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Studie zur adjuvanten Therapie mit Herceptin läuft an

15.10.2001  00:00 Uhr

Studie zur adjuvanten Therapie mit Herceptin läuft an

von Ulrike Wagner, Frankfurt am Main

Der monoklonale Antikörper Trastuzumab (Herceptin®) wird nun auch in der Therapie von Brustkrebs-Patientinnen erprobt, bei denen der Tumor noch keine Metastasen gebildet hat. Dazu hat Hoffmann-La Roche unter dem Namen Hera (Herceptin® Adjuvant Trial) eine Studie initiiert, für die ab November die ersten Patientinnen rekrutiert werden sollen. Beteiligte Wissenschaftler stellten das Studienkonzept bei einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main vor.

Herceptin ist bislang nur für die Therapie des metastasierten Mammakarzinoms bei Patientinnen zugelassen, deren Tumorzellen die Tyrosinkinase HER-2/neu-überexprimieren. Schätzungen gehen von insgesamt 20 bis 30 Prozent der Brustkrebspatientinnen aus, bei denen dieses Kriterium zutrifft. Die Frauen haben eine außerordentlich schlechte Prognose. HER-2/neu exprimierende Tumorzellen wachsen sehr aggressiv und bilden rasch Metastasen. Bei metastasierten Mammakarzinomen hatte der Antikörper das Überleben von 20,3 Monaten auf 25,1 Monate verlängert (Chemotherapie versus Chemotherapie plus Trastuzumab).

Hera soll nun zeigen, ob Herceptin das Auftreten von Metastasen bei Patientinnen mit einem HER-2/neu-positiven Primärtumor verhindern oder verzögern kann. Dazu sollen die Frauen den Antikörper zusätzlich zur adjuvanten Standardtherapie erhalten.

Die adjuvante Therapie soll noch im Körper vorhandene Tumorzellen (minimal residual disease = MRD) unschädlich machen und ein Fortschreiten der Erkrankung verhindern. 85 bis 90 Prozent der Patientinnen, bei denen ein Mammakarzinom diagnostiziert wird, das noch keine Metastasen gebildet hat, erhalten diese Therapie. Bislang werden hierfür Zytostatika, antihormonell wirksame Substanzen beziehungsweise Bestrahlungen eingesetzt. Bei der neoadjuvanten Therapie erfolgt die Behandlung bevor der Primärtumor entfernt wird, um die Tumorgröße zu reduzieren.

Zumindest theoretisch macht der adjuvante Einsatz des Antikörpers Sinn. In präklinischen Versuchen hatte sich gezeigt, dass man mit einer konventionellen Chemotherapie nichts gegen "dormant cells" - schlafende Tumorzellen - ausrichten kann. Diese Zellen teilen sich nicht, können aber zu einem späteren Zeitpunkt Metastasen bilden. Im Gegensatz zu Zytostatika spüren Antikörper diese Zellen auf und leiten ihre Zerstörung ein, erklärte Professor Dr. Christoph Thomssen vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Insgesamt sollen 3216 Patientinnen in die neue Studie aufgenommen werden. Die Rekrutierung dauert voraussichtlich vier Jahre. Voraussetzung für die Aufnahme ist eine abgeschlossene Primärtherapie, das heißt Operation, neoadjuvante beziehungsweise adjuvante Chemotherapie und gegebenenfalls adjuvante Radiotherapie. Die Zellen des Primärtumors müssen HER-2/neu in großen Mengen exprimieren. Das muss zunächst der behandelnde Arzt nachweisen. Der entsprechende Test wird seit Anfang Oktober von den Krankenkassen übernommen. Um die molekulare Diagnose abzusichern, werden die Tumorzellen ein zweites Mal in einem Referenzlabor in Kassel untersucht.

Die aufgenommenen Patientinnen werden in drei Gruppen randomisiert, eine Gruppe erhält die derzeitige Standardtherapie und wird beobachtet. Die Patientinnen der zweiten Gruppe erhalten ein Jahr lang alle drei Wochen eine Herceptin-Infusion. Bei der dritten Gruppe wird die Behandlung über zwei Jahre fortgeführt.

Als adjuvante Chemotherapien sind alle konventionellen Regime für die Hera-Studie zugelassen. Das ermögliche die Beteiligung vieler deutscher Studiengruppen, erklärte Dr. Christian Jackisch von der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Münster. Frauen, die keine adjuvante Therapie erhalten, werden nicht in die Studie aufgenommen. Primärer Endpunkt ist das krankheitsfreie Überleben. Zudem soll die Toxizität des Antikörpers geprüft werden, denn bei Frauen mit metastasiertem Mammakarzinom hatte der Antikörper bei ansonsten sehr guter Verträglichkeit in selten Fällen eine kardiotoxische Wirkung, vor allem wenn die Patientinnen zuvor mit Anthrazyklinen behandelt worden waren.

In Deutschland beteiligen sich verschiedene Studiengruppen und insgesamt 86 Kliniken an Hera. Damit hat Deutschland bei der weltweit angelegten Studie die Nase vorn, während es ansonsten in der klinischen Forschung eher auf den hinteren Rängen liegt. Jackisch forderte Patientinnen zur Teilnahme auf. Er präsentierte Daten, die belegen, dass Patienten länger überleben, sobald sie in klinischen Studien behandelt werden. Roche hat eine kostenlose Hotline für Patienten und Ärzte eingerichtet: (08 00) 4 44 66 88. Weitere Details gibt es auch unter www.heratrial.de und www.hera-info.de.

 

Mehr über den Wirkmechanismus und bisherige Studien zu Herceptin finden Sie in PZ 38/01, 6/01, 44/00, 39/00, 13/00, und 46/99. Top

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