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Mit Kava-Kava gegen Angst

14.02.2000  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag

Mit Kava-Kava gegen Angst

von Stephanie Czajka, Berlin

Entspannt, freundlich und friedliebend kann man werden - und trotzdem bei klarem Verstand bleiben. Das Mittel zum Zweck liefert der Kava-Wurzelstock aus Polynesien. Dort wird der wässrige Auszug getrunken, hierzulande gibt es meist ethanolische Trockenextrakte als Dragee oder Kapsel. Mitte Januar hat nun auch die Firma Lichtwer ein solches Präparat auf den Markt gebracht. Für Maoniâ erhielt das Unternehmen eine Neuzulassung zur Behandlung nervöser Angst-, Spannungs- und Unruhezustände.

Der ethanolische Trockenextrakt wirke auf zweierlei Weise, erklärte Dr. Marcus Mannel, Lichtwer, auf einer Pressekonferenz in Berlin. Schon das erste Dragee beruhige und entspanne, nach ein bis zwei Wochen Einnahme löse das Präparat auch Angstzustände. Wahrscheinlich werde die Konzentration bestimmter Botenstoffe oder Rezeptoren in längerfristigen biochemischen Prozessen verändert.

Angst ist eigentlich eine natürliche, lebenserhaltende Reaktion, um den Körper vor Gefahren zu warnen. Bestimmte Gedanken, Herzklopfen, Zittern und Schweißausbrüche lassen uns fliehen oder zumindest die Gefahr vermeiden. Doch zuviel Angst kann krankhaft sein. Der Übergang sei fließend und es gebe verschiedene Formen und Auslöser der Angst, erklärte der Psychologe Dr. Dr. Reinhard Joachim Boerner, Ludwig-Maximilian-Universität München. Wer Angst hat, neigt zu Panikattacken, Reizbarkeit oder Konzentrationsstörungen, er fürchtet sich vor gesellschaftlichen Kontakten, vor einer schweren Krankheit, vor engen Räumen oder auch vor der nächsten Angstattacke. Das Spektrum reicht vom situationsbezogenen Erschrecken bis zur alles beherrschenden Existenzangst.

Immer mehr Menschen litten unter Angstzuständen, in Deutschland inzwischen jeder Zehnte, sagte Börner. Ob allerdings die objektiven Schwierigkeiten zunehme oder die Belastbarkeit der Menschen abnehme, sei unklar. Neben Entspannungsübungen, Verhaltens- und Psychotherapie werden bei krankhafter Angst Medikamente wie Opipramol oder Buspiron, Hemmstoffe der Monoaminooxidase, Benzodiazepine oder selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) eingesetzt. Der Kava-Extrakt ist vor allem bei leichten bis mittelschweren Angststörungen indiziert. Im Gegensatz zu den übrigen Medikamenten eignet er sich auch für die Selbstmedikation.

Wann aber kann ein Patient sich selbst helfen und wann sollte er zum Arzt gehen? Boerner riet, in jedem Fall nach Dauer, Intensität und Umständen der Beschwerden zu fragen. Sind die Reaktionen überzogen und nicht nachvollziehbar, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sich eine Studentin über mehrere Wochen so sehr um ihre verreisten Eltern sorgt, dass sie nicht mehr fähig ist, zu arbeiten. Zum Arzt sollte auch gehen, wer nach zwei Wochen Kava-Behandlung keine Besserung verspürt, riet Boerner. Akute Notfälle seien eher selten, da die Patienten meist schon längere Zeit unter den Beschwerden litten.

Eine Studie an 127 Patienten mit generalisierten Angststörungen (übermäßige Angst und Sorge über mindestens sechs Monate) bestätige die Wirksamkeit des Lichtwer-Extraktes, sagte Boerner. 127 Patienten wurden acht Wochen lang mit 120 mg Extrakt, mit 100 mg Opipramol oder mit 10 mg Buspiron behandelt. Die Gesamtsymptomatik nahm in allen drei Gruppen kontinuierlich und vergleichbar ab. 86 Prozent der Ärzte und Patienten beurteilten die Therapie mit dem Extrakt als "sehr gut" oder "gut".

Ebenfalls für den Extrakt wurde nachgewiesen, dass akute Effekte (gemessen als Veränderung der Hirnströme) mit den Plasmaspiegeln der Kavapyrone im Blut korrelieren. Nicht allein die Menge, auch die qualitative Zusammensetzung der Inhaltsstoffe sei für die Bioverfügbarkeit wichtig, betonte Mannel. Die Wasserlöslichkeit eines Kavapyrons steige bei Zugabe weiterer Inhaltsstoffe an. Der genaue Wirkmechanismus ist noch nicht geklärt. Eine Hemmung der Monoaminoxidase sowie der Noradrenalin- und Dopaminaufnahme wurde in vitro nachgewiesen.

Der moderne Umgang mit der Kava-Pflanze scheint die Einwohner der Südseeinseln nicht von ihren traditionellen Bräuchen abgebracht zu haben. Noch heute wird dort der wässrige Kava-Trank bei allerlei festlichen Anlässen wie bei uns Sekt und Wein gereicht. Sogar der Papst soll bei einem Staatsbesuch schon davon gekostet haben.

Maoni®-Steckbrief

Verarbeitet wird der Kava-Wurzelstock (Rhizom) des bis zu vier Meter hohen großblättrigen Strauches Piper methysticum (Piperaceae). Auf Deutsch werde der Kava-Strauch irreführenderweise als "Rauschpfeffer" bezeichnet, doch die Pflanze verursache weder Rausch noch Abhängigkeit, sagte Mannel. Ein Teil Droge wird mit 13 bis 20 Teilen 96-prozentigem Ethanol extrahiert, der Extrakt dann eingestellt auf 30 Prozent Kavapyrone (Kavain, Dihydrokavain, Methysticin, Dihydromethysticin, Yangonin, Desmethoxyyangonin und Tetrahydroyangonin).

Zweimal täglich wird ein Dragee eingenommen. Mit anderen ZNS-wirksamen Medikamenten kann sich die Wirkung verstärken. Bei Depressionen ohne erkennbare Ursache ist Maoniâ kontraindiziert.

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