Auf dem Weg in die Praxis |
08.03.2004 00:00 Uhr |
Die Hausapotheke steht am Start. Nachdem der Deutsche Apothekerverband im vergangenen Herbst einen Rahmenvertrag mit der Barmer Ersatzkasse geschlossen hat, beginnen Apotheker in diesen Tagen mit der Umsetzung. Die Zahl der Patienten ist allerdings noch gering.
Der eher behutsame Start der Hausapotheke ist durchaus im Sinn der Apotheker. Sönke Kehrhahn von der Flora Apotheke in Elmshorn ist nicht traurig darüber, dass es am Anfang wohl nur einige Patienten sein werden, die am Hausapothekenkonzept teilnehmen werden. „Wir wollen erst einmal klein anfangen, die Hausapotheke darf nicht die Arbeit in der Apotheke dominieren“, sagte Kehrhahn bei einem von PZ-Chefredakteur Professor Dr. Hartmut Morck moderierten Round-Table-Gespräch, das auf Initiative der VSA in Elmshorn stattfand. Da die Krankenkassen erst ab März ihre Versicherten direkt ansprechen, ist die Gefahr gering, dass ihm die Hausapothekenpatienten die Tür einrennen.
Kehrhahn sieht die Hausapotheke als konsequente Weiterentwicklung der Kundenkarte. Über die Kundenkarte habe er schon zuvor die in seiner Apotheke gekaufte Medikation seiner Stammkunden kontrollieren können. Der Vorteil der Hausapotheke sei nun, dass er einen Gesamtüberblick erhalte.
Kehrhahn sieht in der Apothekensoftware einen entscheidenden Faktor für den Erfolg der Hausapotheke. Per Knopfdruck oder Mausklick müssten alle relevanten Daten der Hausapothekenkunden einsehbar sein. So soll jeder seiner Mitarbeiter in der Lage sein, jeden eingeschriebenen Kunden optimal zu betreuen. Aus seiner Sicht steht bei der Hausapotheke weniger die individuelle Beziehung eines Patienten an einem bestimmten Mitarbeiter im Vordergrund, sondern die Bindung an die Apotheke. Er hat deshalb sein gesamtes pharmazeutisches Personal schulen lassen.
Direkter Ansprechpartner
Dagegen hält Apotheker Karl-August Beck die direkte Beziehung zwischen Hausapothekenkunde und einem Apothekenmitarbeiter für wichtig. Er geht davon aus, dass in den meisten Apotheken bestimmte Personen für das Konzept Hausapotheke zuständig sein werden. Auch Beck rechnet mit einer langsamen Einführung der Hausapotheke. Nach seiner Einschätzung wird sie erst mit elektronischer Gesundheitskarte und elektronischem Rezept den Durchbruch schaffen.
Beck und Kehrhahn sind sich einig, dass es bis dahin noch einige Probleme zu lösen gilt. So werden in Zukunft Betreuungsprogramme für chronisch Kranke verschiedener Krankenkassen miteinander konkurrieren. Um dieselbe Patientengruppe buhlen auch die Disease-Management-Programme (DMP). Der Erfolg der Konzepte werde maßgeblich davon abhängen, ob es gelingt, sie zu vereinheitlichen. Beck: „Die Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern inklusive der Datenübertragung muss unabhängig von der jeweiligen Krankenkasse und dem Betreuungsprogramm sein.“
In der Tat sind die Probleme bei der Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern auch so schon groß genug. Viele Ärzte begegnen der Hausapotheke mit Misstrauen, manche Hausärzte befürchten sogar Konkurrenz durch die Apotheker. Dr. Thomas Friedrich, Geschäftsführer des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein rät Apothekern deshalb zu einem behutsamen Vorgehen, wenn sie mit Hilfe der Medikationsdatei, Verordnungsfehler entdecken und den verantwortlichen Arzt darauf hinweisen.
Grundsätzlich bietet die Hausapotheke aber auch den Ärzten Vorteile und einige Mediziner erkennen dies sogar. „Die Dokumentation der Medikation ist für den Arzt hilfreich“, sagt der Elmshorner Internist, Dr. Bernd Thormählen. Auch aus seiner Sicht wäre es aber wichtig, die Hausapotheke mit den DMP zu kombinieren.
Eine Konvergenz der Programme hält Friedrich allerdings für kompliziert. Schon die einzelnen Hausapothekenmodelle seien kurzfristig nicht unter einen Hut zu bekommen. Zwar hätten sie alle denselben Kern, die Krankenkassen legten jedoch Wert darauf, die Details kassenspezifisch zu gestalten. Die Hausapotheke sei für sie ebenso wie für die Apotheker auch ein Marketinginstrument.
Unterschiedliche Kassen-Bedürfnisse
Elke Jeske-Saathoff von der Barmer Ersatzkasse sieht darüber hinaus auch praktische Probleme bei der Synchronisierung der Hausapothekenkonzepte. Die Struktur der einzelnen Krankenkassen sei zu unterschiedlich. Die Barmer als bundesweit operierende Kasse hätte völlig andere Bedürfnisse als eine regional agierende AOK oder eine kleine BKK. Für einfacher hält sie da schon die Verknüpfung von Hausapotheke und DMP: „Die beiden Konzepte gehören zusammen.“
Immerhin war sich Jeske-Saathoff wie alle anderen Diskutanten sicher, dass die Hausapotheke ein Projekt mit Zukunft ist. Vor allem für chronisch Kranke liege der Nutzen auf der Hand. Wie bei allen anderen Versorgungskonzepten wird der Erfolg maßgeblich davon abhängen, ob die Patienten selbst diesen Nutzen erkennen.
Da die Barmer als erste bundesweit agierende Krankenkasse vor wenigen Tagen begonnen hat, ihre Versicherten über die Hausapotheke zu informieren und zudem bislang nur Patienten mit den Indikationen COPD und Asthma angesprochen werden, ist die Akzeptanz noch nicht exakt vorherzusehen. Immerhin konnten die Teilnehmer der Gesprächsrunde von ersten positiven Reaktionen der Patienten berichteten. Die Chancen für einen Erfolg stehen also nicht schlecht.
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