Allianz gegen den Betrug |
02.08.2004 00:00 Uhr |
Doping ist so alt wie der Sport. Bereits die Teilnehmer der antiken olympischen Spiele setzten auf leistungsfördernde Mittel. Das soll in diesem Jahr in Athen anders werden. Sportfunktionäre, Mediziner und Politiker wollen den chemieaffinen Sportlern das Leben schwerer machen.
Wenn Radfahrer im Mopedtempo die Alpen erklimmen, Sprinterinnen die 100 Meter schneller laufen, als dies ihre männlichen Kollegen noch vor wenigen Jahrzehnten konnten oder Gewichtheber eine Hantel stemmen, die Normalsterbliche kaum rollen können, dann ist das Publikum heute schnell skeptisch. Der Verdacht, dass hartes Training nicht allein die Basis der Leistung ist, liegt nahe. Prominente Dopingfälle wie der Radfahrer Marco Pantani, der Sprinter Ben Johnson oder Katrin Krabbe haben die Zuschauer sensibilisiert.
Da Sport auch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor und Doping dieser Funktion keinesfalls zuträglich ist, wird der Missbrauch leistungsfördernder Präparate in den vergangenen Jahren weltweit – allerdings mit unterschiedlicher Intensität – bekämpft. In Deutschland versucht eine nicht immer einige Allianz aus Politik und Sportfunktionären, dem Einsatz der unerlaubten Leistungsförderer beizukommen.
Eine zentrale Rolle im Kampf gegen das Doping spielen die 1999 gegründete Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und ihre nationalen Pendants. In Deutschland ist dies die in Bonn angesiedelte Nationale-Doping-Agentur (NADA).
Mit dem Anti-Doping-Code hat die WADA im März 2003 ein Regelwerk erarbeitet, das Standards für Dopingkontrollen setzt und definiert, welche Substanzen oder Methoden unter den Begriff Doping fallen. Mit der Unterzeichnung durch den Vorsitzenden des Nationalen Olympischen Komitee, Klaus Steinbach, im Dezember 2003 wurde der Anti-Doping-Code für deutsche Olympia-Teilnehmer verbindlich. Das bedeutet, dass nur diejenigen Sportler an den Spielen in Athen teilnehmen dürfen, die sich nach den Regeln des Codes verhalten haben, also auch regelmäßig kontrolliert wurden. Die deutsche Übersetzung des WADA-Codes sowie die offizielle Verbotsliste findet sich auf der Website der NADA unter www.nada-bonn.de.
Ein weiteres Instrument im Kampf gegen Doping soll das Anti-Doping-Gesetz werden. Seine Sinnhaftigkeit wird bereits seit einigen Jahren diskutiert, ob es noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden kann, ist allerdings zweifelhaft. Das Gesetz soll den Staat in die Lage versetzen, gegen Einfuhr, Besitz und Verbreitung von Dopingmitteln juristisch vorzugehen. Allerdings will der Deutsche Sportbund (DSB) verhindern, dass dieses Gesetz zur Kriminalisierung von Sportlern führt. Das rigide Vorgehen italienischer Behörden beim Giro d’Italia hat bei den deutschen Sportfunktionären offensichtlich die Alarmglocken schrillen lassen. Lange Zeit haben sie ein Anti-Doping-Gesetz rundweg abgelehnt. Der Aktive sei keiner, „der stiehlt, mordet oder vergewaltigt“, formulierte DSB-Chef Manfred von Richthofen seine Bedenken. Mittlerweile hat der DSB die Notwendigkeit eines Gesetzes aber erkannt.
Einen ersten Versuch, dem Doping einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben, hatte die Bundesregierung bereits mit der Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG) 1998 gestartet. Danach droht demjenigen, der entgegen § 6a Abs. 1 AMG Arzneimittel zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr bringt, verschreibt oder bei anderen anwendet, eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Wird dabei die Gesundheit anderer gefährdet, können sogar Freiheitsstrafen bis zu 10 Jahren verhängt werden. Mittlerweile sind sich jedoch die meisten Experten einig, dass es für die konsequente Verfolgung des Dopings ein eigenes Gesetz braucht.
Auch die EU will auf dem Gebiet aktiver werden. Die für Sport zuständige Kommissarin Viviane Reding kündigte in Brüssel an, die Kommission werde sich des Problems annehmen.
Die Hoffnung, dass die Allianz gegen den Doping-Betrug schnell Früchte trägt, wäre freilich naiv. Die Zahl der Dopingfälle in Deutschland ist weitgehend stabil. Nach Angaben der NADA waren 2003 von 4090 im Training genommenen Proben neun positiv, im Vorjahr waren es acht von 4111. Auch die Zahl der positiven Wettkampfkontrollen lag mit 28 nur unwesentlich unter dem Wert von 2002 (29). Zudem wird in der Diskussion oft vergessen, dass nicht nur Leistungssportler dopen. Auch unter den Freizeitsportlern gibt es immer mehr, die ihre Leistungsfähigkeit auf illegalem Wege steigern. Selbst Alter scheint in diesem Fall nicht zwingend zu Weisheit zu führen. So berichtete die Ärztezeitung von einem 63-jährigen Hammerwerfer, der bei den deutschen Seniorenmeisterschaften der Anabolika-Einnahme überführt wurde.
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