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Bisphosphonat nur einmal im Monat

12.09.2005  00:00 Uhr

Bisphosphonat nur einmal im Monat

von Conny Becker, Berlin

Für Ibandronat erwarten die Hersteller in den nächsten Tagen die Zulassung einer Monatstablette. Von ihr versprechen sie sich eine höhere Compliance der Patienten und damit einen größeren Therapieerfolg bei Osteoporose.

»Nüchtern, in aufrechter Haltung, mindestens 30 Minuten vor dem Essen!« Müssen Patienten bei der Arzneimitteleinnahme strikte Regeln einhalten, leidet zwangsläufig die Compliance. Diese ist aber in der Osteoporosetherapie besonders wichtig, da sie mit Knochendichte und Frakturrate korreliert. In klinischen Studien können intensive Aufklärung und enges Monitoring die Therapietreue von Patientinnen mit Osteoporose zwar bei 80 bis 90 Prozent halten. »In der Praxis hingegen brechen 50 Prozent die Behandlung innerhalb eines Jahres ab«, sagte Privatdozent Dr. Peymann Hadji, Marburg, auf einer gemeinsamen Veranstaltung von GlaxoSmithKline und Roche.

Ein Grund dafür sei Untersuchungen zufolge die Komplexität der Einnahme. Eine größeres Einnahmeintervall könne hier die Compliance erhöhen, so der Gynäkologe. Dafür spricht auch die IMS MediPlus Studie, in der Frauen, die erstmals entweder täglich 10 mg oder wöchentlich 70 mg Alendronat erhielten, ein Jahr lang beobachtet wurden: Unter dem täglichen Regime nahmen nach einem Jahr nur 27,8 Prozent der Frauen das Bisphosphonat noch ein, unter wöchentlicher Therapie waren es 46,5 Prozent, was jedoch aus ärztlicher Sicht noch nicht als gut bezeichnet werden könne. Laut einer Untersuchung, die in zwei Wochen auf der Jahrestagung der American Society for Bone and Mineral Research vorgestellt wird, konnte jedoch eine monatliche Gabe von Ibandronat die Compliance auf rund 70 Prozent gegenüber einer wöchentlichen Alendronatgabe signifikant steigern.

Eine monatliche Gabe muss sich jedoch nicht nur als therapiefreundlich, sondern auch als wirksam und verträglich erweisen. Dazu starteten die beiden Unternehmen die randomisierte doppelblinde multizentrische Vergleichsstudie MOBILE (Monthly Oral IBandronat In Ladies), in der der Knochendichtezuwachs bei drei monatlichen mit der täglichen Gabe von Ibandronat verglichen wurde. Sie ist eine der Studien für die Zulassung der Monatstablette mit 150 mg Ibandronat (Bonviva®), die innerhalb der nächsten Woche erwartet wird.

Da bei einer vorhandenen effektiven Therapie aus ethischen Gründen placebokontrollierte Frakturstudien nicht vertretbar seien, müsse man sich des Bridgings, einem Übertragen des Effekts, bedienen, erklärte Professor Dr. Dieter Felsenberg von der Berliner Charité. So wurde 2004 in der BONE-Studie gezeigt, dass die tägliche Einnahme von Ibandronat das Risiko für Wirbelkörperfrakturen nach drei Jahren gegenüber Placebo um 62 Prozent reduzieren konnte. Hier wurde zudem erstmals nachgewiesen, dass auch eine Intervalltherapie die Frakturraten signifikant und zwar auf die Hälfte senken kann (dritter Studienarm: 12 Dosen 20 mg Ibandronat jeden zweiten Tag, gefolgt von einem zweimonatigen einnahmefreien Intervall). Dabei lag das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil, auch hinsichtlich gastrointestinaler Nebenwirkungen, auf Placeboniveau.

