Pharmazeutische Zeitung online

Keine ohne Mängel

21.03.2005  00:00 Uhr
Versandapotheken

Keine ohne Mängel

von Daniel Rücker, Eschborn

Stiftung Warentest hat den Versandapotheken mehrheitlich schlechte Noten gegeben ­ allerdings auch Lichtblicke gefunden. Das Kölner Institut für Handelsforschung (IfH) hält dies für zu optimistisch. Seine Untersuchung offenbarte bei Versendern große Mängel.

Obwohl das IfH mit 34 Online-Apotheken und vier Portalen die bislang umfangreichste Untersuchung in Deutschland auflegte, gelang es keinem Anbieter, die Tester zufrieden zu stellen. »Kein Anbieter konnte über alle Testkriterien hinweg akzeptable Ergebnisse erzielen«, so die vernichtende Bilanz des IfH. Auch bei der Fokussierung auf gesetzliche Bestimmungen und Lieferzeiten, Preise und Versandkosten, schnitt kein Versender durchgängig gut ab. Allerdings gab es einige wenige Anbieter, die in einzelnen Teilbereichen recht gut abschnitten. Zu den getesteten Versandapotheken gehörten auch die Branchenführer DocMorris, Sanicare, Europa Apotheek, mycare, Pharma24 und die Apotheke zur Rose.

Für seine Testkäufe verwendete das IfH drei Warenkörbe: Der erste Warenkorb enthielt gängige Grippe-Mittel (etwa Aspirin plus C, Sinupret und Olynth Nasenspray), der zweite bestand aus seltener gefragten OTC-Arzneimitteln (Evazol und Ranitidin) und im dritten lag mit fünf Packungen Paracetamol 500 (30 Stück) ein von den Testern als »bedenklich« eingestuftes Präparat.

Bei den Preisen ergab sich das von anderen Tests bereits bekannte Bild. Zwar bieten die Versender die Arzneimittel in der Regel um 10 bis 20 Prozent unter der unverbindlichen Preisempfehlung an, berücksichtigt man jedoch die Versandkosten zwischen 3 Euro und 5,50 Euro ist die Ersparnis schnell aufgebraucht. Immerhin versenden die untersuchten Online-Apotheken bis auf eine Ausnahme ab einer bestimmten Summe kostenfrei, doch liegt diese mit durchschnittlich 53,23 Euro so hoch, dass die meisten Bestellungen darunter liegen dürften.

Wer beim Versender seine Arzneimittel bestellt, sollte keinesfalls akut erkrankt sein, das ist bekannt. Dennoch erwarten nach einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr mehr als 60 Prozent der Kunden von Internet-Apotheken eine Lieferung innerhalb von zwei Tagen. Lediglich 13,5 Prozent akzeptieren Lieferzeiten von mehr als drei Tagen. Doch genau da liegt der Durchschnitt und nicht für die seltenen Präparate, sondern für die Schnelldreher. Nach exakt 3,34 Tagen kann der Kunde mit seiner Ware rechnen. Er sollte sich dabei übrigens nicht auf eventuell versprochene Zeiten verlassen. Immerhin zwölf Online-Apotheken gaben auf ihrer Website die Lieferzeit an. Lediglich sieben konnten das Versprechen halten.

Ein wesentlicher Kritikpunkt der Apotheker am Versandhandel mit Arzneimitteln ist die Übergabe der bestellten Präparate. Nach dem Gesetz müssen die Versender die Ware an den Besteller oder eine empfangsberechtigte Person abgegeben werden, außerdem muss eine kostenfreie Zweitzustellung veranlasst werden, die Sendung muss zudem permanent verfolgt und eine Transportversicherung abgeschlossen werden.

