Politik
Pharmastandort
Deutschland wurde stabiler
Im vergangenen Jahr
haben sich die Chancen für Deutschland verbessert, auch
künftig ein wichtiger Standort für die Erforschung,
Entwicklung und Produktion innovativer Arzneimittel zu
sein. Für eine Branche, die allein in Deutschland
täglich zwölf Millionen DM in Forschung und Entwicklung
investiert, sei dies besonders wichtig, erklärte Dr. Horst Freisler, Vorsitzender
des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA)
anläßlich der Mitgliederversammlung des Verbandes in
Bonn.
Als Beispiel für die positive Entwicklung
nannte der VFA-Vorsitzende die 7. Novelle des
Sozialgesetzbuches V, die Arzneimittel mit
patentgeschützten Wirkstoffen aus der Festbetragsbildung
ausschließt sowie die Zurücknahme der Importklausel.
Die wachsende gesellschaftliche und politische Akzeptanz
der Gentechnik habe dazu geführt, daß zunehmend in- und
ausländische Hersteller in den Gentechnik-Standort
Deutschland investierten.
Freisler stellte fest, daß Politik und Gesellschaft
immer mehr die medizinischen und ökonomischen Beiträge
innovativer Arzneimittel und der forschenden
Arzneimittelhersteller anerkennen. Skeptisch müsse
dagegen die Budgetsituation stimmen. Die Sparbemühungen
der Ärzte seien im Markt deutlich zu spüren gewesen. So
seien die Umsätze im November und Dezember 1996 auf dem
Apothekenmarkt bezogen auf die Vorjahresmonate um 6,1 und
6,8 Prozent gesunken. Dramatisch sei, daß auch
überlebenswichtige Arzneimittel den Sparappellen zum
Opfer fielen. Umsatz- und Mengenrückgänge von 20 bis 30
Prozent seien bei modernen Antibiotika wie Cephalosporine
oder Makrolide zu verzeichnen gewesen. Das
innovationsfeindliche Budget müsse abgeschafft werden,
da es nicht geeignet sei, auf Dauer eine qualitativ
hochwertige Arzneimittelversorgung sicherzustellen.
Das Ansinnen der GKV-Spitzenverbände, die Festbeträge
auf breiter Front zu senken, kritisierte der
VFA-Vorsitzende heftig: "Uns drängt sich der
Eindruck auf, daß die Kassen ihre marktbeherrschende
Stellung willkürlich und mißbräuchlich nutzen wollen.
Schwerwiegende verfassungs- und europarechtliche
Bedenken, wie sie unter anderem das Bundessozialgericht
gegen das Festbetragsverfahren geäußert hat, werden
schlichtweg ignoriert und der Kassenlage geopfert".
Minister Rüttgers lobt Politik der Pharmaunternehmen
"Die deutsche pharmazeutische Industrie ist
besser auf die Globalisierung und die Wissensgesellschaft
vorbereitet als andere Branchen." Dieses Lob
verteilte der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft,
Forschung und Technologie , Dr. Jürgen Rüttgers, auf
derselben Veranstaltung. Vonnöten sei aber ein neuer
Unternehmergeist, der wissenschaftlich-technische
Innovationen als Chance für die Eroberung neuer Märkte
versteht.
Die Forschung bleibt nach Rüttgers Worten
unverzichtbares Standbein für den Standort Deutschland,
wobei der Trend zum Abbau der Forschungsförderung
gestoppt scheint. Deutschland brauche eine exzellente
wissenschaftliche Basis in Grundlagen- und angewandter
Forschung, aus der die Anwender die Ansatzpunkte für
neue Produkte gewinnen. Der neueste Bericht zur
technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands habe
bestätigt, daß deutsche Forschungsergebnisse aus der
Medizin und Pharmazie international zunehmend Bedeutung
finden. "Wir brauchen aber eine schnelle Umsetzung
wissenschaftlicher Erkenntnisse und Ideen in Produkte und
Verfahren", so der Minister.
Schmoldt: Kassen setzen falsche Prioritäten
"Unser Gesundheitswesen krankt nicht daran,
daß insgesamt zu wenig Geld zur Verfügung steht. Die
Probleme liegen in unwirtschaftlichen Strukturen und
falsch gesetzten Prioritäten", erklärte Hubertus
Schmoldt, Vorsitzender der Industriegewerkschaft
Chemie-Papier-Keramik in einem Vortrag zum Thema
"Zukunftschance Arzneimittel". Die wichtigste
Aufgabe der Strukturreform im Gesundheitswesen sei es,
dafür zu sorgen, daß die vorhandenen Mittel
zielgerichteter und wirtschaftlicher eingesetzt werden.
Eine Arzneimittelbudgetierung lehnte Schmoldt
ausdrücklich ab. Sämtliche Elemente des
Gesundheitssystems gehörten auf den Prüfstand, wo die
Frage nach dem Verhältnis zwischen Effizienz und Kosten
zu stellen sei. Kein Bereich dürfe ausgespart bleiben.
Auch die Ausbildung und das Selbstverständnis der
Ärzteschaft müsse hinterfragt werden.
PZ-Artikel von Gisela Stieve, Bonn
Dr. Horst
Freisler neuer VFA-Vorsitzender
Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA)
hat einen neuen Vorsitzenden. Dr. Horst Freisler,
Vorsitzender des Vorstandes der Gödecke AG Freiburg hat
jetzt die Nachfolge von Dr. Karl-Gerhard Seifert
angetreten. Freisler war seit Gründung des VFA
stellvertretender Vorsitzender. Dr. Gerald Möller,
Präsident und Chief Executive Officer der Boehringer
Mannheim-Gruppe und Aufsichtsratsvorsitzender von
Boehringer Mannheim, hat die Position des stellvertrenden
Vorsitzenden übernommen. Die VFA-Mitgliederversammlung
wählte Patrick Schwarz-Schütte, Vorstandsvorsitzender
der Schwarz Pharma AG, neu in den Vorstand, da Dr. Rolf
Kramer, Asta Medica, im Februar in den Ruhestand tritt.
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