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Gewinnen Bakterien die Oberhand?

05.06.2000  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag

PHARMACON MERAN

Gewinnen Bakterien die Oberhand?

von Hartmut Morck, Meran

Inzwischen könne man durchaus von einer Epidemie der Resistenzen in Deutschland sprechen, so das vorweggenommene Fazit von Professor Dr. Matthias Trautmann von der Abteilung für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene am Universitätsklinikum in Ulm.

Insbesondere zwei Erregergruppen in der ambulanten Praxis bereiten zunehmend Resistenzprobleme: die Erreger der Atemwegsinfektionen, wie Pneumokokken, Haemophilus influenza, Moraxella catarrhalis und Staphylokokkus aureus, sowie die Keime der Hautflora. Noch vor zehn Jahren galten die Pneumokokken als uneingeschränkt penicillinsensibel, sagte Trautmann. Auf Grund der Tatsache, dass in Spanien Amoxicillin ohne Rezept erhältlich ist, sind in Spanien bis zu 40 Prozent der Pneumokokkenstämme restistent. Von dort breiteten sie sich über Europa aus: In Frankreich rechnet man mit 20 und in Belgien mit 30 Prozent. In Deutschland liege der Anteil resistenter Pneumokokkenstämme bei circa 7 Prozent.

Da die Resistenz auf einem veränderten penicillinbindenden Protein beruhe, lasse sie sich nicht durch die Zugabe eines ß-Lactamaseinhibitors wie zum Beispiel Clavulansäure ausschalten. Zur Zeit sei der neue Gyrasehemmer Moxifloxacin die wirksamste Substanz gegen penicillinresistente Pneumokokken. Als Konsequenz empfahl der Referent bei Atemwegsinfektionen stets zu einer Resistenztestung gegenüber Penicillin G und Alternativantibiotika.

Ein weiterer Problemkeim sei der Keim Moraxella catarrhalis, der im letzten Jahrzehnt eine zunehmende ß-Lactamaseaktivität zeigte. Fast 90 Prozent der Stämme ließen sich heute nur noch mit ß-lactamasestabilen Oralcephalosporinen, der Amoxicillin-Clavulansäure-Kombination, den Makroliden oder den neuen Chinolonen angehen. Die gleiche Beobachtung mache man inzwischen auch bei Pseudomonas aeruginosa. Auch hier empfahl Trautmann eine Resistenztestung. Bei Haemophilus influenzae sehe es etwas besser aus. Hier beobachte man zur Zeit in Deutschland nur 4 Prozent Ampicillin-resistente Stämme.

Die enorme Zunahme von Resistenzen bei Hautkeimen führt Trautmann auf die gestiegene Anwendung von Gyrasehemmern zurück, die ausgezeichnet in die Haut und den Schweiß eindringen. Dies könne durchaus zu Problemen führen, wenn die Patienten sich einer Operation unterziehen müssten. Dabei könne es, so die Erfahrung des Hygienikers, leicht zu Infektionen mit schwer therapierbaren Erregern kommen.

Ein weiteres Problem sei die Verbreitung von Staphylokokken mit Oxacillinresistenz (MRSA). Darin liege der Grund für die steigenden Zahlen multiresistenter Tuberkukosen. Allein in den USA zähle man 20 Prozent resistente Stämme, in Deutschland im Schnitt nur 5,5 Prozent. In Rußland seien allerdings auf Grund der mangelnden Hygiene mehr als 50 Prozent der Stämme betroffen. Es bleibe abzuwarten, inwieweit die bei einigen europäischen Nachbarn bereits stark vorherrschenden resistenten Atemwegserreger und Hospitalkeime im Rahmen der Europäisierung auch nach Deutschland gelangen. Seit Anfang Mai sei mit der Kombination Quinupristin/Dalfopristin ein wirksames Therapeutikum gegen MRSA eingeführt worden.

Weniger Probleme sieht Trautmann beim Helicobacter pylori, da mit der italienischen Trippeltherapie (Protonenpumpenhemmer, Clarithromycin und Metronidazol) bei nicht vorliegender Resistenz bis zu 95 Prozent der Stämme eradiziert werden können. Diese Rate sinke auf 90 Prozent, wenn 20 Prozent der Keime gegen Metronidazol resistent sind und unter 80 Prozent, wenn 30 Prozent der Keime gegenüber Clarithromycin unsensibel reagieren. Größere Probleme treten erst dann auf, wenn Doppelresistenz vorliege. Dann müsse auf Amoxicillin ausgewichen werden. Bisher gebe es noch keinen Keim weltweit, der gegenüber Amoxicillin Resistenzen entwickelt habe. Top

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