Vertrauen und ein therapeutisches Bündnis |
22.01.2001 00:00 Uhr |
In Beschwerden, die vom oberen Magen-Darm-Trakt wie Reizmagen beziehungsweise funktionelle Dyspepsie und solche, die vom Darm ausgehen, unterteilte Professor Dr. Jürgen Hotz aus Celle die funktionellen gastrointestinalen Erkrankungen. Er verwies darauf, dass beide Beschwerden auch gemeinsam auftreten können. Nur eine Minderheit der betroffenen Menschen - nämlich 25 Prozent - suche ärztliche Hilfe. Bei diesen Patienten wiederum liege in mehr als 50 Prozent der Fälle eine funktionelle Dyspepsie, also ein Reizmagensyndrom vor.
"Die Symptome kommen und gehen", so der Referent. Aus ungeklärten Gründen werden circa 30 Prozent der Betroffenen langfristig beschwerdefrei. Ursache der funktionellen Dyspepsie seien Motilitäts-, Perzeptions- und säureinduzierte Störungen sowie eine Helicobacter-pylori-Gastritis. Beim Reizdarm stünden dagegen neben Motilitätsstörungen die viszerale Hyperalgesie sowie Störungen des enterischen autonomen beziehungsweise zentralen Nervensystems im Vordergrund.
Als wichtigste Wirkstoffgruppen zur Behandlung der funktionellen Dyspesie nannte Hotz die H2-Rezeptorenblocker, Protonenpumpenhemmer und Prokinetika. Ein therapeutischer Gewinn, so Lanzeitstudien, sei bei circa 10 Prozent der Patienten auch mit einer Helicobacter-Therapie zu erzielen. Sinnvoll scheine dieser Behandlungsansatz insbesondere bei Ulcus-ähnlicher Symptomatik zu sein. Des weiteren kämen Phytotherapeutika mit spasmolytischen und tonisierenden Effekten zum Einsatz.
Die medikamentöse Behandlung des Reizdarmsyndroms orientiert sich vorrangig an den Beschwerden, die sich aus der Einteilung zwischen Typ I (Diarrhoe-dominant), Typ II (Obstipations-dominant), Typ III (Meteroismus-/Schmerz-dominant) und Typ IV (Bläh-/Gastyp) ergeben. Bei Typ I können Quellmittel wie Flohsamenpräparate unterstützt durch Antidiarrhoika wie Loperamid hilfreich sein. Bei Typ II werden Laxantien, und zwar bevorzugt osmotische Abführmittel wie Lactulose, eingesetzt, wenn Ballast- und Quellstoffe zur Stuhlregulierung nicht mehr ausreichen.
Auf Grund der lokalen spasmolytischen Wirkung auf die glatte Muskulatur des Dünn- und Dickdarms wird bei Reizdarmsyndrom vom Typ III Mebeverin eingesetzt. Entblähende Pharmaka wie wie das Carminativum Pfefferminzöl oder oberflächenaktive Substanzen wie Dimethylpolysiloxan können zusätzlich eingesetzt werden, doch sei die Wirksamkeit in Studien nicht belegt. Studien hätten die günstige Wirkung des Mischpräparates Iberogast® aus Iberis amara und acht anderen Drogenauszügen wie Angelikawurzel, Kamille, Kümmel, Mariendistel, Melisse et cetera bei Reizdarmsyndrom nachgewiesen.
Im Mittelpunkt aller Behandlungsmöglichkeiten müsse das Gespräch mit Aufklärung über Wesen und Ursache der Beschwerden sowie klarer Diagnose- und Therapievermittlung stehen, so Hotz, der auf den hohen Leidensdruck der Betroffenen verwies. Der Patient müsse sich verstanden und akzeptiert fühlen. Als unterstützende Maßnahmen nannte der Referent die Förderung der Eigenverantwortung, Konfliktklärung im psychosozialen Bereich, Entspannungsübungen, Abbau von beruflichen und privaten Stressfaktoren, Ernährungsberatung (gut verträgliche Mischkost gegebenenfalls in Verbindung mit Ernährungsprotokollen und Tagebüchern in der Diagnosephase) sowie körperliche Aktivitäten. Es gelte ein therapeutisches Bündnis für die Langzeitbetreuung zu entwickeln.
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