Pharmazeutische Zeitung online

Der Apotheker als Lotse

09.12.2002  00:00 Uhr

Case Management

Der Apotheker als Lotse

von Doris Schmid-Sroka, Augsburg, und Marion Schaefer, Berlin

„Case Management in Apotheken“: So lautet ein wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt in schwäbischen und Oberpfälzer Apotheken. Es ergänzt die Pharmazeutische Betreuung um einen wesentlichen, den sozialen Baustein.

Beim Case Management baut der Apotheker auf seine Kompetenz und das hohe Vertrauen, das Patienten zu ihm haben. Er erweitert seinen pharmazeutischen Blickwinkel und erwirbt soziale Beratungskompetenz. So erfasst er den Patienten in seiner gesamten persönlichen Situation. Ziel ist eine bessere Lebensqualität und Situation des Patienten und dessen engere Bindung an die Apotheke.

Immer mehr Apotheken haben sich in den letzten Jahren der Pharmazeutischen Betreuung zugewandt. Diese verlangt nicht nur angestammtes pharmazeutisches Fachwissen , sondern umfasst auch Gesundheitsdienstleistungen wie die Bestimmung von Blutdruck oder Blutzucker, Ernährungsberatung oder Informationen zu einer gesundheitsbewussten Lebensführung. Apotheker dokumentieren die Beratung und festigen damit ihre Position als kompetente und anerkannte Fachpersonen.

Doch gerade engagierte Apotheker spüren, dass der Mensch infolge seiner Krankheit oft zusätzliche Probleme hat: Einsamkeit, Belastung durch kranke oder pflegebedürftige Familienmitglieder, finanzielle Probleme, Hilflosigkeit im Umgang mit Kassen und Versicherungen. Doch mehr als verständnisvolles Zuhören konnten viele Apotheker bisher kaum leisten.

Die Apotheke als soziales Forum

Die WHO definiert Gesundheit nicht nur als physisches Funktionieren, sondern stellt den psychischen und sozialen Aspekt gleichwertig daneben.

Die Praxis hinkt dieser Definition weit hinterher. Psychisch soziale Elemente und Aspekte einer Krankheit werden meist nicht ernst genommen oder gar nicht erkannt. Psychosoziale Probleme haben jedoch starke Auswirkungen auf die physische Gesundheit. Fragt sich nur, wer für den Patienten die Brücke ins soziale System baut?

Die Pharmazeutische Betreuung bildet eine hervorragende Basis für eine umfassende, ganzheitliche Betreuung des Patienten. Wer dieses Angebot konsequent zu Ende denkt, muss den sozialen Aspekt mit berücksichtigen.

Viele Apotheker verstehen sich als Heilberufler im umfassenden Sinn des Wortes. Viele bieten jetzt schon ein „soziales Forum“ und übernehmen wichtige gesellschaftliche Aufgaben, vor allem für alte und schwer oder chronisch kranke Menschen. Die Patienten kommen nicht nur mit ihrem Rezept in die Apotheke, sondern bringen auch ihre Sorgen und Nöte mit. Die Apotheke ist für sie das, was der Tante-Emma-Laden einst war: vertrauter Ort und Kommunikationszentrum. Rat suchende Patienten erwarten, dass ihre Bedürfnisse verstanden und ihre Anliegen unterstützt werden.

Soziale Begleitung wird in der Apotheke schon immer praktiziert. Eine gute Voraussetzung dafür - neben dem Vertrauen in die Kompetenz des Apothekers - ist die Tatsache, dass die Apotheke eine sehr niederschwellige Anlaufstelle ist und flächendeckend zur Verfügung steht. „Der Apotheker ist auf Grund seines engen Kontaktes zu den Patienten in einer hervorragenden Position, um Hilfestellungen über die klassische Pharmazie hinaus anzubieten - und er muss das auch, wenn er sich zukünftig als Heilberufler behaupten will“ (Zitat Professor Marion Schaefer).

Case Management als Konzept

Wer sich und seine Apotheke als soziales Kompetenzzentrum, als Brücke zwischen Gesundheits- und Sozialsystem etablieren will, muss professionell an diese Aufgabe herangehen. Dafür eignet sich das Konzept des Case Management.

Case Management empfiehlt sich vor allem bei der Betreuung von Menschen mit komplexen Problemen, zum Beispiel bei einer Mutter mit krankem Kind und pflegebedürftigem Großvater oder dem stark fehlsichtigen Rentner mit finanziellen Problemen und Defiziten bei Haushaltsführung und Hygiene. Case Management systematisiert und strukturiert die Betreuung und stellt sicher, dass die Zeit effektiv genutzt wird.

