Pharmazeutische Zeitung online

Herausforderung Europa

21.05.2001  00:00 Uhr

PHARMACON MERAN

Herausforderung Europa

von Ulrich Brunner, Brigitte M. Gensthaler und Hartmut Morck, Meran

Die Europäische Gemeinschaft steht vor großen Herausforderungen. Zehn weitere Nationen hoffen auf ihre baldige Aufnahme in den Staatenbund. Daneben muss die Union in den nächsten Jahren wichtige rechts- und verfassungspolitische Weichen stellen. "Europa im Wandel": Thema des diesjährigen Festvortrags von Professor Dr. Rupert Scholz.

Seit ihren Anfängen vor 40 Jahren hat sich die Europäische Union (EU) immer stärker institutionell verfestigt. Heute sei diese inzwischen weit entwickelte politische Union gelebter Alltag für ihre Bürger, analysierte der Vorsitzende des Rechtsausschuss im Deutschen Bundestag. Inzwischen stehen die Osterweiterung sowie der Weg zu einer gemeinsamen Verfassung im Mittelpunkt der Europapolitik.

Als kühnen Wunsch bezeichnete Scholz die Äußerungen von Bundeskanzler Gerhardt Schröder, die geplante EU-Erweiterung sei bis 2004 realisierbar. Das vom bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber prognostizierte Jahr 2007 sei wesentlich realistischer. Zwar seien Stimmverhältnisse und Fragen zur Rechtsstaatlichkeit längst geklärt. Scholz sieht bei den osteuropäischen Staaten aber noch große wirtschaftliche Defizite. Als Aufnahmekriterium gelte eine wettbewerbsfähige Marktwirtschaft. Hier habe man zwar schon viel Aufbauarbeit geleistet, es fehlten aber noch gigantische Investitionssummen. Den Kandidaten fehle der "reiche Bruder", wie es seinerzeit die Bundesrepublik für Ostdeutschland gewesen sei.

Scholz verdeutlichte diesen Sachverhalt mit einigen Zahlen: Dem Haushalt der gesamten EU mit 90 Millionen Euro stehen alleine für Polen erwartete Subventionen von 10 Millionen Euro gegenüber. Die Bevölkerungszahl der EU würde durch die Erweiterung um 28 Prozent steigen, und zwar ohne den Beitritt der Türkei. Und auch die Agrarsubventionen, die schon heute 45 Prozent des EU-Haushalts ausmachen, würden die Union vor große Probleme stellen , da die osteuropäischen Staaten wesentlich stärker landwirtschaftlich geprägt sind und daher auf hohe Subventionen hoffen.

Zudem sei der soziale Status der Bürger in Ost und West noch lange nicht vergleichbar. Während ein ostpolnischer Stahlarbeiter im Schnitt 2,70 DM pro Stunde verdiene, liege das Lohnniveau in München derzeit bei 78 DM. Dieses gravierende Lohngefälle sorgt laut Scholz für große Migrationsströme und gefährdet damit den Arbeitsmarkt.

Das Lohngefälle habe man aber auch seinerzeit zum Beispiel zwischen Portugal und der Bundesrepublik durch mehrjährige Übergangsfristen regulieren müssen, schränkte er ein. Diese Fristen müssten auch bei der Osterweiterung eingeräumt werden.

"Dennoch darf die EU sich auf Dauer nicht auf Westeuropa begrenzen", so der Volkwirtschaftsprofessor. Europa bleibe im Zuge der weltweiten Globalisierung gar keine andere Wahl, als weiter zu wachsen. "Die Zeiten der Kleinstaaterei sind vorbei, heute ist offene Integrationspolitik gefragt."

Zwischen Staatenbund und Bundesstaat

Im zweiten Teil seiner Ausführungen analysierte der Festredner die rechts- und verfassungspolitischen Strukturen der EU. Die Union habe zwar noch lange nicht den Status eines eigenständigen Staates, aber in wirtschaftlichen und rechtlichen Belangen oder zum Beispiel bei Fragen zum Umweltschutz habe man immer mehr Instrumente mit einer eigenstaatlichen Qualität etablieren können. Die Zuständigkeiten in der EU seien allerdings noch immer völkerrechtlich begründet, und es fehle eine Form der staatlichen Legitimation. Gerade in der Legislative attestierte Scholz der Union noch erhebliche Defizite. Er charakterisierte die EU weder als Staat noch Bundesstaat, sondern vielmehr als eine "zwischenstaatliche Vereinigung" . Die vom Bundesverfassungsgericht stammende Wortschöpfung "Staatenverbund" umschreibe "plastisch die für die Union typische Situation.

Als Rechtsstaat müsse die EU zudem dringend gemeinsame Grundrechte verankern. Die beim letzten EU-Gipfel in Nizza von den Mitgliedsländern "zu Kenntnis genommene" Grundrechte-Charta sei ein "wichtiger Katalog mit eminenter verfassungspolitischer Bedeutung". Als entscheidende Herausforderung der nächsten Jahre bezeichnete der Festredner einen europäischen Verfassungsvertrag. Top

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