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Eine gute Therapie lohnt sich immer

31.12.2001  00:00 Uhr

PHARMAZIE

DIABETES

Eine gute Therapie lohnt sich immer

 

von Brigitte M. Gensthaler, München

Es lohnt sich in jedem Alter, den Blutzucker gut einzustellen. Auf Grund der höheren Lebenserwartung erleben auch betagte Diabetiker die Phase der Spät- oder Folgeschäden, die innerhalb weniger Jahre auftreten können.

Die Erstmanifestation eines Typ-1-Diabetes bei Menschen über 65 Jahren verläuft meistens foudroyant, erläuterte Professor Dr. Hellmut Mehnert vom Institut für Diabetesforschung am Krankenhaus München-Schwabing bei einem Presseabend in München-Wörnbrunn. Verstärktes Durstgefühl und Polydipsie, aber auch vermehrte Harnausscheidung (Polyurie), Gewichtsverlust, Mattigkeit und Juckreiz zeigen die Stoffwechselstörung an. Anders beim Typ-2-Diabetes: Nur ein Drittel bemerkt die klassische Symptomatik; die meisten Neuerkrankten werden zufällig entdeckt. Bei etwa der Hälfte sind die großen Blutgefäße bei der Erstdiagnose bereits geschädigt.

Ältere Menschen werden zunächst meist mit peroralen Antidiabetika wie Sulfonylharnstoffen (Glibenclamid, Glimepirid), Gliniden (Repaglinid, Nateglinid), Biguaniden (Metformin) oder Insulinsensitizern (Rosiglitazon, Pioglitazon) behandelt. Die Effekte sind begrenzt: Mit einer einzelnen Wirkstoffgruppe könne der HbA1C-Wert maximal um 1 bis 1,5 Prozent gesenkt werden, sagte Dr. Andreas Liebl, Chefarzt des Diabeteszentrums der Fachklinik Bad Heilbrunn. Alle peroralen Antidiabetika haben neben stoffbedingten Nebenwirkungen und Kontraindikationen ein weiteres Problem: Nach vier bis acht Jahren Therapiedauer kommt es zum Sekundärversagen: Blutzucker- und HbA1C-Werte lassen sich nicht mehr befriedigend korrigieren.

Das wirkt sich auf die Lebensqualität aus. "Zu Spätschäden kommt es schneller als man denkt", warnte Liebl. Außerdem scheint ein gut eingestellter Blutzuckerspiegel die geistige Leistungsfähigkeit zu fördern. In einer kleinen nicht publizierten Studie am Krankenhaus München-Bogenhausen mit 32 Typ-2-Diabetikern schnitten die Patienten in neuropsychologischen Tests deutlich besser ab, wenn ihr mittlerer Blutzucker von 195 auf 133 mg/dl gesenkt wurde. Vor allem die Reaktionsgeschwindigkeit und zentrale Informationsverarbeitung nahmen zu.

Von "go-go" bis "no go"

Kontrovers wird mitunter diskutiert, wie weit der "Langzeit-Blutzucker" HbA1C gesenkt werden muss. Bei Menschen im Alter über 75 Jahren sollte auf jeden Fall ein Wert unter 8 Prozent und ein mittlerer Blutzuckerspiegel unter 200 mg/dl angestrebt werden, betonte Liebl. Eine schärfere Einstellung sei günstiger, aber oft nicht zu erreichen oder von Hypoglykämien begleitet, die für alte Menschen ebenfalls massive Tücken bergen. Für die Altersgruppe der 50- bis 75-Jährigen nannte der Diabetologe als Zielmarke einen HbA1C unter 7 Prozent und Blutzuckerwerte unter 150 mg/dl; für jüngere Patienten gelten HbA1C unter 6 Prozent und eine nahezu normoglykämische Einstellung als Zielvorgaben.

Treffender als nach Alter könnten die Patienten als "go-go", "slow go" und "no go" eingeordnet werden. Grundsätzlich gilt: je jünger und aktiver ein Diabetiker, umso normnaher sollte die Zuckereinstellung ausfallen.

Insulin allein oder kombiniert

Sind die Werte mit peroraler Medikation und Basismaßnahmen wie Bewegung oder Diät nicht realisierbar, ist Insulin angesagt. Eine der verbreitetsten Therapien - "aber nicht die beste" - ist die zweimal tägliche Injektion von Mischinsulin. Um Hypoglykämien zu vermeiden, müssen die Patienten ihre Mahlzeiten nach Plan einnehmen und nehmen leicht zu. Trotzdem leiden viele vor dem Mittagessen und nachts an Unterzuckerung. Die Injektion eines kurzwirksamen Insulins zum Essen (prandiale Substitution) erlaubt mehr Freiheit. Allerdings muss der Diabetiker gut geschult sein und seinen Blutzucker selbst messen können, um fehlerfrei zu spritzen. Bei erhöhtem Nüchternblutzucker wird zusätzlich abends ein Verzögerungsinsulin gespritzt.

Gleiches gilt für die Kombinationstherapie aus Insulin abends plus perorale Antidiabetika tagsüber. Dieses Schema eigne sich gut "zum Einstieg in die Insulintherapie", meinte Liebl. NPH-Verzögerungsinsulin wird gegen 22 Uhr gespritzt, Insulin glargin um 18 Uhr. Der morgendliche Blutzuckerspiegel soll unter 120, besser unter 100 mg/dl liegen. Auch hier muss der Diabetiker selbst messen.

Die Dosis lässt sich relativ leicht einstellen. Beginnend mit zehn internationalen Einheiten Insulin wird alle drei bis fünf Tage angepasst. Liegt der Nüchtern-Blutzucker zwischen 120 und 140, erhöht man um zwei Einheiten; zwischen 140 und 180 um vier. Werte über 180 mg/dl erfordern eine Zugabe von sechs oder mehr Einheiten. Insulin glargin ist einfacher zu handhaben als NPH-Insulin und verursacht wenig Hypoglykämien, meinte Liebl. Manche Patienten brauchen jedoch in den frühen Morgenstunden einen höheren Hormonvorrat und kämen daher besser mit NPH-Insulin zurecht.

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