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Schweizerische Rosen für deutsche Patienten

23.08.2004  00:00 Uhr
Versandhandel

Schweizerische Rosen für deutsche Patienten

von Patrick Hollstein, Halle

Die schweizerische Versandapotheke „Zur Rose“ kommt nach Deutschland: In Halle an der Saale wurde in der vergangenen Woche mit dem Neubau einer Logistikzentrale begonnen. Noch in diesem Jahr sollen die ersten Pakete verschickt werden. Um das angestrebte Ziel von zunächst 2000, später bis zu 7000 Geschäftsvorgängen pro Tag zu erreichen, schmieden die umtriebigen Unternehmer gegenwärtig Allianzen mit Krankenkassen und anderen Marktpartnern.

Mit dem „Ende der Rosinenpickerei" schien es vorübergehend still zu werden um die mittlerweile knapp 600 deutschen Versandapotheken. Dass das Thema Arzneimittelversand aber längst nicht vom Tisch ist, belegt nach ebay nun die Investition der schweizerischen Apotheke „Zur Rose" AG in Halle. Mehr als 9 Millionen Euro fließen in ein Dienstleistungszentrum im Herzen der Saalestadt, von dem aus noch in diesem Jahr Arzneimittel nach ganz Deutschland verschickt werden könnten. Auf 2000 Auslieferungen täglich hoffen die Betreiber nach Markteintritt; bis zu 7000 Kunden wollen sie in wenigen Jahren Tag für Tag postalisch mit Arzneimitteln versorgen. Zunächst 40, später bis zu 400 Mitarbeiter sollen den Geschäftsbetrieb in Bürotrakt, Versand- und öffentlicher Apotheke sowie im Logistikzentrum aufrecht erhalten. Grund genug für Stadt und Land, den Investor „maßgeblich" bei der Umsetzung seiner ehrgeizigen Pläne zu fördern und zu unterstützen: Halles Oberbürgermeisterin Ingrid Häußler ließ es sich nicht nehmen, persönlich den Baubeginn zu begleiten.

Klare Positionierung für Ärzteschaft

Das aggressive Expansionsbegehren der „Zur Rose"-Gruppe ist nicht neu. Erklärtes Ziel der einstigen Ärztekooperation war es, wirtschaftlichen Profit aus den eigenen Verordnungen und dem Handel mit Medikamenten zu ziehen. Mittlerweile zur Aktiengesellschaft angewachsen positioniert sich die Unternehmensgruppe auch in der politischen Diskussion für die wirtschaftlichen Interessen der Ärzteschaft. So fordert sie seit Jahren die vollständige Aufhebung des Dispensierverbots. In der im Gesundheitswesen bewusst installierten Trennung von Verordnung und Abgabe sehen die Nichtmediziner der Unternehmensleitung keinen Sinn: Ohne hippokratischen Eid im Nacken arbeitet es sich leichter an der Vision einer Komplettvertriebskette (siehe Kasten). Dass dabei Konflikte mit anderen Heilberuflern, beispielsweise mit der schweizerischen Apothekerschaft, in Kauf genommen werden, belegt die gern in blumiger Sprache vorgetragene Firmenphilosophie: Rosen haben nun einmal Dornen.

 

Rosen für die Ärzte Die Gruppe „Zur Rose“ wurde vor elf Jahren von 20 Ärzten im Kanton Thurgau gegründet. Erklärtes Ziel des standeseigenen Geschäftsbetriebs war es, Teile des Handels mit Medikamenten „den wirtschaftlichen Interessen der Ärzteschaft zu verpflichten“.

Heute gliedern sich die Aktivitäten der Unternehmensgruppe in drei Geschäftsbereiche: Mit dem Schwerpunkt Praxisbedarf hat sich die Apotheke "Zur Rose" AG in der Schweiz zum Marktführer entwickelt und verzeichnet das zehnte Wachstumsjahr in Folge. 200 Mitarbeiter erwirtschafteten zuletzt einen Jahresumsatz von 310 Millionen Schweizer Franken.