Ware beim Nachbarn

An den gesetzlichen Vorgaben scheiterten immerhin sieben Versender, darunter nicht zum ersten Mal DocMorris und Europa Apotheek, die die Ware lieber beim Nachbarn abgeben ließen als ein zweites Mal auszuliefern. Kaum Kritik übten die Tester vom IfH dagegen am Zustand der ausgelieferten Medikamente. Es wurden fast ausschließlich die richtigen, korrekt verpackten und nicht abgelaufenen Präparate geliefert.

Weit enfernt sind manche Versender dagegen von der gesetzlichen Vorgabe, ein Vollsortiment anzubieten. 14 der gestesteten Apotheken, darunter DocMorris, Pharma Kontor und die Apotheke zur Rose, lieferten nur einen Teil der bestellten Arzneimittel aus. Dabei berücksichtigen die Tester nicht einmal das Medikament Evazol, das während des Testzeitraumes zwischen November 2004 und Januar 2005 nur eingeschränkt lieferbar war. Der mehr als dubiose tschechische VfG.ag hatte sogar nur ein stark eingeschränktes Sortiment zu bieten.

Richtig schlecht präsentierten sich die Versandapotheken im Umgang mit der Bestellung von fünf N2-Packungen Paracetamol. Von den 34 gestesteten schickten 26 Versender die große Menge ohne Rückfrage auf den Weg. Lediglich acht lieferten nicht aus oder versahen die Lieferung zumindest mit einem Hinweis auf die möglichen Gefahren. Zu den wenigen Aufmerksamen zählte DocMorris, das lediglich drei Packungen auslieferte.

Trotz einiger guter Leistungen kommen die IfH-Tester zu einem erschreckenden Gesamturteil. Die meisten Versandapotheken seien sowohl in Bezug auf rechtliche Vorgaben als auch bei der Erfüllung der Kundenwünsche nicht empfehlenswert. So schreibt Studienleiter Kai Wilke: »Für das Gesamturteil lässt sich festhalten, dass die gesetzlichen Vorgaben nicht oder nur ansatzweise erfüllt werden. Kundenanforderungen werden kaum berücksichtigt und die Abwicklung und Auslieferung ähneln dem Vorgehen des Versandhandels mit Konsumgütern. Besonderheiten, die für das Gut Arzneimittel gelten sollten, werden zumeist sträflich vernachlässigt.

Aus den schlechten Ergebnissen der Versender eine Empfehlung zur Bestellung bei Apothekenportalen abzuleiten, wäre allerdings ein Fehler. Wie das IfH feststellte sind die Leistungen der Portale ApoExpress, Aponet.de, Apotheke.com und Medikamentenversand24 sehr heterogen. Sie hängen ganz maßgeblich davon ab, welche Apotheke den Auftrag ausführt. So lieferten einige Apotheken innerhalb weniger Stunden, andere registrierten überhaupt nicht, dass eine Bestellung in ihrem E-Mail-Postfach einging.

Portale: Kurze Lieferzeiten

Dabei zeichneten sich die Apotheker von Aponet.de und ApoExpress beim Homeservice durch Lieferzeiten von höchstens einem Tag aus. Die beiden Portale überzeugten auch mit dem Vollsortiment der Offizin-Apotheke. Gleichzeitig registrierten die Tester bei einigen Apotheken geringe Erfahrung im Umgang mit Internet-Bestellungen und mangelnde Professionalität. Deshalb fordern sie die Portalbetreiber auf, ihre Mitgliedsapotheken in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und so einen einheitlichen Qualitätsstandard aufzubauen. Grundsätzlich, so schließen die Tester, gebe es für Online-Apotheken noch viel zu tun. Der erwünschte Wettbewerb im Arzneimittelmarkt dürfe nicht zu Lasten der Kunden gehen. Ein Fazit, mit dem wohl auch die meisten Portal-Apotheken leben können.

  • Die Studie kann über das Institut für Handelsforschung, Säckinger Str. 5, 50935 Köln für 99 Euro bezogen werden.

  Top

© 2005 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de

Mehr von Avoxa