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Datenbanksuche ist oft zu umständlich

06.05.2002  00:00 Uhr

Datenbanksuche ist oft zu umständlich

PZ  Viele Computerprogramme zur Unterstützung unserer Beratungsgespräche im Handverkauf sind alles andere als befriedigend, kritisiert Alberecht Binder von der St.-Rochus-Apotheke in Steinheim. Er berichtet über seine Erfahrungen mit der EDV in der Offizin.

"Das Dilemma ist allen bewusst, die im Handverkauf arbeiten: Es scheint zur Zeit beim Thema Beratung nur zwei Extreme zu geben: die professionelle pharmazeutische Betreuung einerseits und die Beratung aus dem Kopf andererseits: nach bestem Wissen, häufig zwar engagiert, aber meist doch unvollständig und eben nicht optimal. Wer kennt schon alle Nebenwirkungen, alle Wechselwirkungen, wer hat die wichtigen Anwendungshinweise immer parat?

Eine zeitintensive Betreuung des Kunden im Rahmen der pharmazeutischen Betreuung ist derzeit nur in Einzelfällen machbar, weil sie nicht bezahlt wird. Außerdem ist sie nur bei chronisch Kranken sinnvoll. Als Unterstützung der normalen Beratung gibt es zwar die ABDA-Datenbank, aber die ist bei den meisten Systemen nur eine geringe Hilfe. Genutzt wird sie meist bei der Suche nach Wechselwirkungen, und entsprechende Meldungen erscheinen bei fast jedem Vorgang. Das hat zur Folge, dass sich Apotheker oder PTA entweder jedes Mal mit dieser Wechselwirkung auseinandersetzen oder diese ignorieren. Damit nicht so häufig Warnmeldungen auf dem Bildschirm erscheinen, kann man bei fast allen Computersystemen die Anzeige leichter und mittelschwerer Wechselwirkungen unterdrücken. Dann wird die ganze Suche zur Farce, weil dem Kunden im guten Glauben gesagt wird, seine Medikamente beeinflussten sich nicht gegenseitig.

Nebenwirkungen muss man in der Datenbank umständlich suchen, Abgabe- und Einnahmehinweise finden sich in wieder anderen Datenbanken oder in Büchern. Der Zeitaufwand für eine gründliche Beratung ist also immens. Im Rahmen des Aufbaus unseres Qualitätsmanagementsystems haben wir uns intensiv mit den Leitlinien zur Qualitätssicherung beschäftigt, die von der Bundesapothekerkammer im Jahr 2000 herausgegeben wurden und die bei der Kammer Westfalen-Lippe zentraler Bestandteil des Handbuchs sind. Die Leitlinien "Information und Beratung des Patienten bei der Abgabe von Arzneimitteln - Erstverordnung" und "Wiederholungsverordnung" gliedern sehr genau die Anforderungen an ein optimal strukturiertes Beratungsgespräch auf. Seit einem Jahr nutzen wir hierbei das Modul "Pharmazeutische Betreuung" des EDV-Anbieters Dr.-Ing. Stahl. Das Modul "Pharmazeutische Betreuung" bietet im normalen Beratungsgespräch eine gute Möglichkeit zur Eingabe der individuellen Dosierung, auf die auch bei der Wiederholungsverordnung zurückgegriffen werden kann. Außerdem können Einnahmehinweise gut gepflegt werden. Für eine intensive Betreuung des Patienten bietet dieses Programm sehr gute Voraussetzungen, für unseren Wunsch nach optimaler Umsetzung der Beratungsleitlinien der Bundesapothekenkammer ist es noch verbesserungsfähig.

Die Patienten sollten möglichst alle in einer Patientendatenbank erfasst sein, um auf die vorangegangene Medikation zurückgreifen zu können. Diese Patientendatenbank muss konsequent gepflegt werden:

Die Software muss bei der Eingabe der Medikamente zwischen Erst- und Wiederholungsverordnung unterscheiden. Dies geschieht durch einen Abgleich mit den Patientendaten. Bei der Erstverordnung erscheint ein Fenster, in dem aus einer Datenbank-Informationen zur Indikation, zur Standarddosierung, zu den Hauptnebenwirkungen und wichtigen Wechselwirkungen sowie besondere Hinweise zur Einnahme und Anwendung erscheinen. Eine Eingabe der individuellen Dosierung muss möglich sein.

Außerdem läuft automatisch ein Wechselwirkungs-Check mit den anderen Medikamenten des Patienten im Hintergrund. Angezeigt werden alle Wechselwirkungen. Die Wechselwirkungen müssen zu diesem Zeitpunkt in ihrer Relevanz beurteilt und gegebenenfalls mit dem verordnenden Arzt besprochen werden.

Auf diese Weise hat der Apotheker oder die PTA alle relevanten Daten für eine gute Beratung, kann sie eins nach dem anderen kurz ansprechen und läuft nicht Gefahr, einen der sinnvollen Beratungspunkte zu vergessen. Die individuelle Dosierung des Kunden kann eingetragen werden. Bei der ersten Wiederholungsverordnung erscheint ein entsprechender Hinweis auf dem Bildschirm sowie die individuelle Dosierung. Dies ermöglicht es, beim Patienten noch einmal nach der individuellen Verträglichkeit zu fragen und sich die Dosierung bestätigen zu lassen. Ein Wechselwirkungs-Check erfolgt nicht mehr, weil alle möglichen Wechselwirkungen bereits bei der Erstabgabe auf dem Bildschirm erschienen sind und fachlich beurteilt wurden.

Ab der zweiten Wiederholungsverordnung erscheint kein Hinweis mehr auf dem Bildschirm, ein Zeichen für das Personal, dass alle relevanten Dinge seitens der Apotheke bereits angesprochen wurden. Die Abgabe erfolgt nur mit einer bestätigenden Bemerkung, dass der Patient das Medikament ja bereits kenne und der Gelegenheit für den Kunden, noch Fragen zu stellen. Um diese Fragen kompetent beantworten zu können, muss es natürlich möglich sein, die Datenbank zu öffnen, die standardmäßig bei der Erstabgabe erscheint.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Bei der Erstabgabe werden sinnvolle Daten automatisch bereitgestellt. Dieses Gespräch ist durch die Informationen gut strukturiert, erfüllt alle Anforderungen der Leitlinie und wird nicht durch aufwändiges Suchen in Datenbanken verzögert. Die Gespräche bei den Folgeabgaben sind sehr kurz und bestätigen den Kunden in seiner Ansicht, in dieser Apotheke gut aufgehoben zu sein, da man dort über seine Medikamente bestens Bescheid weiß."

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