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Fischer nennt Angst vor Finanzloch unbegründet

28.06.1999  00:00 Uhr

-PolitikGovi-Verlag

ZUKUNFTSPROGRAMM 2000

Fischer nennt Angst vor Finanzloch unbegründet

von Dieter Schütz, Bonn

Die gesetzliche Krankenversicherung bleibt von den Sparbeschlüssen der Bundesregierung weitgehend verschont. Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte in Bonn, das vom Kabinett beschlossene "Zukunftsprogramm 2000", das Einsparungen von 30 Milliarden DM im Bundeshaushalt vorsieht, werde kein Finanzloch in die Krankenversicherung reißen.

Fischer konnte sich in der Bundesregierung mit Bundesfinanzminister Hans Eichel und Arbeitsminister Walter Riester auf eine Ausnahmeregelung verständigen. Danach werden die staatlichen Beiträge für Arbeitslosenhilfeempfänger, die an die Renten- und Pflegeversicherung fließen, zwar künftig auf die Basis von 53 Prozent beziehungsweise 57 Prozent (mit Kind) des letzten Nettogehalts gesenkt. Für die gesetzliche Krankenversicherung gilt jedoch die alte Berechnungsgrundlage, die auf 80 Prozent des Bruttolohns beruht.

Die Spitzenverbände der Krankenkassen hatten ein Defizit von 2,8 Milliarden DM errechnet, falls die GKV wie ursprünglich geplant weniger Beiträge für Arbeitslosenhilfeempfänger erhält. Weil die Einkommen der Rentner in den nächsten zwei Jahren von der Nettolohnentwicklung abgekoppelt werden und nur gemäß der Inflationsrate steigen sollen, werden durch das Sparpaket voraussichtlich dennoch geringere Beitragsleistungen an die GKV fließen. "Diese Ausfälle sind jedoch nicht nennenswert. Ich sehe da zunächst einmal kein Problem", betonte Fischer.

Durch die neue Berechnungsgrundlage bei den Sozialbeiträgen der Arbeitslosenhilfeempfänger entsteht jedoch auf alle Fälle ein Milliardenloch in der Pflegeversicherung. Das will Fischer jedoch durch einen Griff in die Rücklage der Pflegeversicherung ausgleichen. Der FDP-Gesundheitspolitiker Dieter Thomae warf der Bundesregierung vor, hier einen finanziellen Verschiebebahnhof zu Lasten der Pflegeversicherung zuzulassen. Der CSU-Sozialpolitiker Johannes Singhammer sprach von einem "heimtückischen Trick".

Die Gesundheitsministerin wies unterdessen Befürchtungen des AOK-Bundesverbandes zurück, daß durch die jetzt vom Kabinett beschlossene Gesundheitsreform 2000 Mehrausgaben von bis zu drei Milliarden DM auf die gesetzliche Krankenversicherung zukommen könnten. "Ich bleibe dabei, daß eine Beitragssatzstabilität erreicht werden kann", betonte Andrea Fischer.

Sie geht davon aus, daß sich die Mehrausgaben durch die Reform im Jahr 2000 auf "deutlich unter einer Milliarde DM" belaufen. Im Gegenzug erwartet sie, daß durch die Neuregelung der 630-Mark-Jobs im nächsten Jahr rund zwei Milliarden DM zusätzlich in die GKV fließen werden.

Neu in den Gesetzentwurf aufgenommen wurde die Einführung der ambulanten Soziotherapie. Durch dieses zusätzliche Versorgungsangebot sollen unnötige Krankenhausaufenthalte von schwer psychisch Kranken vermieden werden. Kurzfristig entstehen dadurch zwar Mehrkosten von 375 Millionen DM in den nächsten beiden Jahren. Doch auf mittlere Sicht, so Fischer, könnten für jede Mark, die für psychisch Kranke im ambulanten Bereich ausgegeben wird, bis zu vier Mark im stationären Bereich eingespart werden.

Bei der Positivliste für Arzneimittel wurde im Gesetzentwurf nach Angaben Fischers jetzt genauer festgelegt, welche Kriterien gelten sollen. Voraussetzung für die Aufnahme in die Liste sei ein "mehr als geringer therapeutischer Nutzen" des Arzneimittels. Außerdem berichtete Fischer, daß derzeit ein Gesetzentwurf erarbeitet werde, um die Festbeträge für Arzneimittel "rechtssicher zu machen".

Mit einer Öffentlichkeitskampagne, die unter dem Motto "Dialog Gesundheit" steht, will das Bundesgesundheitsministerium für die Reform werben. Dazu sind zum Teil noch vor der Sommerpause Veranstaltungen unter anderem in Krankenhäusern und Fußgängerzonen geplant.Top

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