Paracetamol-Präparate im Vergleich |
17.11.2003 00:00 Uhr |
Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker hat in einer Studie alle 24 Paracetamol-Monopräparate (Tabletten) mit einer Einzeldosis von 500 mg untersucht, die derzeit auf dem deutschen Markt zur Verfügung standen. Die pharmazeutischen Qualitätsmerkmale Identität, Gehalt und Freisetzung wurden geprüft.
2001 wurden in Deutschland 155 Millionen Packungen Analgetika verkauft. Vier Monopräparate mit dem Wirkstoff Paracetamol zählen zu den 20 meistverkauften Schmerzmitteln, wobei eines dieser vier Präparate die Position Eins der Auflistung einnimmt (1). Auf Grund der Marktbedeutung und der Bewertung des Wirkstoffs im biopharmazeutischen Klassifizierungssystem (BCS) wurde eine vergleichende Reihenuntersuchung von Fertigarzneimitteln durchgeführt, die Paracetamol enthalten. Die vorliegende Arbeit setzt die Reihe entsprechender Publikationen (2 - 7) des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker fort.
Im Rahmen des biopharmazeutischen Klassifizierungssystems ist der Wirkstoff Paracetamol in die Klasse I, Substanzen mit guter Löslichkeit und guter Permeabilität, einzuordnen (8, 9). Die Absorption (Bioverfügbarkeit) entsprechender Stoffe ist im Wesentlichen von der Geschwindigkeit der Magenentleerung abhängig. Die Einstufung in Klasse I ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für den Einsatz des BCS-Konzepts als Surrogat des klinischen Nachweises der Bioäquivalenz unter regulatorischen Aspekten. Das BCS-Konzept wird in der Literatur ausführlich dargestellt (10 - 21).
Bei Paracetamol handelt es sich um ein Anilinderivat, das bereits 1878 synthetisiert wurde. Die pharmakologische Bedeutung liegt in der analgetischen und antipyretischen Wirkung der Substanz. Nach oraler Gabe erfolgt eine rasche Resorption aus dem Magen-Darm-Trakt, die Bioverfügbarkeit liegt bei über 90 Prozent. Die maximale Konzentration im Blut wird nach 30 bis 60 Minuten erreicht. Die Metabolisierung erfolgt in der Leber. Es entstehen Konjugate mit Glucuronsäure (55 Prozent), Schwefelsäure (30 Prozent) und Glutathion (5 Prozent). 10 Prozent der Substanz werden nicht metabolisiert und unverändert renal ausgeschieden (22) .
Neuere Untersuchungen zeigen, dass Paracetamol auch Einfluss auf die Synthese von Prostaglandinen hat. Von den drei Cyclooxigenasen (COX) COX-1, COX-2 und COX-3 wird in erster Linie COX-3 durch Paracetamol inhibiert. (23 - 24). In hohen Dosen (10 bis 15 g) beziehungsweise bei unzureichender Metabolisierungsaktivität der Leber kann es zu einer Glutathiodepletion kommen und infolge derer zu einer Anreicherung des aktiven Metaboliten N-Acetyl-Imidochinon, der mit zellulären Proteinen zu lebensgefährlichen Leber- und Tubulusnekrosen führen kann (25).
Material und Methoden
In Tabelle 1 sind die in die Untersuchung einbezogenen Fertigarzneimittel zusammengefasst. Alle Fertigprodukte wurden über den pharmazeutischen Fachhandel bezogen. Die Untersuchungen erfolgten nach einer ZL-Prüfanweisung, die in Anlehnung an die Monographie zu Paracetamol Tabletten im US-amerikanischen Arzneibuch erstellt wurde.
Produktname
Chargenbezeichnung
Verfalldatum
Pharmazeutischer Unternehmer
Benuron 500 mg
605092
09/2007
Novartis Consumer Health GmbH
Captin Tabl. 500 mg
910001
3/2004
Krewel Meuselbach GmbH
Dorocoff-Paracetamol Tabletten
001219
12/2005
Hevert Arzneimittel GmbH & Co. KG
Enelfa Tabletten
002061
09/2004
Dolorgiet Arzneimittel
Fensum 500 Tabletten
B02282
01/2006
Merckle GmbH
Paracetamol-ratiopharm 500
C07477
03/2007
ratiopharm GmbH
PARA-phamos 500 mg
9101
03/2004
Phamos Arzneimittel GmbH
Paracetamol BC 500 mg Tabletten
13017
08/2006
Berlin-Chemie AG
ParaCetaMol Tabletten Lichtenstein
14950030
08/2004
Lichtenstein Pharmazeutica GmbH & Co.
Paracetamol AZU 500 mg Tabletten
21211
12/2004
Azupharma GmbH & Co.
Paracetamol 500 Hexal
22FD44
06/2005
Hexal AG
Paracetamol AL 500
22408
05/2005
Aluid Pharma GmbH & Co. KG
Paracetamol-saar 500 mg Tabletten
17056
01/2005
Chephasaar GmbH
Paracetamol 500 von ct Tabletten
C11122
04/2007
CT - Arzneimittel GmbH
Mono Praecimed Tabletten
32016
02/2004
Molimin Arzneimittel GmbH
Paracetamol beta 500
446006
12/2004
betapharm Arzneimittel GmbH
Paedialgon-Tabletten
18031
02/2003*
Chephasaar Chem.- pharm, Fabrik GmbH
Paracetamol 500 mg Tabletten Heumann
210006
01/2004
Heumann Pharma GmbH
Paracetamol 500 - 1A Pharma
23895
06/2005
1A Pharma GmbH
Paracetamol 500 mg
100136
04/2003*
Wepa, Paulus & Thewalt GmbH & Co.
Paracetamol Stada 500 mg Tabletten
9621
01/2005
STADApharm GmbH
Julphar - DOL
258070
06/2003*
Julphar Pharma GmbH
Sinpro N
011150/01
10/2006
Wörwag Pharma GmbH & Co. KG
Vivimed N
302
04/2005
Dr. Mann Pharma
Tabelle 1: Untersuchte Paracetamol Präparate 500mg - Fertigarzneimittel
*) Da das Verfalldatum der gekennzeichneten Präparate vor der Publikation abgelaufen ist, wird auf die Darstellung der Ergebnisse verzichtet.
Zusammensetzung
Arzneistoff : Paracetamol
Synonyme:
Summenformel: C8H9NO2
Molekulargewicht: 151,16
CAS-Nr.: 103-90-2
Hilfsstoffe (Beispielhaft für Doloreduct 500 Tabletten von der Firma Azupharma):
Croscarmellose Natrium
Stearinsäure
Cellulose
Siliciumdioxid
Durchschnittlicher Arzneistoffgehalt
Aus einem Mischmuster von 20 sorgfältig pulverisierten Tabletten wurde ein Aliquot, das 100 mg Paracetamol enthält, genau eingewogen und in einen 200 ml Messkolben überführt. Anschließend wurden circa 100 ml mobile Phase dazugegeben und die Lösung für 10 Minuten maschinell geschüttelt und dann für 5 Minuten ins Ultraschallbad gestellt. Nach Auffüllen des Messkolbens bis zur Markierung mit mobiler Phase wurde die Stammlösung 1 : 50 verdünnt (Arbeitslösung) und filtriert, wobei die ersten 10 ml des Filtrats verworfen wurden. Das Filtrat wurde per HPLC analysiert.
Die Quantifizierung des Arzneistoffs erfolgte mittels HPLC-UV bei einer Wellenlänge von 243 nm über eine Einpunktkalibrierung. Die Identität wurde über den Vergleich der Retentionszeiten (RT Probe = RT Standard ± 5 Prozent) bestimmt. Als stationäre Phase kam eine LiChrospher RPSelectB 5µm C-18 Säule (250 x 4 mm) zum Einsatz.
In-vitro-Freisetzung
Die In-vitro-Freisetzung wurde mit einer Blattrührerapparatur (n = 6) in Phosphatpufferlösung (pH 5,8) bei 37 °C durchgeführt. In der USP wird eine Freisetzung von 80 Prozent des deklarierten Wirkstoffgehaltes innerhalb von 30 min als Spezifikation angegeben.
Die Agitation betrug 50 Umdrehungen pro Minute, die Probenentnahme erfolgte nach 5, 15, 30 und gegebenenfalls bei unzureichendem Zerfall nach 45 min. Die Proben für jeden Prüfzeitpunkt von 4 ml wurden filtriert und nach einer 1 : 55fachen Verdünnung spektralphotometrisch bei einer Wellenlänge von 243 nm vermessen.
Die Berechnung der freigesetzten Arzneistoffgehaltes erfolgte über eine lineare Regression und anschließendem Bezug auf die deklarierte Arzneistoffmenge:
y = m C t x + b
b = Steigung, m = y - Achsenabschnitt, C t x = Konzentration (µg/ml), y = Absorption der Probelösung
Ergebnisse und Diskussion
Durchschnittlicher Arzneistoffgehalt
Wie der Tabelle 2 zu entnehmen ist, ergab die Gehaltsbestimmung für alle untersuchten Fertigarzneimittel einen Arzneistoffgehalt, der den Vorgaben der Arzneimittelprüfrichtlinien (95 - 105 Prozent der Deklaration) entspricht. Die Messwerte liegen in einem Bereich von 97,2 - 102,1 Prozent der Deklaration.
