Allopurinol-Präparate im Vergleich |
27.06.2005 00:00 Uhr |
Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker verglich 18 Allopurinol 300 mg-Präparate und prüfte sie hinsichtlich Gleichförmigkeit der Masse, Wirkstoffgehalt, Reinheit und In-vitro-Freisetzungsverhalten.
Allopurinol ist der zurzeit einzige therapeutisch relevante Vertreter aus der Wirkstoffklasse der Urikostatika. Auf Grund seiner Ähnlichkeit zu Hypoxanthin bindet Allopurinol an die Xanthinoxidase und agiert in niedrigen Konzentrationen als kompetitiver und in höheren Konzentrationen als nicht kompetitiver Inhibitor des katalytischen Zentrums. Dadurch kommt es zu einem verminderten Abbau des Hypoxanthins zu Harnsäure und zur Akkumulation von Hypoxanthin und Xanthin, die beide besser wasserlöslich als Harnsäure sind und renal eliminiert werden. Darüber hinaus hemmt Allopurinol die Purin-de-Novo-Synthese.
Wie entsteht Gicht? Gicht entsteht auf Grund einer erhöhten Harnsäurekonzentration im Blut. Steigt diese über 6,4 mg/dl an, kommt es durch die Ausfällung von Harnsäurekristallen zum akuten Gichtanfall, an dessen Entstehung maßgeblich polymorphkernige Leukozyten (PMNL, neutrophile Granulocyten) beteiligt sind. Die ausgefällten Uratkristalle werden von PMNL durch Phagozytose aufgenommen. Die Kristalle vermindern die Stabilität der lysosomalen Membranen, so dass es zur Ruptur und Freisetzung der lysosomalen Enzyme der Zellen und folglich zur Entzündung kommt. Die freigesetzten Harnsäurekristalle werden wiederum von frischen Zellen phagozytiert, so dass diese Zellen dem gleichen Schicksal ausgeliefert sind. Die aus den Leukozyten freigesetzten Mediatoren bewirken ihrerseits die Einwanderung weiterer Phagozyten. Die mit der Autolyse der Zellen verbundene pH-Wert-Senkung fördert die Ausfällung weiterer Kristalle, da diese die Löslichkeit der Harnsäure herabsetzt, so dass ein Kreislauf entsteht, bei dem eine intensive, lokal begrenzte, aber sehr schmerzhafte Entzündungsreaktion abläuft und aufrechterhalten wird (1).
In Tabelle 1 sind die in die Untersuchung einbezogenen Fertigarzneimittel gelistet. Es handelt sich in allen Fällen um Tabletten mit einem nominellen Allopurinolgehalt von 300 mg. Alle Präparate wurden über den pharmazeutischen Fachhandel bezogen.
Tabelle 1: Untersuchte Allopurinol-Fertigarzneimittel (300 mg)
Nr.HandelsnameHersteller oder
Die Untersuchungen wurden nach der Monographie für »Allopurinol Tablets« des britischen Arzneibuches (BP 2003) unter Berücksichtigung der USP 27 und des Europäischen Arzneibuches (Ph.Eur. 4.00) durchgeführt. Die Präparate wurden hinsichtlich folgender Prüfpunkte untersucht: Gleichförmigkeit der Masse, Gehalt, Reinheit und In-vitro-Freisetzungsverhalten. Alle Prüfungen erfolgten vor Ablauf der Verwendbarkeitsfrist
Gleichförmigkeit der Masse
Die Bestimmung erfolgte gemäß Europäischem Arzneibuch (Ph.Eur. 4.04, Ziffer 2.9.5, »Gleichförmigkeit der Masse einzeldosierter Arzneiformen«). Hierzu wurde durch Wägung 20 einzelner Tabletten die relative Standardabweichung jeder einzelnen Darreichungsform vom Mittelwert ermittelt. Alle untersuchten Präparate erfüllten das Akzeptanzkriterium (maximal zwei Einzelwerte mit einer relativen Standardabweichung von ≥ 5 Prozent).
