Topotecan, ein Zytostatikum |
03.04.2000 00:00 Uhr |
Das Ovarialkarzinom ist nach dem Endometriumkarzinom das zweithäufigste gynäkologische Malignom. Jährlich sind 8000 Frauen, insbesondere im sechsten Lebensjahrzehnt, betroffen. In 70 bis 80 Prozent der Fälle wird der Tumor erst diagnostiziert, wenn er sich innerhalb des kleinen Beckens oder darüber hinaus ausgebreitet hat.
Wird bei der Vorsorgeuntersuchung ein auf über 5 cm vergrößertes Ovar ertastet, so muss der Befund engmaschig nachkontrolliert werde. Bei jungen Frauen findet man funktionelle Zysten, und es bleibt zu überprüfen, ob diese sich (nach sechs Wochen) spontan zurückgebildet haben oder nicht. Die ersten Symptome der Tumorerkrankung sind unbestimmte Unterbauch- und geringe Darmbeschwerden. Irreguläre uterine Blutungen sind ungewöhnlich und vermutlich durch Hormonsekretion des Tumors bedingt. Im Verlauf der Erkrankung nimmt der Leibesumfang durch Vergrößerung der Ovarien oder durch Aszites zu; weiterhin treten verstärkt Unterbauchschmerzen auf, und es kommt zu Anämie und Kachexie. Klinische Symptome hormonproduzierender Tumore sind weiterhin Hyperthyreoidismus, Feminisierung, Virilisierung sowie häufiger ein höckriger, fixierter, solider Tumor mit knotigen Ansiedlungen im Douglas-Raum. Nach wie vor sterben zwei Drittel der Patientinnen an dieser Erkrankung. Entscheidend für eine erfolgreiche Therapie ist die konsequente Umsetzung der derzeit verfügbaren Standardverfahren: möglichst radikale Operation und nachfolgende Primärchemotherapie. Mit Topotecan steht seit Anfang 1997 ein Topoisomerase-Hemmstoff zur Behandlung des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms zur Verfügung (1 - 3).
Hilfsstoffe sind Weinsäure, Mannitol, Salzsäure und Natriumhydroxid (5).
Chemische Klassifikation
Topotecan - (S)-10-(Dimethylaminomethyl)-4-ethyl-4,9-dihydroxy-1H-pyrano [3,4:6,7]indolizino[1,2-b]chinolin-3,14(4H,12H)-dion (IUPAC) - leitet sich vom Alkaloid Camptothecin ab. Es handelt sich um einen Topoisomerase-Hemmstoff, der aus einem Ringsystem mit einem gesättigten, sechsgliedrigen Lactonring aufgebaut ist. Bei einem pH-Wert von 4 überwiegt die intakte Lactonform, die auch für die zytostatische Aktivität entscheidend ist; bei pH 10 liegt ausschließlich die offene Carboxylatform vor (4).
Indikationen und Anwendung
Hycamtin® ist zur Behandlung von Patientinnen mit metastasierendem Ovarialkarzinom nach Versagen einer Primär- oder Folgetherapie zugelassen. Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 1,5 mg Topotecan/m2 Körperoberfläche (KOF) und Tag, als 30-minütige intravenöse Infusion an fünf aufeinanderfolgenden Tagen. Zwischen dem Beginn von zwei aufeinanderfolgenden Behandlungszyklen sollen drei Wochen liegen. Es werden mindestens vier Behandlungszyklen empfohlen, da in klinischen Studien die mittlere Ansprechzeit bei 7,6 bis 11,6 Wochen lag.
Vor Beginn des ersten Behandlungszyklus mit Topotecan müssen die Patientinnen eine Neutrophilenzahl von > 1,5x109/l und eine Thrombozytenzahl von > 100x109/l aufweisen. Topotecan muss vor Gebrauch mit 4 ml Wasser rekonstituiert und verdünnt werden; für die weitere Verdünnung der entsprechenden Menge rekonstituierter Lösung, bis zu einer Endkonzentration von 25 bis 50 m g/ml, sollten entweder 0,9-prozentige Natriumchloridlösung oder fünfprozentige Glucoselösung verwendet werden.