Monatlich effektiver als täglich

Die MOBILE-Studie verglich nun den Knochendichtezuwachs bei täglich 2,5 mg Ibandronat mit dem Effekt von monatlich 150 mg, 100 mg beziehungsweise 100 mg Substanz aufgeteilt auf zwei Einzeldosen an aufeinander folgenden Tagen. Zusätzlich erhielten die Patientinnen gemäß den Leitlinien Calcium und Vitamin D. Behandelt wurden 1609 Frauen mit postmenopausaler Osteoporose, genauer einer Knochendichte an der Lendenwirbelsäule von kleiner -2,5 Standardabweichungen (T-Score). Primärer Studienendpunkt war die relative Änderung der LWS-Knochendichte nach einem Jahr; als sekundäre Endpunkte galten die Änderung nach zwei Jahren, der Effekt auf den CTX-Wert im Serum sowie die Änderung der Knochendichte an Hüfte, Trochanter und Schenkelhals.

Bereits nach einem Jahr zeigte sich, dass die monatliche Gabe nicht nur nicht unterlegen war (was es zu beweisen galt), sondern in der 150-mg-Dosierung die Knochendichte sogar signifikant stärker steigerte (um 4,9 Prozent gegenüber 3,9 Prozent bei täglicher Gabe). Auch an der Hüfte schnitt das monatliche Regime nach 12 und 24 Monaten deutlich besser ab. Nach zwei Jahren sprachen insgesamt 93,5 Prozent in der 150-mg-Gruppe auf die Behandlung an (tägliche Gabe: 86,4 Prozent). Dabei sank der CTX-Wert (C-terminal-Telopeptid-Vernetzungen) im Serum, ein Marker des Knochenmetabolismus, nicht auf null, sondern pendelte sich auf prämenopausale Werte ein, so Felsenberg. Das bedeutet, die Anpassungsfunktion des Knochens bleibt bei der Therapie erhalten.

 

Ösophagus schützen Das Risiko für eine Reizung der Ösophagusschleimhaut ist bei der höher dosierten Tablette nicht per se höher als bei der 2,5-mg-Dosierung, so Felsenberg. Selbst wenn sie mal in der Speiseröhre stecken bleiben sollte, müsse sie keinen Schaden anrichten. Denn die Reizung erfolgt nur, wenn der pH-Wert von 3,5 deutlich unterschritten wird. Dies ist der eigentliche Grund, warum sich die Patienten nicht hinlegen sollen, denn dadurch erhöhen sie die Wahrscheinlichkeit für einen Reflux. Aus demselben Grund sollten die Patienten auch ein volles Glas Leitungswasser trinken und kein kohlensäurehaltiges Mineralwasser, das überdies bei hohem Calciumgehalt die Resorption beeinflussen kann.

 

Nebenwirkungen traten unter den monatlichen Regimen nicht häufiger auf als bei der gängigen Dosierung, deren Sicherheitsprofil in früheren Studien (BONE) mit Placebo vergleichbar war. Wenn die Compliance der Patienten auf Grund der täglichen Einnahmezeremonie leidet, könnte die neue Applikationsform künftig eine willkommene Alternative sein. Generell sollte jedoch individuell mit den Angehörigen zusammen nach der passenden Therapie gesucht werden. Zur Erinnerung an die seltene Einnahme könnten laut Hadji auch Telefonanrufe, Briefe oder eine E-Mail-Benachrichtigung der Apotheke dienen. Sollte der Patient einmal eine Tablette vergessen, sei dies aber kein Grund zur Sorge. So müsse sie nicht streng an dem berechneten Tag eingenommen werden: »Eine Woche vorher oder nachher ist auch möglich und hat keine Auswirkung auf die Frakturrate«, so Felsenberg. Bis zu drei Wochen sollten Patienten eine versäumte Einnahme nachholen und dann mit einen neuen Rhythmus starten. Im Zweifelsfall sei die Therapie auch nicht gefährdet, wenn zwei Tabletten pro Jahr vergessen würden. Top

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