeboten direkt an den deutschen Endverbraucher wenden, urteilte das Landgericht. Bei jeder Zuwiderhandlung gegen diese Einstweilige Verfügung droht dem Unternehmen mit Sitz in Kerkrade nun jeweils ein Ordnungsgeld in Höhe von 500.000 DM oder sechs Monate Ordnungshaft.
Geschlossen wird die Internetseite aber nach bei Redaktionsschluss am Dienstag abend noch nicht erfolgten - Zustellung des Urteils allerdings nicht. Dies hatte die Pressestelle des Frankfurter Landgerichts zunächst angekündigt. Da DocMorris allerdings europaweit Kunden anspricht, bleibt der Internetauftritt auch weiterhin für deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher zugänglich.
Allerdings und das war und ist die wohl wesentlichste Forderung müssen die Betreiber der Einstweiligen Verfügung Folge leisten. Da DocMorris nach eigenen Angaben rund 95 Prozent seiner Kundschaft in Deutschland hat, wird das Unternehmen in den nächsten Wochen und Monaten erhebliche Umsatzverluste erleiden. Inwieweit die Partner des Versandhändlers, der gerade seine Produktpalette erweiterte, darauf negativ reagieren, bleibt abzuwarten. In jedem Fall dürfte sich auch der nur mittelfristige Verlust der Kundenbindungen nicht gerade positiv auf die Bilanz des Start-Ups auswirken.
Geklagt hatten der Deutsche Apotheker-Verband (DAV) sowie Bayer Vital, Leverkusen. Äußerst zufrieden mit dem Urteil, gegen das DocMorris Berufung einlegen kann, zeigte sich der DAV-Vorsitzende Hermann Stefan Keller: "Hier haben die Arzneimittelsicherheit und das Patientenwohl eindeutig gesiegt. Und damit wurden auch die jüngsten Entscheidungen der obersten Gerichte bestätigt." Gegenüber PZ-Online gab sich Keller optimistisch: "Das war eine wichtige Entscheidung für die Patienten und die Apotheken in Deutschland."
Auch Dr. Peter Homann, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbandes, war mit dem Urteil mehr als einverstanden: "Es wurde bestätigt, was wir vermutet haben. Jede andere Entscheidung wäre seltsam gewesen. Nun müssen wir in Gesprächen den Krankenkassen die Rechtslage klar machen."
Dr. Frank Diener, ABDA-Geschäftsführer Wirtschaft und Soziales, begrüßte ebenfalls die Entscheidung der Vorsitzenden Richterin: "Wir müssen diesem Spuk ein Ende machen. Der Öffentlichkeit muss klar werden, wie wichtig diese Entscheidung für die Patienten in Deutschland ist."
"Mit Erleichterung" hat auch der Bundesverband der Angestellten in Apotheken (BVA) auf das Urteil reagiert. "Mit dem Urteil bleiben die Arzneimittelsicherheit und der Schutz der Patienten und der Verbraucher auf dem bisherigen hohen Niveau gewahrt", äußerte sich die BVA-Vorsitzende Monika Oppenkowski.
Die Betreiber der Internetapotheke machen auf ihrer Homepage derweil Stimmung gegen das Urteil. Sie beklagen die Einschränkung der europäischen Rechte ihrer deutschen Kunden und motivieren die Besucher der Homepage, an Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer und den zuständiger EU-Kommissar David Byrne zu mailen.
Offen ist die weitere juristische Vorgehensweise. In der Pressestelle von DocMorris war
von mehreren Varianten die Rede. Auf die Einstweilige Verfügung des Frankfurter
Landgerichts folgt in der Regel und zunächst ein Hauptsacheverfahren. Zudem käme ein
Einstweiliges Verfahren vor dem Oberlandesgericht, also der nächst höheren Instanz, in
Betracht.
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