Eine weitere Gabe von Topotecan im Rahmen der Folgebehandlung sollte erst dann erfolgen, wenn die Neutrophilenzahl > 1x109/l, die Thrombozytenzahl > 100x109/l und der Hämoglobinwert > 90 g/l (gegebenenfalls nach Transfusion) betragen. Patientinnen, die sieben Tage oder länger an einer schweren Neutropenie (Neutrophilenzahl < 0,5x109/l) leiden, bei denen eine schwere Neutropenie in Verbindung mit Fieber und Infektion auftritt oder bei denen die Behandlung wegen einer Neutropenie verzögert werden muss, sollten wie folgt behandelt werden: Entweder ist die Dosis auf 1,25 mg/m2 KOF und Tag zu reduzieren (falls erforderlich weiter auf 1,0 mg/m2 KOF und Tag) oder es sollte bei den nachfolgenden Behandlungszyklen vom sechsten Tag des Zyklus (der Tag nach Abschluss der Topotecan-Gabe) prophylaktisch Filgrastim (G-CSF, Granulocyten-Kolonie-stimulierender Faktor, Neupogen®) verabreicht werden, um die Dosisintensität beizubehalten. Kann die Neutropenie mit G-CSF nicht angemessen kontrolliert werden, sollte man die Dosis verringern.
Die Dosis sollte ebenfalls entsprechend gesenkt werden, wenn die Thrombozytenzahl unter 25x109/l absinkt. In klinischen Studien wurde die Behandlung mit Topotecan abgesetzt, wenn die Dosis bereits auf 1,0 mg/m2 KOF herabgesetzt worden war und eine weitere Dosisreduktion erforderlich gewesen wäre, um Nebenwirkungen unter Kontrolle zu bringen. Für Dosierungsempfehlungen bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance über 20 ml/min liegen keine ausreichenden Daten vor. Aus den begrenzten Daten geht hervor, dass die Dosis bei Patienten mit mäßig eingeschränkter Nierenfunktion verringert werden sollte. Die empfohlene Dosis für Patienten mit einer Kreatinin-Clearance zwischen 20 und 39 ml/min beträgt 0,75 mg/m2 KOF und Tag.
Eine routinemäßige Prämedikation zur Vermeidung nicht hämatologischer Nebenwirkungen ist bei Topotecan nicht erforderlich. Die behandlungslimitierenden hämatologischen Nebenwirkungen (siehe unten) sind dosisabhängig, so dass das Blutbild (einschließlich der Thrombozytenzahl) regelmäßig überprüft werden sollte (5).
Wirkungen und Wirkungsmechanismus
Topotecan hemmt die Topoisomerase I, welche die Torsionsspannung der DNA vor der sich vorwärtsbewegenden Replikationsgabel löst. Die Substanz stabilisiert den kovalenten Komplex aus Enzym und der in zwei Stränge aufgespaltenen DNA sequenzspezifisch, wobei diese Spezifität eine Eigenschaft des Enzyms und nicht des Arzneistoffs zu sein scheint. Infolge der Topoisomerase-I-Hemmung entstehen Protein-assoziierte DNA-Einzelstränge. Die irreversible Schädigung der DNA und die damit verbundene Zytotoxizität entsteht durch die Wechselwirkung des durch Topotecan stabilisierten DNA-Polymerasekomplexes mit der fortschreitenden Replikationsgabel. Durch Blockade der Topoisomerasereaktion werden die Replikation der DNA und die Transkription unterbunden. Zellen in der DNA-Synthesephase (S-Phase) sterben ab, während Zellen in der prämitotischen G2-Phase in diesem Zustand "eingefroren" werden; die Zellen sterben durch Apoptose. Da viele Tumorzellen eine erhöhte Konzentration an Topoisomerase I besitzen, sind sie somit im Vergleich zu gesunden Zellen anfälliger für Topoisomerasehemmer (6 - 9).
Topoisomerasen
Topoisomerasen sind Enzyme des Zellkerns mit besonderer Bedeutung für die Replikation, Transkription und Reparatur der DNA. Sie verursachen vorübergehende Einzel- oder Doppelstrangbrüche, wobei die Bruchstücke über Proteinbrücken verbunden bleiben, was zum Beispiel dann von Bedeutung ist, wenn die Torsionsspannung des zu replizierenden Doppelstranges vor der Replikationsgabel erniedrigt werden muss. Topoisomerase I verursacht im Gegensatz zur Topoisomerase II Einzelstrangbrüche und ermöglicht somit die Entspiralisierung und den nachfolgenden Angriff der DNA-Polymerase auf den zu replizierenden Strang. Die Topoisomerase I spielt bei der Replikation der DNA, bei der Genexpression und bei DNA-Reparaturprozessen eine wesentliche Rolle. Es handelt sich um ein monomeres Protein mit einem Molekulargewicht von 100 kD (6 - 10).
