Pharmazeutische Zeitung online

Renaissance für Kombianalgetika bei Migräne

30.10.2000  00:00 Uhr

Renaissance für Kombianalgetika bei Migräne

von Elke Wolf, Antibes

Seit jeher haben Kombinationsanalgetika in Deutschland einen schweren Stand. Denn ihnen wird einiges zur Last gelegt: Sie würden auf die Dauer Nephropathien auslösen, Kopfschmerzen induzieren, und obendrein sei ihre Wirksamkeit nicht ausreichend belegt. Doch neue Daten und Empfehlungen verschiedener Fachgesellschaften zeichnen ein anderes Bild.

Die aktuellen Therapieempfehlungen des US-Headache-Konsortiums listen die fixe Kombination von Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Koffein als Mittel der ersten Wahl bei Patienten mit Kopfschmerzen. Die Analgetika-Kombination, die in Deutschland dem Präparat Thomapyrin* entspricht, wird damit ähnlich effektiv bewertet wie die Monowirkstoffe ASS, Ibuprofen oder Naproxen. Auch die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) empfiehlt Migränikern die fixe Dreierkombination mit Coffein. "Die Kombination wurde in den USA untersucht und war wirksamer als Placebo." Die Datenlage sei ebenso gut wie für Monopräparate.

Wie kommt es zu der Aufwertung der Kombinationsanalgetika? Professor Dr. Fokko van der Woude, Direktor der Medizinischen Klinik der Universität Heidelberg, erklärte auf einem Pressegespräch von Boehringer Ingelheim anlässlich des Europäischen Schmerzkongresses "Pain in Europe" die Hintergründe. Was die Nierenschädigung betrifft, hat ein Expertengremium kürzlich festgestellt, dass es keine überzeugende Evidenz für die Behauptung gibt, dass Phenacetin-freie Kombinationsanalgetika ursächlich mit einer Nephropathie assoziiert sind. Die Wissenschaftler analysierten die gesamte verfügbare Literatur und anderweitige Daten zum Thema Niere und Analgetika. Die vorhandenen Studien erlaubten nicht den Schluss, dass die Kombianalgetika die Nierenschäden induzieren. Van der Woude: "Die Klassifizierung der Nierenpapillen ist - trotz gegenteiliger Behauptung - nicht spezifisch für eine Analgetika-assoziierte Nephropathie." Weiterer Kritikpunkt: Viele Studien seien vom Design mangelhaft.

Dr. Gunther Haag, Präsident der DMKG, wies darauf hin, dass die verschiedenen Kombinationsanalgetika differenziert zu betrachten sind. Eine genaue Analyse der verfügbaren wissenschaftlichen Publikationen habe ergeben, dass der Vorwurf, Hauptverursacher des Medikamenten-induzierten Kopfschmerzes zu sein, nicht haltbar ist - zumindest was die Schmerzmittel betrifft, die ASS, Paracetamol und Koffein enthalten. Die Datenlage dieser Arzneimittel stehe bezüglich Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit den Monopräparaten in nichts nach.

Diese Neubewertung schlage sich auch in einem Konsensus-Papier nieder, das internationale Experten erarbeitet haben. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Coffein-haltige Analgetika stärker für die Entwicklung eines Schmerzmittel-Kopfschmerzes verantwortlich sind als reine Analgetika oder Migränemedikamente. Es gibt ebenso keinen Hinweis darauf, dass der Entzug von Coffein-haltigen Analgetika schwieriger ist, als der Entzug anderer Medikamente, die zur Schmerzmittelkopfschmerzen geführt haben.

Auf dem Prüfstand

Pharmakologen geben sich mit der Testung eines Kombinationsarzneimittels gegen Placebo nicht zufrieden. Jeder der Kombinationspartner soll unter Beweis stellen, ob er einen Beitrag zur bekannten Gesamtwirkung leistet. Das zu beweisen, ist das Ziel der so genannten sechsarmigen Thomapyrin-Studie, die seit Oktober 1998 läuft und deren Ergebnisse man in zwei Jahren erwartet. Bei 1700 Patienten mit episodischem Spannungskopfschmerz oder Migräne ohne Aura wird untersucht, was die Dreierkombination bestehend aus ASS, Paracetamol und Coffein im Vergleich zu den drei Monosubstanzen, der Zweierkombination bestehend aus ASS und Paracetamol sowie Placebo bezüglich Wirksamkeit und Verträglichkeit zu leisten vermag. In die Studie sind solche Patienten aufgenommen worden, die ihre Kopfschmerzen bisher mit einem verschreibungsfreien Analgetikum behandelten.  Top

© 2000 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa