Psoriasis bleibt vorerst unheilbar |
08.10.2001 00:00 Uhr |
Die Psoriasis gehört mit drei Prozent Prävalenz zu den häufigsten Hauterkrankungen in der Bevölkerung, erläuterte Professor Dr. Klaus Müller vom Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Charakterisiert ist die Krankheit durch die plaqueartigen Erytheme, die mit silbrig glänzenden Schuppen bedeckt sind. Die Schuppenbildung wird primär durch eine anomale Vermehrung der Keratinozyten verursacht. Prädilektionsstellen sind in erster Linie Ellenbogen, Kreuzbeinregion, behaarter Kopf und Nägel.
Müller betonte, dass es sich bei der Psoriasis nicht um eine Infektionskrankheit handelt und dass sie nicht ansteckend ist. Trotzdem leiden die Psoriasiskranken unter einer gesellschaftlichen Stigmatisierung. Neben der Psoriasis vulgaris, die 95 Prozent ausmacht, gibt es Sonderformen wie Psoriasis erythrodermica, bei der die gesamte Haut befallen ist. Psoriasis pustulosa ist durch stecknadelgroße Pusteln charakterisiert, und bei der Psoriasis arthropathica kommt es zu hartnäckigen Gelenkentzündungen.
In Hinblick auf den Krankheitsbeginn und die genetische Disposition werden zwei Typen unterschieden: Typ I, der erstmals im frühen Erwachsenenalter (16 bis 20 Jahre) auftritt und genetisch disponiert ist, und Typ II mit einem Häufigkeitsgipfel bei 55 bis 60 Jahren, der leichte Verläufe zeigt und von exogenen Faktoren abhängig ist.
Die Pathogenese ist nach Ansicht des Referenten noch nicht völlig geklärt. Die zentrale Rolle spielen immunologische Prozesse, die äußerst komplex sind und an denen eine Vielzahl proinflammatorischer und proliferationsfördernder Mediatoren beteiligt sind. Für das dermale inflammatorische Infiltrat ist die Aktivierung und Akkumulation von Makrophagen, neutrophilen Granulozyten und T-Lymphozyten verantwortlich, die dann Entzündungsmediatoren freisetzen. Die gesteigert proliferierenden Keratinozyten produzieren Botenstoffe wie Adhäsionsmoleküle und Interleukine, die mit den inflammatorischen Zellen interagieren. Nach Aussage des Referenten ist die Psoriasis aber nicht ausschließlich eine Autoimmunerkrankung.
Für die Behandlung steht eine Reihe von Arzneistoffen zur Verfügung. Allerdings sei Psoriasis nicht heilbar, sondern muss lebenslang behandelt werden.
Grundlage der Therapie ist die Pflege der Haut mit Ölbädern und nachfettenden Externa. Nach wie vor werden Saylicylsäure- und Harnstoff-Präparate zur Schuppenlösung eingesetzt. Die wichtigsten Wirkstoffe, die zurzeit bei der Psoriasis extern und intern appliziert werden, sind die Retinoide, die der Referent in drei Generationen einteilte: Vitamin-A-Säure und deren Derivate (Isoretinoin), monoaromatische Retinoide (Etretinat und Acitretin) sowie polyaromatische Retinoide (Tazaroten und Adapalen). Alle diese Stoffe reagieren über den Retinoid-Rezeptor und normalisieren die Differenzierung der Zellen.
Die am zweit häufigsten eingesetzte Stoffgruppe sind die Vitamin-D-Derivate Calcipotriol und Tacalcitol, die ebenfalls antiproliferativ wirken und auch die Zelldifferenzierung normalisieren.
Nach Meinung von Müller ist Dithranol nach wie vor der Goldstandard in der Psoriasis-Therapie, allerdings fördert die Verfärbung der Haut und der Wäsche nicht unbedingt die Compliance. Mit Micanol sei inzwischen eine galenische Zubereitung (Mikroverkapselung) auf den Markt gekommen, die den Einsatz erleichtert.
Schließlich wies der Referent noch auf die Foto- und Fotochemotherapie
wie die PUVA-Therapie (Psoralene plus UV) hin und erwähnte auch die
neueren Therapieansätze mit Antikörpern wie Infliximab und Etanercept.
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