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08.10.2001 00:00 Uhr |
Resistenzen gegen Mikroorganismen nehmen in Deutschland weiter zu. Betroffen sind nicht nur Antibiotika, sondern auch antimykotisch wirksame Präparate. Schuld an der Misere sind mitunter die Ärzte, die die Medikamente nicht zielgenau einsetzen, sagte Professor Dr. Matthias Trautmann, Abteilung für Medizinische Mikrobiologie am Universitätsklinikum Ulm.
Bei den resistenten Pilzen stehen Candida-Arten ganz vorne. Vor allem bei Schwerstkranken greifen Krankenhausmediziner zu schnell zu Azolderivaten. Die Uniklinik Ulm hat untersucht, warum dies so ist:
Rund 5 Prozent der Patienten auf einer Intensivstation werden mit Fluconazol behandelt. Tatsächlich leiden jedoch nur 0,3 Prozent an einer invasiven Candida-Infektion. Das krasse Missverhältnis geht nach Trautmanns Erkenntnissen vor allem auf das Konto unerfahrener Ärzte. Freitags, wenn der Wochenenddienst beginnt, verordnen sie Intensiv-Patienten mit positivem Candida-Befund Fluconazol, unabhängig vom Schweregrad der Infektion, so das Ergebnis der Ulmer Untersuchung. Aus Furcht vor Konsequenzen fragen sie am Wochenende nicht beim Oberarzt nach. Da sie sich auch nicht sicher sind, ob die Therapie tatsächlich notwendig ist, therapieren sie häufig mit 400 statt 800 mg; zu wenig, um den Keim aus den Atmwegen zu vertreiben, aber ausreichend um Resistenzen entstehen zu lassen. Frühestens am Montag werde die Therapie dann hinterfragt, oft geschehe aber auch das nicht.
Das Klinikum Ulm hat jetzt darauf mit einer Art Beschäftigungstherapie für den Wochenenddienst reagiert. Erst wenn der diensthabende Arzt in mehreren Tests die Infektion und ihren Schweregrad bestimmt hat, darf er das Antimykotikum verordnen. Laut Trautmann ist diese Regelung höchst erfolgreich, denn "der Arzt ist beschäftigt und kommt nicht auf dumme Gedanken. Wenn er seinen Plan abgearbeitet hat, ist das Wochenende vorbei. Anhand der Ergebnisse und zusammen mit einem erfahrenen Arzt kann dann über die Therapie entschieden werden."
Bei den Bakterien bereiten den Krankenhäusern Staphylococcus aureus, Enterokokken, Enterobakterien und Pseudomonas aeruginosa die größten Probleme. Die Rate der Methicillin-Resistenz liege bei Staphylokokken laut Trautmann bei 15,2 Prozent. Aber auch Aminoglykoside und Makrolide verlieren langsam ihre Wirksamkeit gegen den Erreger.
Bei Pseudomonas aeruginosa habe vor allem der unkritische Einsatz von Carbapenemen zu Resistenzen geführt. Die Rate liegt heute bei 25 Prozent, sagte Trautmann. Hinzu kommt, dass auch b-Lactame und Chinolone immer seltener gegen Pseudomonas wirken. Chinolone werden mittlerweile auch bei Enterobakterien immer uneffektiver. Rund 15 Prozent der Bakterien kann die Substanz nichts mehr anhaben. Verursacht wurden die Resistenzen durch den langfristigen peroralen Einsatz von Ciprofloxacin, Ofloxacin und Levofloxacin.
In der Ambulanz seien Resistenzen am besten zu vermeiden, wenn der Arzneimittelverbrauch strikt kontrolliert werde, sagte Trautmann. Die Rezeptpflicht für Antibiotika habe sich in Deutschland bestens bewährt. Im Vergleich zu südeuropäischen Staaten wie Italien und vor allem Spanien ist die Situation weniger problematisch.
Jetzt sollte darauf geachtet werden, dass die Präparate streng nach dem vorgeschriebenen Therapieschema eingenommen werden. Den Apothekern falle hierbei die wichtige Aufgabe zu, den Patienten dazu zu motivieren, die Präparate so lange wie angegeben und in der richtigen Dosierung einzunehmen, auch wenn Symptome wie Fieber und Schmerzen bereits nachgelassen haben.
Die Ärzte sollten vor allem die stark wirksamen Substanzen wie Roxithromycin und Clarithromycin zur Therapie von Atemwegsinfektionen geben. Vom neuen Makrolid Telithromycin verspricht sich Trautmann eine Verbesserung der Resistenzsituation. Das Ketolid habe bei In-vitro-Untersuchungen sehr wenige Resistenzen induziert. Die Substanz ist bei bakteriellen Atemwegsinfektionen indiziert. Ein weiteres Präparat, dass sich in dieser Indikation bewährt habe, sei Moxifloxacin.
Zudem lassen sich Resistenzen im ambulanten Bereich durch eine
konsequente Impfung älterer Menschen gegen Pneumokokken vermeiden. Wenn
dadurch Infektionen zurückgedrängt würden, sei auch mit einem Rückgang
der Resistenzen zu rechnen..
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