Pharmazeutische Zeitung online

Schlussstrich unter die Salz-Diskussion

22.11.1999  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag

Schlussstrich unter die Salz-Diskussion

Christine Vetter, Düsseldorf

Überschätzt wird offensichtlich die Rolle des Kochsalzkonsums auf die Blutdruckhöhe. So erfolgt die Blutdruckregulation beim Gesunden weitgehend unabhängig vom aktuellen Kochsalzkonsum, beim Hypertoniker ist der Einfluß deutlich geringer als allgemein angenommen, wie neue Metaanalysen zeigen.

Schon seit mehr als 30 Jahren streiten Salzforscher darüber, ob Kochsalz den Blutdruck in die Höhe treibt oder nicht. Klarheit schaffen zwei neue Metaanalysen, in welchen die verfügbaren Studiendaten unter die Lupe genommen wurden. Die erste stammt von kanadischen Wissenschaftlern und umfasst 28 Studien mit Gesunden sowie 28 mit Hypertonikern, bei denen die Auswirkungen einer strikten kochsalzarmen Diät auf den Blutdruck gemessen wurden. Das Ergebnis war enttäuschend: Bei Hypertonikern sank der Blutdruck im Mittel um 3,7 mm Hg systolisch und nur um 0,9 mm Hg diastolisch, berichtete Professor Dr. Tilman Drüeke aus Paris bei einem Pressegespräch während der Medica in Düsseldorf. Bei Gesunden zeigte sich praktisch kein Effekt, der Blutdruck sank im Durchschnitt um 1/0,1 mm Hg.

Dieses Resultat wird laut Drüeke durch eine noch größer angelegte Metaanalyse skandinavischer Forscher bestätigt. Die analysierten 114 Studien; 56 davon mit Normotonikern und 58 mit Hypertonikern. Auch in dieser Metaanalyse hatte die Kochsalzrestriktion kaum Auswirkungen: Bei Hypertonikern sank der Blutdruck um 3,9/1,9 mm Hg, bei Gesunden um nur 1,2/0,3 mm Hg. "Es sollte endlich ein Schlussstrich unter die Salzdiskussion gezogen werden", forderte Drüeke.

Er hält einen Behandlungsversuch mit einer moderater Salzeinschränkung bei Hypertonikern für gerechtfertigt. Viel versprechen sollte man sich davon aber nicht und lieber mit Medikamenten therapieren, wenn der Blutdruck nicht wie gewünscht sinkt.

Keine Berechtigung gibt es laut Drüeke für Empfehlungen an die Bevölkerung, mit dem Salz sparsam umzugehen. Das hat mehrere Gründe: Zum einen gibt es keine stichhaltigen Hinweise darauf, dass sich so Bluthochdruck vorbeugen ließe, und zum anderen liegt der mittlere Salzkonsum mit durchschnittlich 7 bis 9 Gramm täglich hierzulande im normalen Bereich.

Zudem sei nicht bekannt, ob eine starke Salzrestriktion nicht auch negative Folgen für die Gesundheit habe, sagte Drüeke. Denn einerseits fehlen Langzeitstudien zur Sicherheit einer solchen Maßnahme, andererseits hat die Salzrestriktion durchaus auch Nebenwirkungen, wie leichtere Ermüdbarkeit, Konzentrationsstörungen, Erektionsstörungen und eine verminderte Stressresistenz; Effekte, die vor allem älteren Menschen zu schaffen machen. Es gäbe auch Hinweise aus amerikanischen Studien, dass eine starke Salzeinschränkung bei Hypertonikern möglicherweise mit einem erhöhten Infarktrisiko assoziiert ist. Diese Hypothese bedarf allerdings noch der Bestätigung. "Doch sollte man mit allgemeinen Empfehlungen zunächst vorsichtig sein", mahnte der Salzforscher.

Interessant ist die Beziehung zwischen Salzkonsum und Blutdruckhöhe allerdings bei salzsensitiven Menschen, also all jenen, die tatsächlich mit Blutdruckschwankungen auf eine Salzrestriktion reagieren. Die Salzsensitivität scheint genetisch determiniert zu sein, wobei salzsensitive Menschen offenbar ein erhöhtes Risiko haben, eine Hypertonie zu entwickeln, sagte Dr. Ulrike Schorr-Neufing aus Berlin. Auch als Normotoniker zeigen sie Reaktionen wie gesteigerte Gefäßreagibilität, Zeichen einer Insulinresistenz und einen erhöhten Blutdruckanstieg bei Stress, Diese Effekte sind eigentlich für Hypertoniker typisch.

Die Salzsensitivität könnte deshalb eine Art Frühform der Hypertonie darstellen, spekulierte Schorr-Neufing. Den Wissenschaftlern selbst dient sie als Modell zur Erforschung des Bluthochdrucks und seines genetischen Hintergrunds. Top

© 1999 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa