Neidbestimmte Diskussion |
15.08.2005 00:00 Uhr |
Immer wieder flackert die Debatte um Einkaufsvorteile der Apotheken auf. Zuletzt hat sie der Chef des BKK-Bundesverbandes, Wolfgang Schmeinck, angezettelt. Die ABDA stellte jetzt in Berlin klar, wer wem welchen Rabatt in welcher Höhe gewährt.
Der ABDA-Geschäftsführer Wirtschaft und Soziales, Dr. Frank Diener, ließ keinen Zweifel daran, dass die jüngste von Neid bestimmte Diskussion einmal mehr die wichtigsten Fakten außen vor gelassen hatte. Denn die Einsparungen durch die immer noch steigende Abgabe von Generika nützten vor allem den Krankenkassen. Diener forderte die Kassen auf, »nicht so zu tun, als ob Naturalrabatte schmuddelig wären«. Rabatte, wie auch immer sie bezeichnet würden, seien ein fester und nützlicher Bestandteil des Arzneimittelmarktes. Diener verwies dabei auch auf die Vereinbarungen, die im Rahmen von integrierten Versorgungsverträgen zwischen Herstellern, Hausärzten, Hausapotheken und Krankenkassen getroffen werden könnten.
ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Jürgen Seitz sagte: »Wir halten die Diskussion für maßlos übertrieben und nicht nachvollziehbar.« Er verwies darauf, dass das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung bereits vor einiger Zeit nach Äußerungen des Kölner Professors und Bundestagskandidaten Dr. Karl Lauterbach klargestellt habe, es gebe kein Problem mit den Naturalrabatten. Lauterbach hatte Milliarden-Reserven postuliert; bis heute bleibt er schuldig, wie er zu dieser Behauptung kommt. Durch das Verordnen von Generika sorgten Ärztinnen und Ärzte für »erhebliche Einsparungen zu Gunsten der GKV«, ließ Seitz wissen. Bezeichnend sei, dass erste Krankenkassen bereits Verträge mit Herstellern abgeschlossen hätten. Angesichts der auch von ihnen angezettelten öffentlichen Diskussion um die Rabatte der Apotheken kritisierte Seitz »die Initiative solcher Krankenkassen, die noch nicht die geforderten Rabattverträge« abgeschlossen hätten.
In Deutschland liege der Anteil von Generika bereits bei 75 Prozent. Dies sei nicht nur innerhalb der EU, sondern weltweit Spitze. Die Krankenkassen würden dadurch sogar nach ihren eigenen Angaben jährlich um rund 3,4 Milliarden Euro entlastet. Seitz und Diener verwiesen darauf, dass an dieser Entlastung zum einen die Ärzte durch ihre generischen Verordnungen beteiligt seien. Zum anderen dürften Apotheken dann preisgünstige Generika abgeben, wenn der Arzt dies zulasse.
Die den Apotheken gewährten Einkaufsvorteile von insgesamt 450 Millionen Euro würden bei weitem übertroffen von den Verkaufsrabatten der Apotheken, die diesen den Krankenkassen zugestehen. Diese belaufen sich mittlerweile auf stattliche 1,2 Milliarden Euro pro Jahr. Seitz: »Das ist ein Vielfaches der Einkaufsvorteile von Apotheken.«
Diener klärte Journalisten darüber auf, wie der Generikamarkt in Deutschland funktioniert. So gebe es einen »ständigen Wechsel« zwischen den Präparaten, aus denen Apotheker im Rahmen der Aut-idem-Regelung auswählen könnten, wenn der Arzt dies nicht explizit auf dem Rezept ausschließe. Auch sei es längst nicht so, dass jedes Angebot, das Apotheken alle ihnen unterbreiteten Angebote von Generikaherstellern auch tatsächlich annähmen. Schließlich sei die Grundlage solcher Offerten oftmals, dass es sich bei den rabattierten Produkten um Ladenhüter handele oder die Präparate demnächst durch eine neue Variante ersetzt würden. Die hohen Rabatte sollten Anreiz für den Apotheker sein, möglichst viel Ware abzunehmen. Das habe aber nichts damit zu tun, ob diese Ware dann auch tatsächlich abgesetzt werden könne, so Diener weiter.
Ohnehin werde in der aktuellen Debatte die Rolle des Patienten erheblich unterschätzt. Der würde sich einen ständigen Wechsel zwischen den Präparaten nicht gefallen lassen. Diener: »Der Kunde verlässt die Apotheke das lässt der nicht mit sich machen.«
Ärztemuster für 1 Milliarde Euro
Der ABDA-Geschäftsführer lenkte den Blick auf eine andere Problematik. So würden die Ausgaben für Ärztemuster auf jährlich mindestens 1 Milliarde Euro geschätzt. Der Annahme, dies führe zu Einsparungen bei der GKV, widersprachen Diener wie Seitz. Diener fragte: »Warum werden die ausgegeben?« Und antwortete selbst: Es gebe keinen Grund für einen Arzneimittelhersteller, Ärzten kostenlos Medikamente zur Verfügung zu stellen. Es sei denn, der Patient könnte auf ein neues, möglicherweise teureres Medikament eingestellt werden. Diener verwies in diesem Zusammenhang auch auf die gängige Praxis in Krankenhäusern. Die Ware werde dort zu einem Bruchteil ihres eigentlichen Wertes eingekauft, manchmal werde sie sogar verschenkt. Faktisch würden Patienten im Krankenhaus auf ein bestimmtes Medikament eingestellt, das der Hausarzt dann weiter verordnen müsse. Er werde sich in der Regel nicht gegen die Verordnung des Klinikarztes stellen.
Die Behauptung, mit Rabatten von Generikaherstellern an die Apotheken würden den Kassen erhebliche Nachteile entstehen, sei unhaltbar. Durch die Abgabe von Generika spare die Krankenkasse in jedem Fall gegenüber der Abgabe eines teureren Arzneimittels. Diener: »Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Apotheken Einkaufsvorteile erhalten.« Zudem sei der Naturalrabatt im Grunde nichts anderes als ein Barrabatt. Die Apotheke verbuche diesen Einkaufsvorteil und weise den auch in ihrer Bilanz aus. Genauso wie die ABDA bei der jährlichen Zusammenstellung ihrer Wirtschaftsdaten.
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