Wasserstoffperoxid eliminierte Impfantigene |
17.12.2001 00:00 Uhr |
von Ulrich Brunner, Eschborn
In den letzten Tagen ist eine der größten Rückrufaktionen für ein Arzneimittel in Deutschland angelaufen, nachdem Aventis Pasteur MSD bei Stabilitätsuntersuchungen einen Wirkungsverlust ihrer Hepatitis-A-Impfstoffe entdeckt hatte. Inzwischen hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Freigabe für sämtliche Chargen der Präparate Vaqta® und Vaqta® K pro infantibus widerrufen.
Noch ist unklar, wie viele Impfdosen betroffen sind. Seit Einführung der Vakzine 1996 wurde dem Pharmaunternehmen nach eigenen Angaben jedoch noch kein Impfversagen gemeldet. Dennoch ruft Aventis Pasteur MSD sämtliche im Handel befindliche Packungen Vaqta® und Vaqta® K pro infantibus zurück. Dazu ging am 4. Dezember ein Rote-Hand-Brief an alle Apotheker und Ärzte (siehe Rubrik AMK). Der Hersteller empfiehlt zudem allen Patienten, die bislang nur eine Dosis des Impfstoffs erhalten haben, sich erneut zweimal impfen zu lassen. Diejenigen, die bereits zweimal mit Vaqta oder Vaqta K immunisiert wurden, müssen ihren Impfstatus per Antikörperbestimmung überprüfen lassen.
Inzwischen scheint klar, wie es zu der Produktionspanne in der Abfüllanlage von Aventis Pasteur MSD in London gekommen ist. Beim Abfüllen seien geringe Mengen des zur Desinfektion verwendeten Wasserstoffperoxids in die Fertigspritzen gelangt, berichtet das PEI. Fatalerweise eliminierte der ungewollte Zusatz vermutlich relativ langsam das Impfantigen. Nur so lässt sich erklären, warum die Chargen zunächst vom Paul-Ehrlich-Institut in Langen als wirksam getestet und freigegeben wurden. Der ungewollte Zusatz beeinträchtigt aber nur die Wirksamkeit, zu gesundheitlichen Risiken führt er nicht.
Wie viele mangelhafte Impfdosen ausgeliefert beziehungsweise verabreicht wurden, lässt sich nur schätzen. Nach Angaben des Unternehmens waren vor Beginn der Rückrufaktion zwischen 30.000 und 100.000 Präparate im Umlauf. 500.000 bis eine Millionen Menschen sollen seit 1996 allein in Deutschland einen der beiden Impfstoffe erhalten haben. Genau lässt sich das allerdings nicht prüfen, da die Chargennummer des verabreichten Impfstoffs erst seit kurzem in den Impfpässen der Patienten vermerkt werden muss.
Der finanzielle Schaden für Aventis Pasteur MSD dürfte in die Millionen gehen, denn das Unternehmen ersetzt nicht nur alle unverbrauchten Fertigspritzen, sondern versorgt auch die Patienten mit Ersatzpräparaten, bei denen Nachimpfungen erforderlich sind.
Das PEI rät dazu, zumindest alle Impflinge zu benachrichtigen, die einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind und mit Vaqta geimpft worden sind. Als Risikogruppen gelten Menschen, die in Klärwerken arbeiten, sich berufsbedingt in Ländern aufhalten, in denen das Hepatitis-A-Virus verbreitet ist, sowie Patienten mit Leberschäden oder einem geschwächten Immunsystem.
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