Gehaltsprüfung
Die Gehaltsbestimmung wurde nach der Monographie »Allopurinol Tablets« der BP2003 durchgeführt. Die Quantifizierung des Arzneistoffs erfolgte mittels UV-Spektroskopie durch Messung der Absorption einer gefilterten salzsauren Lösung im Absorptionsmaximum bei 250 nm. Dazu wurde aus einem Mischmuster von 20 Einzeldarreichungsformen eine 100 mg Wirkstoff entsprechende Menge abgewogen, mit Natriumhydroxid-Lösung versetzt und geschüttelt. Anschließend wurde Salzsäure zugegeben, die Lösung geschüttelt, aufgefüllt, filtriert und das Filtrat mit Salzsäure verdünnt. Die UV-Absorptionen der Probelösungen wurde bei 250 nm gegenüber 0,1 m Salzsäure in der Referenzzelle gemessen. Der jeweilige Gehalt wurde unter Verwendung von 563 als Wert für die spezifische Absorption (A, 1 Prozent, 1cm, 250 nm) berechnet. In allen Fällen wurde ein Arzneistoffgehalt ermittelt, der innerhalb der zulässigen Spezifikationsgrenzen von 92,5 bis 107,5 Prozent (BP2003) beziehungsweise 93,0 bis 107,0 Prozent (USP27) des deklarierten Wertes liegt (Tabelle 2). Alle Messwerte lagen in einem Bereich von 95,0 bis 101,8 Prozent des deklarierten Wertes.
Tabelle 2: Ergebnisse der Gehaltsbestimmung und Wirkstoff-Freisetzung der untersuchten Präparate
Nr. Handelsname ChargeGehalt der*in 0.01 N Salzsäure nach 45 min
Verwandte Substanzen
Die Bestimmung der verwandten Substanzen erfolgte mittels HPLC-Verfahren an einer RP18-Phase mit Gradientenelution und UV-Detektion bei 230 nm gemäß Monographie für Allopurinol Tablets der BP 2003, Prüfpunkt Related substances. Die Forderungen, dass Verunreinigung A nicht größer als 0,2 Prozent, die Summe der Verunreinigungen B und C nicht größer als 0,2 Prozent, Verunreinigungen D und F jeweils nicht größer als 0,1 Prozent, kein weiterer einzelner Peak größer als 0,1 Prozent, sowie die Summe weiterer unbekannter Peaks nicht größer als 0,3 Prozent sein durfte, wurde von allen Präparaten voll erfüllt (unbeachtet blieben Peaks 0,05 Prozent). In keinem der untersuchten Präparate lag die Konzentration der verwandten Substanzen oberhalb der zulässigen Grenzwerte.
In-vitro-Freisetzung
Die In-vitro-Freisetzung wurde nach den Vorgaben der Monographie für Allopurinol Tablets der USP 27, First Supplement mit der Blattrührer-Apparatur (n = 6) durchgeführt. Entsprechend den Anforderungen, darf die freigesetzte Wirkstoffmenge in 0.01N Salzsäure nach 45 Minuten 75 Prozent der Deklaration nicht unterschreiten. Die Agitation betrug 75 Umdrehungen pro Minute. Die Quantifizierung von Allopurinol aus der in-vitro-Freisetzung erfolgte photometrisch bei 250 nm gegenüber Referenzlösung. Nach 45 min wurden in den untersuchten Präparaten Wirkstoffgehalte zwischen 83,2 Prozent und 97,8 Prozent der Deklaration bestimmt. Damit erfüllten alle Arzneimittel die Anforderungen (Messwerte Tabelle 2).
Diskussion der Ergebnisse
Die Untersuchungen zeigen, dass alle Allopurinol 300 mg-Fertigarzneimittel die Anforderungen der Arzneibücher erfüllen. Gleichzeitig belegen die Ergebnisse die sehr gute pharmazeutische Qualität von in deutschen Apotheken erhältlichen Allopurinol-Präparaten. Die Hersteller der geprüften Produkte wurden vor der Publikation und unter Vorgabe einer Widerspruchsfrist von den Ergebnissen unterrichtet.
Stellungnahme eines Herstellers:
Hennig Arzneimittel GmbH & Co. KG, Liebigstraße 1-2, 65439 Flörsheim
«(....) Die in Ihrer Ergebnistabelle aufgeführten Werte für die Freisetzung nach 45 min weichen auffällig von den bei uns ermittelten Ergebnissen ab: Unsere Freigabeuntersuchung vom 27.02.04 (nach Zulassungsdossier) 100,0 Prozent; unsere Nachuntersuchung vom 31.03.05 (nach Zulassungsdossier) 102,1 Prozent; unsere Nachuntersuchung vom 01.04.05 (nach USP 27) 93,8 Prozent ... wir bitten um entsprechende Korrektur der geplanten Publikation.«
Anmerkung ZL:
Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker hat als unabhängiges akkreditiertes Prüfinstitut den Auftrag, einen Beitrag zur Arzneimittelsicherheit in der Bundesrepublik Deutschland zu leisten. In seinen vergleichenden Untersuchungen richtet sich das ZL nach den Vorgaben geltender Arzneibücher, deren Methoden als valide zu betrachten sind, auch wenn diese Methoden von herstellerspezifischen Methoden in der Zulassung abweichen.
Literatur
© 2005 GOVI-Verlag
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