Unerwünschte Wirkungen
Die in Dosisfindungsstudien ermittelte dosislimitierende Toxizität war hämatologischer Art. Die Toxizität war vorhersagbar und reversibel. Es gibt keinen Hinweis auf eine kumulative Toxizität. Eine schwere Neutropenie (Neutrophilenzahl < 0,5x109/l) während des ersten Zyklus trat bei 60 Prozent der Patienten, mit einer Dauer von mehr als sieben Tagen bei 20 Prozent und insgesamt bei 79 Prozent der Patienten (42 Prozent der Zyklen) auf. In Zusammenhang mit schwerer Neutropenie traten Fieber oder Infektionen bei 16 Prozent während des ersten Zyklus und insgesamt bei 21 Prozent der Patienten (7 Prozent der Zyklen) auf. Die mittlere Zeitdauer bis zum Auftreten einer schweren Neutropenie betrug neun Tage, die mittlere Verlaufsdauer sieben Tage. Insgesamt dauerte die schwere Neutropenie in 13 Prozent der Zyklen länger als sieben Tage.
Von allen in klinischer Studien behandelten Patienten (einschließlich derer mit schwerer Neutropenie), bekamen 13 Prozent (in 5 Prozent der Zyklen) Fieber und 27 Prozent (in 10 Prozent der Zyklen) Infektionen. 5 Prozent aller behandelten Patienten entwickelten eine Sepsis.
Eine schwere Thrombozytopenie (Thrombozytenzahl < 25x109/l) trat bei 23 Prozent der Patienten (in 9 Prozent der Zyklen), eine mittelgradige (Thrombozytenzahl 25 bis 49,9x109/l) bei 20 Prozent der Patienten (in 13 Prozent der Zyklen) auf. Die mittlere Zeitdauer bis zum Auftreten einer schweren Thrombozytopenie betrug 14 Tage, die mittlere Verlaufsdauer fünf Tage. In 4 Prozent der Zyklen wurden Thrombozytentransfusionen verabreicht. Signifikante Folgeerscheinungen waren bei Thrombozytopenie selten.
Eine mittelgradige bis schwere Anämie (Hb < 79 g/l) trat bei 36 Prozent der Patienten (in 15 Prozent der Zyklen) auf. Erythrozytentransfusionen erhielten 54 Prozent der Patienten (in 23 Prozent der Zyklen).
In klinischen Studien an 445 Patientinnen mit Ovarialkarzinom waren die am häufigsten gemeldeten nicht hämatologischen Nebenwirkungen gastrointestinaler Art, wie Übelkeit (68 Prozent), Erbrechen (44 Prozent), Durchfall (26 Prozent), Verstopfung (14 Prozent) sowie Stomatitis (20 Prozent). Schwere Fälle (dritter und vierter Grad) von Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Stomatitis traten bei 6, 4, 3 beziehungsweise 2 Prozent auf. Über leichte Bauchschmerzen wurde bei etwa 8 Prozent der Patientinnen berichtet.
Unter der Behandlung mit Topotecan wurde bei etwa einem Drittel der Patientinnen Müdigkeit und bei etwa einem Fünftel Asthenie beobachtet. Die Häufigkeit schwerer Fälle (dritter und vierter Grad) lag bei 4 Prozent (Müdigkeit) beziehungsweise 2 Prozent (Asthenie). Vollständiger oder ausgeprägter Haarausfall trat bei 17 Prozent der Patienten auf. Sonstige Nebenwirkungen, die bei über 1 Prozent der Patienten auftraten und als sicher oder wahrscheinlich mit Topotecan in Zusammenhang stehend beurteilt wurden, waren Anorexie, Unwohlsein und Hyperbilirubinämie. Selten wurde über Extravasation berichtet. Die Reaktionen waren schwach ausgeprägt und bedurften im allgemeinen keiner spezifischen Behandlung. Es wurden keine Anzeichen für eine Kardio-, Neuro- oder für eine andere Organotoxizität beobachtet (5, 7 - 9).
Kontraindikationen
Topotecan ist kontraindiziert bei Patienten mit schwerer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff und/oder Hilfsstoffen sowie bei Patienten mit bereits vor Beginn des ersten Zyklus bestehender schwerer Knochenmarksdepression, Neutrophilenzahl < 1,5x109/l und/oder Thrombozytenzahl < 100x109/l.