Vor vier Jahren stieg das Unternehmen, hinter dem mittlerweile knapp 1700 Aktionäre stehen, dann in den Direktversand von Medikamenten an Patienten ein. Auch hier kam es zu einer rasanten Entwicklung: 2003 übernahm die Apotheke „Zur Rose" AG den in Konkurs geratenen Mitbewerber MedicaDirect. Zusammen mit dem Versandhändler MediService deckt „Zur Rose" 90 Prozent des gesamten Arzneimittelversands in der Schweiz ab. Die Rezeptdaten werden von den 600 teilnehmenden Ärzten direkt elektronisch an die Apotheke „Zur Rose" übermittelt. Kooperierende Krankenversicherungen erhalten einen Rabatt von sieben Prozent, alle anderen Kostenträger einen Rabatt von drei Prozent auf den Publikumspreis. Für die Versicherten entfallen sämtliche Zuzahlungen und Gebühren; Portokosten werden nicht in Rechnung gestellt. Ärzte, die ihre Daten elektronisch übermitteln, erhalten eine Erfassungsentschädigung.

Im dritten Geschäftsbereich runden zahlreiche strategische Beteiligungen die Vertriebsaktivitäten der Unternehmensgruppe ab. So zählt mit Helvepharm, einer 50-prozentigen Stada-Tochter, bereits ein erster Generika-Hersteller zum Portfolio der „Zur Rose“-Gruppe. Da jedoch selbst in der standeseigenen Vertriebskette noch Reibungsverluste aufzutreten drohen, bringt sich die Ärztegemeinschaft darüber hinaus immer wieder aktiv in die politische Diskussion um die Liberalisierung des Dispensierrechts ein.

 

Überprüfungswürdige Konstruktion

Bereits seit Jahren plant der im Heimatland führende Versandhändler den Einstieg in den immerhin zwölfmal größeren deutschen Markt. Die nun gewählte Konstruktion hält man bei der ABDA für juristisch überprüfungswürdig: Während der pharmazeutische Unternehmensbereich in der mitteldeutschen Dependance als Filiale einer regionalen Apotheke von einem Apotheker betrieben wird, steht hinter dem zuliefernden Logistikunternehmen die eigens gegründete „Zur Rose" Pharma GmbH. Deren Einkaufsmacht soll jene Kostenvorteile generieren, die jedem Versandhändler als Kundenbindungsinstrument dienen.

Bei OTC-Arzneimitteln will „Zur Rose" sich nach den Worten der Geschäftsführerin Kerstin Flemming mit „Top-Preisen und -Rabatten jenseits der üblichen 10 Prozent" direkt beim Kunden als einer der führenden Versender etablieren. Da der Erlass von Zuzahlungen oder andere Rabattierungen an die Versicherten in Deutschland unzulässig sind, soll bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln vor allem die Kooperation mit Krankenkassen und geeigneten Marktpartnern helfen, Anteile zu erobern. Gespräche mit potenziellen Multiplikatoren wie Ärztenetzwerken, Apothekenkooperationen und Patientenverbänden laufen laut Flemming „sehr erfolgversprechend".

Krankenkassen ins Boot holen

Primär geht es darum, die großen Krankenkassen mit ins Boot zu holen. Vertraglich vereinbarte Konditionen sollen insbesondere regelmäßige Anwender von Arzneimitteln mit planbarem Bedarf über ihre Kasse an die Versandapotheke binden. Gemeinsam mit dem Informationsanbieter Sanvartis GmbH (vormals GesundheitsScout24), der wiederum seit einem halben Jahr auch mit der Parmapharm kooperiert, baut „Zur Rose" derzeit Kontakte zu den großen deutschen Krankenkassen auf. Inwieweit Sanvartis-Mitarbeiter Patienten einmal direkt an den Versandhändler weiterleiten müssen, ließ Flemming vorerst offen.

Die Geschäftsführerin hat zwölf Jahre lang beim Otto Versand gearbeitet und kennt sich mit Strategien zur Sicherung von Marktanteilen gut aus. Für sie ist der Versandhandel auch für Arzneimittel ein „ganz normaler Vertriebskanal", der es ebenso wie in anderen Branchen schwer haben wird, die 6-Prozent-Marke zu überschreiten. In der Schweiz werden gerade einmal drei Prozent aller Arzneimittel mit der Post verschickt. In ihrem Business-Plan für Deutschland geht sie immerhin von sieben Prozent aus. Top

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