In-vitro Freisetzung
Die Ergebnisse der In-vitro-Freisetzung der untersuchten Paracetamol 500 mg Fertigarzneimittel zeigen, dass die in der USP geforderte Freisetzung von allen geprüften Präparaten erfüllt wird. Dagegen sind entsprechend den Anforderungen des biopharmazeutischen Klassifizierungssystems BCS schnell freisetzende Arzneiformen durch eine In-vitro-Freisetzung von mindestens 85 Prozent der Deklaration innerhalb von 30 min charakterisiert. Wird diese Arzneistoffmenge bereits innerhalb von 15 min freigesetzt, so ist kein statistischer Vergleich (zum Beispiel mittels F2-Test) zwischen Präparaten erforderlich, da Gleichheit der In-vitro-Freisetzung angenommen wird. Unter dieser Annahme sind von den 21 Produkten 20 schnell freisetzend und davon können wiederum 18 als gleich angesehen werden (Die Ergebnisse der drei Präparate mit abgelaufenen Verfalldaten wurden nicht bewertet). Die Einzeldaten zu den Freisetzungsprofile können der Tabelle 2 entnommen werden.
Produktbezeichnung
In-vitro-Freisetzung
(Prozent der Deklaration nach 5 Minuten, 15 Minuten, 30 Minuten)
Gehalt
(Prozent der Deklaration)
Benuron 500 mg
89,6
98,8
100,1
99,6
Captin Tabl. 500 mg**
29,1
65,8
90,1
102,1
Dorocoff-Paracetamol Tabletten
97,9
100,4
99,8
98,7
Enelfa Tabletten
11,1
55,3
82,4
101,1
Fensum 500 Tabletten
70,1
96,7
99,3
97,6
Paracetamol-ratiopharm 500
72,2
94,9
99,9
100,8
PARA-phamos 500 mg
43,6
74,6
87,0
98,1
Paracetamol BC 500 mg Tabletten
70,7
93,2
97,9
98,6
ParaCetaMol Tabletten Lichtenstein
62,5
95,6
99,1
97,6
Paracetamol AZU 500 mg Tabletten
74,3
96,9
100,0
97,3
Paracetamol 500 Hexal
67,3
93,5
96,5
97,9
Paracetamol AL 500
69,0
88,4
96,3
99,6
Paracetamol-saar 500 mg Tabletten
95,0
101,5
102,1
97,2
Paracetamol 500 von ct Tabletten
67,7
92,8
96,0
97,2
Mono Praecimed Tabletten
83,9
100,2
104,3
100,7
Paracetamol beta 500
85,4
95,8
97,4
97,3
Paracetamol 500 mg Tabletten Heumann
40,8
88,9
95,9
99,4
Paracetamol 500 - 1A Pharma
45,7
86,2
95,3
98,5
Paracetamol Stada 500 mg Tabletten
93,2
101,4
99,3
98,9
Sinpro N
78,0
97,7
104,2
98,7
Vivimed N
93,9
98,6
97,8
100,0
Tabelle 2: Ergebnisse der In-vitro-Freisetzung und Gehaltsbestimmung
*) siehe hinten Appendix
Diskussion der Ergebnisse
Die Ergebnisse zur pharmazeutischen Qualität der Produkte zeigen, dass alle untersuchten Präparate in ihrem Gehalt innerhalb der geforderten Spezifikation liegen. Die Spezifikation (USP) des Freisetzungsverhaltens der Produkte wird ebenfalls von allen Präparaten erfüllt. Der Anforderung (BCS) an schnell freisetzende Präparate (Freisetzung nach 30 min ³ 85 Prozent) wird bis auf eine Ausnahme ebenfalls entsprochen.
Inwieweit die Freisetzungs-Profile der Proben gleich sind, lässt sich nicht für alle Präparate beurteilen. 18 der 21 Fertigarzneimittel verhalten sich gleichermaßen, da sie bereits nach 15 Minuten mehr als 85 Prozent ihres deklarierten Gehaltes freisetzen. Die Möglichkeit des statistischen Vergleiches zur Festlegung der Äquivalenz der übrigen 3 Präparate ist auf Grund der geringen Datenmenge (n = 6) nicht gegeben.
Nach den Ergebnissen der durchgeführten Reihenuntersuchung besteht die pharmazeutische Qualität der Monopräparate mit 500 mg Paracetamol.
Appendix Die Ergebnisse dieser Reihenuntersuchung wurden vor der Veröffentlichung den betreffenden Herstellern zur eventuellen Stellungnahme übersandt. Darauf erreichte uns folgende Mitteilung:
Dank Für die sorgfältige Durchführung der experimentellen Arbeiten danken wir Frau Heike Sütterlin und Frau Ayse Aksit.
Literatur in der Druckausgabe
Anschrift für die Verfasser:
Dr. Volker Glaab,
Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker,
Carl-Mannich-Straße 20,
65760 Eschborn
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E-Mail: redaktion@govi.de