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Vom Budget zur Richtgröße

12.05.1997  00:00 Uhr

- Politik

  Govi-Verlag

Vom Budget zur Richtgröße

  Der Weg vom Arzneimittelbudget zu den Richtgrößen, wie er im 2.Neuordnungsgesetz vorgeschrieben wird, ist steinig und ob das Ziel überhaupt erreicht wird, bleibt zweifelhaft. Das ist zumindest das Fazit, das nach einer Forum-Diskussion am 12. Mai in Bonn gezogen werden muß.

Dr. Dieter Thomae, MdB, (FDP) und Vorsitzender des Gesundheitsausschusses des deutschen Bundestages, betonte, daß die Ablösung notwendig sei, da das Arzneimittelbudget teils offen, teils schleichend und verdeckt in die Rationierung führe und keine Anreize für qualitätsorientiertes Handeln enthalte. Außerdem sei die mit dem Budget verankerte Kollektivhaftung der Ärzte bedenklich und ungerecht, was auch Professor Dr. Wolfgang Brech, Vorsitzender der KV Südwürttemberg, als Grund für die überfällige Abschaffung des Budget anführte. Die Solidarität unter den Ärzten und das Arzt-Patienten-Verhältnis seien ebenfalls beschädigt worden.

Thomae gesteht ein, daß die Handhabung der Richtgrößen schwieriger sei als die des Budgets. Er teilte aber nicht den Pessimismus der Krankenkassen, daß sich bei Arzneimittelrichtgrößen Mehrausgaben zwangsläufig einstellen würden und daß keine Anreize mehr zu wirtschaftlichem Handeln bestünden. Das Gegenteil sei der Fall: Die Anreizwirkung der Richtgrößen sei in der Summe jener der Budgets mindestens gleichwertig.

Brech ging sogar noch weiter, indem er betonte, Richtgrößen würden wesentlich stringenter als Globalbudgets gehandhabt. Der einzelne Arzt werde nach seiner Meinung unter den Richtgrößen noch mehr stöhnen. Brech verknüpfte mit der Einführung der Richtgrößen die Forderung nach der Erweiterung der Negativliste und nach einer Neuformulierung der Arzneimittelrichtlinien, die dann auch wertende Aussagen über Arzneimittel enthalten sollten. Auch Brech räumte ein, daß die Umsetzung der Richtgrößen und die praktische Handhabung Schwierigkeiten machen werde. Er hofft aber, daß es nicht zu Prüforgien kommen wird. Sein Vorschlag zur Vereinfachung des Verfahrens, der sich auch mit den Vorstellungen des Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) deckt, besteht darin, unverzichtbare Arzneimitteln, das sind nach Berechnungen der KBV circa 15 Prozent des Arzneimittelmarktes, aus den Richtgrößen herauszunehmen und bei den Erhebungen durch die EDV automatisch auszusteuern. Außerdem müßten Praxisbesonderheiten hinreichend berücksichtigt werden. Brech und Thomae begrüßten die im 2.NOG vorgesehenen Trennung von Arzneimittel- und Heilmittelrichtgrößen.

Professor Dr. Walter Brandstädter, Vizepräsident der Bundesärztekammer und Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft bezeichnete die Ablösung des Budget durch Richtgrößen als Schritt in die richtige Richtung. Trotzdem gab er zu bedenken, daß die Freiheit des Arztes nicht durch Rationierung eingeschränkt werden dürfe. Außerdem sollte das ärztliche Handeln nicht an der finanziellen Situation der Krankenkassen ausgerichtet werden, sondern an der medizinisch notwendigen Therapie des Patienten. Therapieempfehlungen dürfen deshalb nicht auf Kostenminimierung ausgerichtet werden, sondern müssen primär dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherheit der Therapie genügen. Mehr Wirtschaftlichkeit kann nur eine sekundäre Folge von Therapieempfehlungen sein.

Große Zweifel am Erfolg der Richtgrößen formulierten sowohl Karl Jung, Vorsitzender des Bundesausschusses Ärzte und Krankenkassen, als auch Gerhard Schulte, Vorstandsvorsitzender des BKK-Landesverbandes Bayern.
Schulte wurde konkret: "Um das Niveau von 26 Milliarden DM Ausgaben im Arzneimittelbereich zu halten, müssen die Richtgrößen so tief angesetzt werden, daß sie mit den KVen nicht vereinbart werden können."

Schiedsverfahren seien die Folge, was im Regelfall die Ausbootung der Selbstverwaltung bedeute. Als Kompromiß, der auch mit dem 2.NOG vereinbar sei, schlug Schulte vor, den Budgetgedanken mit den Richtgrößen zu kombinieren: Die Richtgrößen sollten erst dann zum Tragen kommen, wenn das Budget überschritten wird.

PZ-Artikel von Hartmut Morck, Bonn
   

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