Topotecan ist in der Schwangerschaft kontraindiziert. In präklinischen Studien zeigte sich, dass Topotecan embryofetale Sterblichkeit und Missbildungen verursachen kann. Topotecan ist in der Stillzeit kontraindiziert, da nicht bekannt ist, ob die Substanz beim Menschen in die Muttermilch übergeht. Zu Therapiebeginn ist abzustillen.
Warnhinweise
Erwartungsgemäß zeigen Patienten in schlechtem Allgemeinzustand eine niedrigere Ansprechrate und eine erhöhte Rate an Komplikationen wie Fieber und Infektionen. Es liegen keine Erfahrungen zur Anwendung von Topotecan bei Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance < 20 ml/min) oder stark eingeschränkter Leberfunktion (Serumbilirubinspiegel > 10 mg/100 ml) auf Grund einer Zirrhose vor. Die Anwendung bei diesen Patientengruppen wird nicht empfohlen.
Eine kleine Zahl von Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion (Serumbilirubinspiegel 1,5 bis 10 mg/100 ml) tolerierte eine Dosis von 1,5 mg/m2 KOF, verabreicht an fünf Tagen alle drei Wochen. Allerdings wurde eine verringerte Topotecan-Clearance beobachtet. Auf Grund der unzureichenden Datenlage kann eine Dosisempfehlung für diese Patientengruppe nicht gegeben werden (5).
Wechselwirkungen
Pharmakokinetische Interaktionsstudien am Menschen wurden nicht durchgeführt. Topotecan hemmt die humanen Cytochrom-P450-Enzyme nicht. In klinischen Studien schien eine gleichzeitige Gabe von Granisetron, Ondansetron, Morphin oder Corticosteroiden keine signifikanten Auswirkungen auf die Pharmakokinetik des Gesamt-Topotecans (aktive und inaktive Form) zu haben (5).
Pharmakokinetik
Nach intravenöser Gabe von Topotecan (0,5 bis 1,5 mg/m2 KOF) als 30-minütige Infusion an fünf aufeinanderfolgenden Tagen ergab sich für Topotecan eine hohe Plasma-Clearance von 62 + 22 l/h. Diese entspricht etwa zwei Drittel des Blutdurchflusses der Leber. Außerdem wies Topotecan mit etwa 132 + 57l ein hohes Verteilungsvolumen und eine verhältnismäßig kurze Halbwertszeit von 2 bis 3 Stunden auf. Ein Vergleich der pharmakokinetischen Parameter während der fünf Tage der Verabreichung ergab keine Anzeichen für eine Änderung der Pharmakokinetik. Die Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve stieg etwa proportional zur Erhöhung der Dosis. Die Plasmaproteinbindung von Topotecan ist mit 35 Prozent gering und die Verteilung zwischen Blutzellen und Plasma gleichmäßig.
Aus klinischen Studien geht hervor, dass eine Reihe von Faktoren, unter anderem Alter, Körpergewicht und Aszites, keine signifikante Auswirkung auf die Clearance des Gesamt-Topotecans (aktive und inaktive Form) hat. Die Elimination von Topotecan wurde nur teilweise beim Menschen untersucht. Ein Hauptweg der Clearance von Topotecan führte über die Hydrolyse des Lactonrings zur ringgeöffneten Hydroxysäure. In-vitro-Studien mit humanen Lebermikrosomen lassen die Bildung geringer Mengen an N-demethyliertem Topotecan erkennen. Beim Menschen wurde, wie auch beim Tier, ein signifikanter Teil der Dosis (im allgemeinen 20 bis 60 Prozent) über den Urin als Topotecan oder in der ringgeöffneten Form ausgeschieden. In vitro erfolgte weder eine Hemmung der humanen P450-Enzyme CYP1A2, CYP 2A6, CYP2C8/9, CYP 2C19, CYP 2D6, CYP 2E, CYP 3A oder CYP4A., noch wurden die humanen zytosolischen Enzyme Dihydropyrimidin- oder Xanthinoxidase gehemmt.