Der Einstieg erfordert zusätzlichen Aufwand, aber diese Zeit „rechnet“ sich, weil viele psychosoziale Probleme nicht immer wieder mit offenem Ausgang geschildert, sondern angegangen und gelöst werden können.

In fünf Schritten vorgehen

Case Management ist eine umfassende Methode, die vielseitige Kompetenzen erfordert. Das heißt nicht, dass die Apotheke zur Sozialstation mutieren und der Apotheker dem Sozialpädagogen Konkurrenz machen soll. Zentrale Aufgabe ist es, dem Patienten Orientierung im komplexen Gesundheits- und Sozialsystem zu geben, ihm Brücken zu bauen zur Beratungsstelle oder zum zuständigen Leistungserbringer.

Klassisches Case Management erfolgt in fünf Stufen. Ein Fallbeispiel macht dies deutlich: Frau M. (68) kommt regelmäßig in die Apotheke. Sie ist Stammkundin und lässt sich fast immer den Blutzucker messen.

Assessment/Einschätzung

Es ist bekannt, dass Frau M. Diabetikerin ist, alleine lebt, eine geringe Rente hat, an einem offenen Bein leidet und nicht gut sieht. Seit zwei Wochen schwanken die Blutzuckerwerte stark. Der Apotheker spricht dieses Problem an und erfährt: Das Laufen fällt ihr schwer, sie verlässt selten die Wohnung und geht selten zum Einkaufen. Durch ihr schlechtes Augenlicht ist die Zubereitung diabetikergerechter Mahlzeiten mühsam. Außerdem ist Frau M. einsam.

Planning/Planung

Wie kann schnell und wirksam geholfen werden? Ziele sind, die Blutzuckerwerte zu stabilisieren, eine diabetesgerechte Ernährung sicher zu stellen, Kontakte gegen Einsamkeit und Unterstützung zu schaffen. Mögliche Hilfen: Arztbesuch, Essen auf Rädern, Blindengeld, Schwerbehindertenausweis, Nachbarschaftshilfe, Pflege, Seniorengruppe, Sozialstation oder vieles andere.

Implementierung/Durchführung

Der Apotheker schlägt verschiedene Möglichkeiten und vermittelt auf Wunsch der Patientin Ansprechpartner, Telefonnummern und Adressen.

Monitoring/Überwachung

Der Apotheker fragt beim folgenden Apothekenbesuch nach, ob Frau M. jetzt besser zurecht kommt. Wenn nein, warum nicht? Welche weitere Unterstützung benötigt sie?

Evaluation/Auswertung

Der Apotheker prüft, ob alles geklappt hat und die Kundin die Empfehlungen angenommen hat. Gegebenenfalls beginnen die Phasen von vorn, wenn ein weiteres Problem angegangen werden soll.

Lotse und Vernetzer im System

Das Beispiel zeigt, wie ein Apotheker eine mehrfach und komplex belastete Patientin betreuen kann. Dabei muss immer berücksichtigt werden, wie leistungsfähig die Person ist und welches Problem vordringlich ist – im Fallbeispiel sicher die Blutzuckerwerte, die aber unmittelbar mit der Ernährung zusammenhängen.

Case Management heißt nicht, den Patienten mit vielen Vorschlägen zu überfordern, sondern mit ihm zu verabreden, was bei realistischer Betrachtung umgesetzt werden kann.

Der „Case-Manager“ wirkt als Lotse im Gesundheits- und Sozialsystem, als Vermittler und Vernetzer. Dazu muss er auf zwei Systemebenen arbeiten: mit dem Patienten und den Leistungsanbietern. Zur Patientenebene zählen die persönlichen Belastungen (Krankheit, Einsamkeit, Probleme im Haushalt) und das Umfeld (Angehörige und Freunde). Auf der Systemebene steht das Gesundheits- und Sozialwesen mit seinen vielfältigen Hilfsangeboten, das für den Patienten aber oft vollkommen undurchschaubar ist.

Wichtig ist, nicht nur das anzubieten, was zur eigenen Profession gehört, sondern auch weitere Kontakte herzustellen, die für den Patienten nützlich sind. Er erhält eine Unterstützung, die individuell auf seine Bedürfnisse und seinen Bedarf zugeschnitten ist. Das ist nur möglich, wenn die erste Phase, die Anamnese, wirklich gründlich und gemeinsam mit dem Patienten ausgeführt wird.

