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Kontraindikationen oft nicht beachtet

03.11.2003  00:00 Uhr

PHARMAZIE

Kontraindikationen oft nicht beachtet

 

von Patrick Hollstein, Berlin

Bis zu 25 Prozent aller unerwünschten Arzneimittelwirkungen werden auf Interaktionen zurückgeführt. Um das tatsächliche Ausmaß zu erfassen, haben französische Wissenschaftler das Verordnungsverhalten von Ärzten auf offensichtliche Interaktionen untersucht.

Wissenschaftler der Universität Lille werteten Daten aller Verordnungen aus, die in den nordfranzösischen Departements Nord und Pas de Calais im ersten Quartal des Jahres 1999 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgeben wurden. Insgesamt wurden 5,5 Millionen Verschreibungen von 1,8 Millionen Patienten auf bekannte Wechselwirkungen untersucht (Eur J Clin Pharmacol, Oktober 2003).

Fast 15 000 der ausgewerteten Verordnungen wiesen eine oder mehrere Kontraindikation auf: Dabei handelte es sich bei rund einem Viertel um absolute, bei knapp drei Viertel der Wechselwirkungen um relative Kontraindikationen. Bei einer absoluten Kontraindikation darf das Medikament bei Vorliegen bestimmter medizinischer Gegebenheiten in keinem Fall verabreicht werden. Demgegenüber spricht man von relativer Kontraindikation, wenn die Anwendung unter Abwägung des therapeutischen Nutzens und Risikos für den speziellen Fall erfolgen kann.

Die häufigsten absoluten Kontraindikationen ergaben sich bei der Verschreibung von Antiparkinsonmitteln, Neuroleptika, Migränemitteln, Analgetika, Antibiotika, Antimykotika, Antiarrhythmika und Betablockern. Als Hauptrisiko ergab sich für fast die Hälfte der 8000 betroffenen Patienten eine Verlängerung des QT-Intervalls. Bei den relativen Kontraindikationen standen in 98 Prozent der Fälle Hyperkaliämien im Vordergrund, die sich nach Verordnung von Kalium-sparenden Diuretika ergaben. Die Prävalenz der Kontraindikationen stieg mit zunehmender Polymedikation beziehungsweise Patientenalter.

Insgesamt verschrieben 2500 Ärzte etwa 30.000 Medikamente, zwischen denen Wechselwirkungen bekannt sind. Vor allem Allgemeinmediziner und Psychiater stellten entsprechende Verschreibungen aus. Dies führen die Autoren bei den Hausärzten auf den hohen Anteil älterer Patienten sowie die damit verbundene Polymedikation zurück. Was die Psychiater betrifft, müsse bei Psychopharmaka weitaus häufiger als bei anderen Arzneistoffen mit Wechselwirkungen gerechnet werden.

Selbstmedikation nicht berücksichtigt

Potenzielle Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln unterschiedlicher Verordnungen wurden in der Studie nicht erfasst. Auch der Einfluss der Selbstmedikation blieb unberücksichtigt. Nicht untersucht wurden ferner die tatsächlichen klinischen Auswirkungen der entdeckten Interaktionen.

Den Ergebnissen der Studie zufolge muss jedoch bereits mit drei signifikanten Kontraindikationen pro 1000 Verordnungen gerechnet werden. Bei Extrapolation auf ganz Frankreich ergeben sich jährlich 800 000 Verordnungen, die eine oder mehrere Kontraindikationen enthalten. Überträgt man die Daten auf Deutschland mit 762 Millionen Verordnungen im Jahr 2002, so ist von fast 2,3 Millionen Wechselwirkungen allein auf Grund ärztlicher Fehlverordnung auszugehen.

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