Schmidt hofft auf schwarze Zahlen |
06.06.2005 00:00 Uhr |
Da kann die Situation für die Bundesregierung noch so verfahren sein, Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt setzt weiter auf Optimismus. Nach den Ergebnissen des ersten Quartals rechnet sie für 2005 mit einem Überschuss der Krankenkassen.
In den ersten drei Monaten des Jahres hat die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) einen Überschuss von 160 Millionen Euro erzielt. Die Bundesgesundheitsministerin erwartet nun, dass die Krankenkassen auch für den Rest des Jahres in den schwarze Zahlen bleiben. Dies umso mehr als die Bundeszuschüsse für versicherungsfremde Leistungen in der Quartalsbilanz nicht berücksichtigt wurden.
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stiegen die GKV-Ausgaben um 2,9 Prozent an. Die moderate Steigerung beunruhigt das Ministerium jedoch kaum. Das erste Quartal 2004 sei nur bedingt mit 2005 zu vergleichen, da es zum Jahresende 2003 einen massiven Vorzieheffekt bei Arzneimitteln gegeben habe. Dementsprechend war zum Jahresbeginn 2004 ein starker Ausgabenrückgang zu verzeichnen. Nach den Zahlen des BMGS liegen die GKV-Arzneimittelausgaben im ersten Quartal 2005 um 18,8 Prozent über dem Vorjahr. Neben dem Vorzieheffekt ist auch der gesenkte Herstellerrabatt für den Anstieg verantwortlich. Schmidt betonte, sie erwarte, dass die Arzneimittelausgaben 2005 nicht stärker ansteigen als die von der Selbstverwaltung vereinbarten 5,8 Prozent.
Deutliche Einsparungen verzeichnete die GKV beim Zahnersatz, der um 40 Prozent unter dem Vorjahresniveau lag und beim Krankengeld mit einem Minus von 8,7 Prozent. Auch die Verwaltungskosten der Krankenkassen sanken weiter. Mit 1,5 Prozent fiel der Rückgang moderat aus.
Bereits vor den GKV-Zahlen hatte die ABDA die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) für April vorgestellt. Mit 1,983 Milliarden Euro lagen die Ausgaben leicht über dem Vorjahresniveau. Für das Gesamtjahr erwartet die ABDA ein Ausgabevolumen von knapp 22 Milliarden Euro. Das entspräche einer Steigerungsrate gegenüber dem Vorjahr von 8,92 Prozent. Allerdings lägen die GKV-Ausgaben bei diesem Volumen immer noch rund 300 Millionen Euro niedriger als 2002, das für die Berechnung der Strukturmaßnahmen der Gesundheitsreform herangezogen wurde. ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Jürgen Seitz stellte deshalb auch fest: »Die Gesundheitsreform zeigt weiterhin Wirkung.« Wie die ABDA vorrechnete, sind die Apotheker an der Ausgabenerhöhung bei Arzneimitteln schuldlos. Sie profitieren davon auch nur marginal. Von den rund 1,26 Milliarden Euro Mehrausgaben entfallen rund 300 Millionen auf die Senkung des Herstellerrabatts auf 6 Prozent. Weitere 368 Millionen entfallen auf Preiserhöhungen und Struktureffekt. Zudem läge der Anstieg ohne den Vorzieheffekt von 2003 um 350 Millionen Euro niedriger.
Schmidt verband die Präsentation der Zahlen mit der erneuten Forderung nach Beitragssenkungen der Krankenkassen. Jetzt seien Beitragssenkungen nötig, die über die gesetzlich festgeschriebenen 0,9 Prozent zum 1. Juli hinausgehen, sagte sie. Angesichts der aktuellen Bilanz könnten die möglichen Senkungen »nicht mit spekulativen Hinweisen auf Finanzrisiken in 2006 oder 2007 unterbleiben«. Bislang haben die Kassen den Überschuss vor allem zum Schuldenabbau genutzt. Nach den Angaben des BMGS sanken die Verbindlichkeiten der Kassen von 6 Milliarden Euro im Jahr 2003 auf 2 Milliarden Euro.
Von einer breiten Senkung zu Gunsten der Patienten sind die Kassen allerdings weit entfernt. Zwar müssen sie wegen der Ausgliederung des Zahnersatzes ihren Beitrag zum 1. Juli um 0.9 Prozentpunkte senken. Doch bringt dies den Versicherten nichts, da sie stattdessen eine private Zusatzversicherung benötigen, die sie zudem allein bezahlen müssen.
Ansonsten das bekannte Bild. Einzelne Kassen kündigen moderate Senkungen im Promillebereich an. Die meisten großen Kassen weisen Zugeständnisse weit zurück. So sieht der Vorstandschef der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK), Herbert Rebscher, in der vorgezogenen Bundestagswahl neue finanzielle Risiken für die Kassen. Es sei denkbar, dass unter einer Regierung von CDU/CSU und FDP Teile der seit 2004 geltenden Gesundheitsreform wieder rückgängig gemacht werden, sagte Rebscher der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. Die Kassen könnten schon froh sein, wenn der durchschnittliche Beitragssatz von derzeit 14,2 Prozent gehalten werden könne. Die Halbierung der Wachstumsprognose schlage »voll auf unsere Beitragseinnahmen durch«. Auf den Wahlkampf beeinflussende Erfolgsmeldungen muss Ulla Schmidt wohl verzichten.
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