Auch für den Apotheker bringt Case Management Vorteile: Dies ist eine gute Möglichkeit, sich zu profilieren und die wirtschaftliche Zukunft zu sichern. Case Management kann ein wichtiger Beitrag des Berufsstandes zu den Disease-Management-Programmen (DMP) sein, diese sinnvoll ergänzen und funktionsfähig machen. Die erweiterte Beratung - und in der Folge die verbesserte Lebensqualität - steigert die Kundenbindung. Dieses Leistungsangebot kann von unpersönlichen Versand- und Internetapotheken nicht kopiert werden.

Der persönliche Nutzen für den Apotheker lässt sich einfach zusammenfassen: Helfen macht Freude und schafft berufliche Zufriedenheit.

 

Einfach befriedigender Apotheker Ulrich Koczian nimmt mit seiner Linden-Apotheke am Case-Management-Pilotprojekt in Augsburg teil.

PZ:Was ist für Sie der wichtigste Aspekt des Projekts?

Koczian: Wir profitieren ganz stark von der Fortbildung. Es wichtig, überhaupt zu wissen, welche Möglichkeiten es gibt.

PZ: Fragen die Patienten gezielt?

Koczian: Manche mittlerweile schon, denn diese besondere Kompetenz spricht sich herum. Aber das meiste ergibt sich aus dem Gespräch. Früher hat man mit Interesse zugehört und hatte ein gewisses Halbwissen, aber es war wahnsinnig zeitaufwändig, mehr herauszufinden – also blieben die Probleme halt im Raum stehen. Jetzt fallen mir Lösungen im Gespräch ein und ich weiß, wo ich eine schnelle Information herbekomme.

PZ: Ein Beispiel?

Koczian: Eine Mutter erzählte mir nebenher, dass sie jetzt öfter zur Behandlung in die Klinik muss. Früher hätte ich ihr alles Gute gewünscht, jetzt fragte ich sofort: Und was ist mit den Kindern? Tatsächlich hatte sie niemand, der sie unterstützt, und ich konnte ihr empfehlen, bei der Krankenkasse eine Haushaltshilfe zu beantragen.

PZ: Aber das kostet doch Zeit?

Koczian: Es besteht natürlich die Gefahr der Vereinnahmung. Dafür haben wir die Möglichkeit der Supervision, wo wir lernen, wie man auf Distanz achtet. Aber andererseits habe ich zum Beispiel mit dem betafon eine tolle Hilfe; in kürzester Zeit bekomme ich hier eine profunde Auskunft. Da spare ich sogar Zeit im Gegensatz zum geduldigen Zuhören früher. Und letztlich macht das viel mehr Spaß, wenn man sieht, wie die Menschen positiver, optimistischer rausgehen.

 

Unterschiede zu Disease Management

Disease Management geht, bezogen auf das Fallbeispiel, von „dem“ Diabetiker aus und fragt nicht, ob er in seiner individuellen Situation überhaupt fähig ist, sich nach dem vorgegebenen Programm zu verhalten.

Disease Management bezieht sich fallübergreifend auf alle Patienten mit einer bestimmten chronischen Erkrankung; Case Management dagegen geht vom Einzelfall aus, egal welche Erkrankung vorliegt.

Disease Management beschreibt ein strategisches Vorgehen, um mit Diabetes, Asthma, Bluthochdruck und anderen chronischen Krankheiten und ihren Folgen möglichst gut zurecht zu kommen. Case Management beschreibt ein strategisches Vorgehen, wie der einzelne Diabetiker, Asthmatiker und seine Angehörigen möglichst gut mit der Erkrankung zurecht kommen.

DMPs lassen den psychosozialen Aspekt außer Acht, weil er mit der herkömmlichen medizinischen Sichtweise gar nicht ins Blickfeld gerät. Letztlich kann Disease Management ohne Case Management nicht funktionieren, weil der Mensch kein standardisiertes Wesen ist, das eine Krankheit nach Programm bewältigt. Daher kann Case Management kann durchaus ein Teilaspekt von Disease Management sein.

Ein Beispiel: Die Gabe bestimmter Medikamente ist ein wesentlicher Bestandteil im Disease Management, aber wer prüft, ob der Patient die Medikamente einnimmt? Case Management eruiert, ob der Patient seine Krankheit und Therapie akzeptiert, und stellt damit sicher, dass er die Verordnung befolgt.

Studie begleitet Pilotprojekt

Was für manchen Kollegen wie ein theoretisches Konzept klingen mag, wird in 26 Apotheken in Augsburg und Weiden praktiziert. Sie nehmen am Pilotprojekt „Case Management in der Apotheke“ teil. Ziele des Projekts sind eine bessere Lebenssituation und Lebensqualität für die Patienten, eine intensivere Bindung an die Apotheke und eine dauerhafte Kompetenzerweiterung der Apothekern.

