Prävention ist die wichtigste Therapie |
07.10.2002 00:00 Uhr |
„Beim Schlaganfall geht es im Gegensatz zum Myokardinfarkt nicht um hopp oder top. Die Patienten leiden unter drastischen Einschränkungen ihrer Lebensqualität.“ Die Prävention sei daher die wichtigste Therapie, erklärte Privatdozent Dr. Martin Eicke von der Universitätsklinik Mainz.
Fast 90 Prozent aller Schlaganfälle sind die Folge von Minderdurchblutungen der Arterien im Gehirn. Blutungen lösen dagegen eher selten den Hirninfarkt aus. Ischämien gehen meist auf eine Arteriosklerose der großen Hirngefäße, Mikroangiopathien oder kardiogene Embolien zurück. Aber auch Vorhofflimmern kann zu einem Schlaganfall führen. Als Risikofaktoren nannte Eicke männliches Geschlecht, Lebensalter, Bluthochdruck, hohe Lipidwerte, Diabetes und Rauchen.
Die ersten Stunden nach einem Hirninfarkt entscheiden maßgeblich über das weitere Schicksal der Patienten, so Eicke. Denn nur innerhalb dieser Zeit könne relativ sicher lysiert werden. Eine gute Infrastruktur in der Klinik und das gute Zusammenspiel zwischen Rettungsdienst und Krankenhauspersonal seien elementar. In Mainz entwickelte man deshalb das so genannte Stroke-unit-Konzept. Speziell geschultes Rettungspersonal betreut den Schlaganfallpatienten von Anfang an. In der Klinik garantiert eine separate Station die engmaschige Überwachung. „Wir behandeln seit der Einführung des Konzepts zwar mehr Patienten, aber unsere Liegezeiten haben sich dadurch verkürzt“, resümierte der Mediziner.
Zur Thrombolyse stehe laut Eicke derzeit nur der rekombinante Plasminogenaktivator (rt-PA) zur Verfügung. Allerdings sei die Therapie nur dann Erfolg versprechend, wenn die relativ kostenintensive Lyse innerhalb von drei Stunden nach dem Schlaganfall eingeleitet wird. Für Heparine oder Acetylsalicylsäure gebe es kaum gesicherte Daten. Als problematisch stufte der Experte die Kontraindikation von rt-PA bei paralleler Einnahme von Thrombozyten-Aggregationshemmern ein. Viele Kliniken setzten sich über die Gegenanzeigen hinweg, da fast alle Patienten, die mit einem Schlaganfall eingeliefert werden, prophylaktisch Acetylsalicylsäure eingenommen haben.
In der Sekundärprävention steht die Blutdrucksenkung an erster Stelle. In der Progress-Studie konnte die Kombination von ACE-Hemmern und Diuretika das Risiko für einen erneuten Schlaganfall deutlich senken. Weniger aussagekräftige Daten liegen laut Eicke für die Lipidsenker vor. Mit Hilfe der Statine könnte zwar die Bildung von Plaques eingedämmt werden, jedoch seien die Effekte an den für Schlaganfälle verantwortlichen Gefäßen weniger ausgeprägt. Unter den Thrombozyten-Aggregationshemmern verspricht neben Clopidogrel die Kombination aus ASS und Dipyridamol den besten Schutz. Der Mediziner bezifferte die Risikoreduktion auf circa 30 bis 35 Prozent. Studien mit einer Kombination aus Clopidogrel und ASS laufen noch.
In einer Subgruppenanalyse der Caprie-Studie profitierten vor allem Patienten mit koronarem Bypass von Clopidogrel. Statistisch betrachtet müssen 15 Risikopatienten nach einem Hirninfarkt mit dem relativ teuren Arzneistoff behandelt werden, um einen erneuten Schlaganfall zu verhindern.
Inzwischen stehen auch operative Verfahren zur Verfügung. Seit kurzem können Mediziner sogar einen Stent in die verschlossenen Gefäße setzen. Noch fehlten aber ausreichende Erfahrungen. Die Mainzer Wissenschaftler arbeiten zudem an einem anderen Therapieansatz. Sie versuchen, die medikamentöse Lyse mit Hilfe eines externen Ultraschall zu beschleunigen. So könnte in Zukunft eventuell die Dosis des rekombinanten Plasminogenaktivators reduziert werden. Das spart nicht nur Geld, sondern senkt auch die Nebenwirkungsrate.
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