Die Plasma-Clearance bei Patienten mit beeinträchtigter Leberfunktion (Serumbilirubin 1,5 bis 10 mg/100 ml) sank im Vergleich zu Kontrollpatienten auf etwa 67 Prozent. Die Halbwertszeit von Topotecan stieg um etwa 30 Prozent, wobei aber keine deutliche Änderung des Verteilungsvolumens festgestellt wurde. Die Plasma-Clearance des Gesamt-Topotecans nahm bei Patienten mit beeinträchtigter Leberfunktion im Vergleich zu Kontrollpatienten nur um etwa 10 Prozent ab. Die Plasma-Clearance von Patienten mit beeinträchtigter Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance 41 bis 60 ml/min) sank im Vergleich zur Gruppe der Kontrollpatienten auf 67 Prozent. Das Verteilungsvolumen war leicht verringert, daher verlängerte sich die Halbwertszeit nur um 14 Prozent. Bei Patienten mit moderater Beeinträchtigung der Nierenfunktion war die Topotecan-Plasma-Clearance auf 34 Prozent des Wertes der Kontrollpatienten verringert. Die mittlere Halbwertszeit stieg von 1,9 auf 4,9 Stunden (5, 11, 12).
Klinische Prüfung
Die Wirkung von Topotecan beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom wurde in zahlreichen Studien an Patientinnen mit platinresistenten Ovarialtumoren auch im Vergleich zu Paclitaxel (Taxol®) untersucht. So wurden beispielsweise in einer offenen, multizentrischen randomisierten Phase-II-Studie 112 Patientinnen mit Topotecan (1,5 mg/m2 KOF x 5 d; intravenös 30 Minuten; alle 21 Tage) beziehungsweise 114 Patientinnen mit Paclitaxel (175 mg/m2 KOF; drei Stunden intravenös; alle 21 Tage) behandelt (13). Topotecan erwies sich im Vergleich zu Paclitaxel als mindestens gleichwertig wirksam bei einer höheren Responderrate und signifikant längeren progressionsfreien Überlebensdauer; Neutropenie trat mit 79 Prozent bei Topotecan-behandelten Frauen häufiger auf als bei der Paclitaxel-Gruppe (23 Prozent; p<0,01). Bemerkenswert ist, dass zwischen Topotecan und Paclitaxel keine komplette Kreuzresistenz zu bestehen scheint (Tabelle).
Zur Behandlung des kleinzelligen Bronchialkarzinoms in der Second-line-Therapie liegt eine Zulassung in den USA und der Schweiz vor. In einer Studie wurde Topotecan alle drei Wochen an fünf aufeinanderfolgenden Tagen in einer Dosierung von 1,5 mg/m2 KOF als 30-minütige Infusion appliziert (14). Von 49 Chemotherapie-refraktären Patienten entwickelte einer eine komplette und zwei Patienten eine partielle Remission; bei den 45 Chemotherapie-sensitiven Patienten kam es zu sechs vollständigen und elf partiellen Remissionen. Die mittlere Ansprechdauer betrug etwa acht Monate, die mittlere Überlebensrate fünf Monate. Die zu beobachtenden dosislimitierenden Nebenwirkungen betrafen überwiegend das Blutbildes (Neutropenie, Thrombopenie). Die europäische Zulassung für diese Indikation ist derzeit noch nicht zu erwarten, da laut Herstellers eine Zulassung in der First-Line-Therapie angestrebt wird und hierfür erst die Daten ermittelt werden müssen.
Wertende Zusammenfassung
Topotecan ist zur Behandlung des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms bei Versagen einer Primär- oder Folgetherapie zugelassen. Es handelt sich um einen Wirkstoff mit neuartigem Wirkprinzip. Als selektiver Topoisomerase-I-Hemmstoff, unterbindet Topotecan die DNA-Replikation sowie die Transkription in der Tumorzelle, die Zelle stirbt durch Ingangsetzung der Apoptose (programmierter Zelltod). Bei einer Standarddosierung von 1,5 mg/m2 Körperoberfläche als intravenöse Kurzinfusion über 30 Minuten an fünf aufeinanderfolgenden Tagen zeigte Topotecan im Vergleich zu Paclitaxel eine höhere Ansprechrate und eine längere progressionsfreie Zeit (13). Topotecan verursacht aber häufiger als Paclitaxel hämatologische Nebenwirkungen (zum Beispiel Neutropenie und Thrombopenie), die jedoch reversibel, nicht kumulativ und gut beherrschbar sind. Da keine Kreuzresistenz zu Paclitaxel zu bestehen scheint, kann Topotecan somit nicht nur bei platinresistenten, sondern auch bei Paclitaxel-resistenten Ovarialtumoren eingesetzt werden.
Literatur
Verantwortlich:
Zentrum für Arzneimittelinformation
und Pharmazeutische Praxis der ABDA
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