Aus seiner praktischen Erfahrung berichtet der Augsburger Apotheker Dr. Jens Schneider, Vizepräsident der Bayerischen Landesapothekerkammer: „Seit ich die Case Management-Fortbildung absolviert habe, denke ich in ganz andere Richtungen als vorher.“

Als Beispiel beschreibt er die wiederholt erfolglosen Bemühungen, eine übergewichtige Diabetikerin zum Abnehmen zu bewegen. „Jetzt kam ich auf die Idee, nach dem Umfeld zu fragen, und da erzählte mir die Frau, dass sie für Mann und Kinder Cola und Knabbersachen kistenweise heim tragen muss – und dann nicht widerstehen kann.“ Schneider erreichte einen Beratungstermin mit der ganzen Familie und erklärte allen die Zusammenhänge zwischen Diabetes, Ernährung und Langzeitfolgen. Mittlerweile nimmt die Frau ab, unterstützt und motiviert von der Familie, und auch die übergewichtigen Kinder profitieren.

Um die Möglichkeiten des Case Managements in der Apotheke fundiert herauszufinden, ist das Pilotprojekt gekoppelt mit einer wissenschaftlichen Machbarkeitsstudie „Implementierung und Evaluation von Case Management in der Apotheke“. Diese Studie wird an der Humboldt-Universität wissenschaftlich begleitet.

Mehrere Kooperationspartner fördern Projekt und Studie: die Bayerische Landesapothekerkammer, die betapharm Arzneimittel GmbH, das Bayerische Arbeits- und Sozialministerium sowie das beta Institut für sozialmedizinische Forschung und Entwicklung.

Hauptzielgruppe von Case Management in Apotheken sind chronisch kranke und multimorbide Patienten sowie deren Angehörige. Die Ziele der Studie sind:

  • Bedarfsermittlung einer sozialen Betreuung in Apotheken;
  • Entwicklung und Implementierung einer Case-Management-Fortbildung für Apotheker;
  • Erfassung und Beschreibung einer Tätigkeit im Sinne von Case Management (Aufwand, einzelne Leistungselemente);
  • Bewertung von Compliance, gesundheitsbezogener Lebensqualität und Zufriedenheit der Patienten.

Interviews und Dokumentation

Die Studienteilnehmer sind überwiegend Patienten sowie einige Angehörige, ohne besonders definierte Ein- und Ausschlusskriterien. In Augsburg dokumentieren 13 Apotheken die Betreuung von insgesamt 90 Patienten. Beteiligt ist jeweils das komplette Apothekenpersonal, um eine breite persönliche Beteiligung der Mitarbeiter zu erreichen und den Einzelnen nicht zu sehr zu belasten. In Weiden wurde eine zweite Studiengruppe aus ebenfalls 13 Apotheken gebildet. Sie dient der internen Überprüfung der Fortbildung, der Messinstrumente und der Dokumentation in der Apotheke.

Im Lauf der Studie werden in den Apotheken Interviews geführt zum Bedarf der Patienten für eine soziale Betreuung in der Apotheke und zur aktuellen Beratungssituation (Blutdruck messen, Blutzucker messen, Ernährungsberatung). Die Interviews werden ebenso wie Patientenbefragungen dreimal durchgeführt: vor einer Betreuungsphase, direkt im Anschluss daran und abschließend nach sechs Monaten. Mittels Fragebogen werden die Zufriedenheit der Patienten mit der Betreuung in der Apotheke sowie ihre gesundheitsbezogene Lebensqualität ermittelt. Zu Beginn und am Ende der viermonatigen Betreuung wird ein allgemeiner Bewertungsbogen eingesetzt (Assessment). Der Vergleich zeigt, welche Veränderungen in den Lebensbereichen des Patienten eingetreten sind.

Während der vier Betreuungsmonate werden zudem die einzelnen erbrachten Leistungen dokumentiert, die Medikationsdaten erhoben und Medikationsprofile erstellt sowie arzneimittelbezogene Probleme erfasst.

Fortbildung als Basis und Ziel

Ein weiteres Ziel der Studie ist die Entwicklung einer speziellen Case-Management-Fortbildung für Apotheker, die das beta Institut für sozialmedizinische Forschung und Entwicklung erarbeitet hat und anbietet. In einem ersten Schritt wurden alle Mitarbeiter der 13 Augsburger Projektapotheken im Frühjahr geschult. Nach den ersten praktischen Erfahrungen wurde die Fortbildung modifiziert; sie läuft derzeit in der zweiten Studiengruppe in Weiden.

Die Fortbildung besteht aus fünf Modulen, die berufsbegleitend absolviert werden. Die Themen sind Grundlagen des Case Managements, Sozialrecht, Beratungs- und Anlaufstellen, psychologische Aspekte der Krankheitsbewältigung und Kommunikation. Im Anschluss werden regelmäßig Supervisionen angeboten, damit die Teilnehmer Erfahrungen aus der Praxis reflektieren können.

Zwei Aufbaumodule können auf freiwilliger Basis besucht werden: „Selbsterfahrung“ zum Umgang mit sich selbst und mit dem Kunden und „Trauer“ zum adäquaten Umgang mit Trauernden.

Das vermittelte Wissen, zum Beispiel zu Anlaufstellen und Sozialrecht, dient nicht dazu, Apotheken zur Sozialstation umzufunktionieren. Entscheidend ist, einen Überblick zu gewinnen über Leistungen und Hilfen im Gesundheits- und Sozialsystem sowie über Anspruchsberechtigungen.

Auch persönlicher Nutzen

Großen, auch persönlichen Nutzen ziehen viele Beteiligte aus der Kommunikationsschulung. Teilnehmer profitieren eigenen Aussagen zufolge zum Beispiel davon, dass „ich den Mut gewonnen habe, schwierige Themen anzusprechen“, freuen sich über „eine neu gewonnene Sensibilität für soziale Probleme“ oder dass sie „mit gezielten Fragen Themen ansprechen können“.

Gezielte Fragetechniken gehören ebenso zum Fortbildungsinhalt wie das Zugehen auf den Kunden. Wenn das Gespräch zu sehr ins Detail geht, gibt es neben der Abgrenzung („Da müssen Sie jetzt wirklich bei der Beratungsstelle fragen“) auch die Möglichkeit, auf die Fachkompetenz des beta Instituts zurückzugreifen (siehe Kasten).

 

betafon und betaListe Woher bekommt ein Apotheker umfassendes sozialrechtliches Wissen und Adressen für Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen?

Die betaListe ist der einzige Sozialführer für das Gesundheitswesen. Das Nachschlagewerk hat zwei Teile. Im Sozialrecht finden sich Leistungen und Bestimmungen, die im Umfeld von Krankheit und Behinderung relevant werden können. Der Adressteil verzeichnet Selbsthilfegruppen und viele Anlauf- und Beratungsstellen für Patienten. Erhältlich ist die betaListe im Buchhandel (ISBN 3-87360-551-1) oder (für Apotheker kostenlos) beim Herausgeber betapharm Arzneimittel, Telefon 0800/ 7488100.

Das betafon ist ein telefonischer Infoservice für soziale Fragen im Gesundheitswesen und erreichbar unter 01805/ 2382366, Montag, Mittwoch und Freitag von 9 bis 12 Uhr, Dienstag und Donnerstag von 16 bis 18 Uhr. Praxiserfahrene Fachkräfte geben Auskünfte auch zu komplexen Einzelfällen.

Nähere Informationen zum beta Institut für sozialmedizinische Forschung und Entwicklung unter www.beta-institut.de.

 

Die Studie wird Ende 2003 abgeschlossen sein. Das Case Management in Apotheken wird unabhängig davon wohl weiterlaufen, denn die Fortbildung gibt den Apothekern eine gute Möglichkeit zur Stärkung ihrer Kompetenz und beruflichen Profilierung. Darüber hinaus soll die Fortbildung für weitere Apotheker geöffnet werden. Verschiedene Apothekerkammern in Deutschland haben bereits Interesse signalisiert.

 

Literatur

  1. Wendt, W. R., Case Management im Sozial- und Gesundheitswesen. Eine Einführung. Lambertus Verlag 1999.
  2. Bullinger, H., Nowak, J., Soziale Netzwerkarbeit. Eine Einführung. Lambertus Verlag 1998.
  3. Raiff, N. R., Shore, B. K., Fortschritte im Case Management. Lambertus Verlag 1997.
  4. Szathmary, B., Neue Versorgungskonzepte im deutschen Gesundheitswesen. Disease Management und Case Management. Luchterhand 1999.

 

Für die Verfasser:
Doris Schmid-Sroka
beta Institut, Gemeinnützige Gesellschaft für sozialmedizinische Forschung und Entwicklung
Kobelweg 95
86156 Augsburg
doris.schmid-sroka@beta-institut.de

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