Artesunat verbessert Malariatherapie |
12.01.2004 00:00 Uhr |
Die gängigen Malariamedikamente wirken immer seltener, weil die Krankheitserreger gegen sie immun werden. Eine Kombinationstherapie mit einem alten chinesischen Heilmittel könnte Abhilfe schaffen.
Fünfzig Jahre lang nach seiner Entdeckung war Chloroquin ein günstiges, sicheres und effektives Medikament im Kampf gegen Malaria. Doch mittlerweile verliert das einst so scharfe Schwert in vielen Teilen Afrikas seine Wirksamkeit, da die Malariaerreger zunehmend resistent gegen den Wirkstoff sind. Pyrimethamin/Sulfadoxin ist dort weiterhin eine – zumal ökonomische – Alternative, wohingegen das Kombinationspräparat in Deutschland schon seit Jahren vom Markt genommen wurde. Seine Effektivität sinkt jedoch auch in vielen Ländern Afrikas.
Ironischerweise ist die neue Medizin für Malaria eine der Ältesten. Artemisinin ist ein Wirkstoff aus dem einjährigen Beifuß (Artemisia annua), der in der chinesischen Heilkunde bereits um 168 v. Chr. beschrieben und um 340 n. Chr. schon als Anti-Malaria-Mittel eingesetzt wurde. Nun erlangt das alte Mittel dank zunehmender Resistenzen der Erreger ein Comeback.
1998 initiierten die Weltgesundheitsorganisation WHO und das Special Programme in Research and Training in Tropical Diseases (WHO/TDR) Studien zur Überprüfung der Sicherheit und Effektivität von Kombinationstherapien mit Artemisinin. Hierzu wurde die International Artemisinin Study Group gegründet, deren Studienergebnisse jetzt in dem Fachmagazin Lancet erschienen sind (Band 363 (2004), Seite 9 bis 17).
16 Studien, 6000 Menschen
Insgesamt führten die Experten 16 Studien durch, davon zwölf placebokontrollierte Doppelblindstudien in den afrikanischen Ländern. Die vier Studien außerhalb Afrikas (eine in Peru und drei in Thailand) waren offen. Fast 6000 Menschen nahmen an den Studien teil, in Afrika nur Kinder, in Peru und Thailand auch Erwachsene.
In 15 Studien erhielten die Teilnehmer eine dreitägige Behandlung mit Artesunat, einem Derivat von Artemisinin, wobei in fünf dieser Studien zusätzlich die eintägige Therapie untersucht wurde. Nur in einer thailändischen Studie verabreichten die Mediziner Artesunat lediglich über einen Tag. Die Konzentration von Artesunat betrug in der Regel 4 mg pro kg Körpergewicht täglich. Bei den zusätzlich zum Artemisininderivat eingesetzten Malariamitteln handelte es sich um Chloroquin (drei Studien), Amodiaquin (drei Studien), Pyrimethamin/Sulfadoxin (sieben Studien) und Mefloquin (drei Studien).
In allen Studien bekämpfte die Kombination mit Artesunat die Parasiten schneller als die Kontrollmedikation. Bei allen vier eingesetzten Malariamitteln schwanden die Parasiten in Kombination mit dreitägiger Artesunat-Einnahme fast doppelt so schnell wie ohne – in durchschnittlich 1,4 statt 2,2 Tagen.
Außerdem bewahrte das alte chinesische Heilmittel die Erkrankten teilweise vor einem Wiederkehren der bereits verschwundenen Krankheitserreger. Die Standardtherapien versagten hier im Durchschnitt zu 32 Prozent. Diese Rate war sogar noch höher, als die bei Planung der Studie erwarteten 25 Prozent.
In 13 Studien bestimmten die Wissenschaftler jeweils zu Beginn, nach sieben, 14 und 28 Tagen die Gametozytenlast. Bei 86 Prozent der Studienteilnehmer konnten sie zu Beginn keine Gametozyten nachweisen. Eine dreitägige Einnahme von Artesunat wirkte sich bereits positiv auf den Wert nach sieben Tagen aus. Besonders deutlich wurde der Effekt nach 14 beziehungsweise 28 Tagen. Die Gametozytenlast war deutlich geringer als in den Kontrollgruppen.
Große Unterschiede
Allerdings traten zwischen den einzelnen Studien große Unterschiede auf, die weder mit dem verwendeten Malariamittel noch anderen Konstanten korrelierten. Die Zahlen schwankten zwischen 115 Rückfällen bei 124 Studienteilnehmern (Elfenbeinküste) und 6 Rückfällen bei 187 Teilnehmern (Gambia), jeweils 28 Tage nach dreitägiger Artesunat-Behandlung. Diese Unterschiede fanden sich auch in den Kontrollgruppen ohne Artesunat: 129 Rückfälle bei 134 Studienteilnehmern (Elfenbeinküste) und 20 Rückfälle bei 193 Studienteilnehmer (Gambia).
In sechs Fällen testeten die Wissenschaftler auch den eintägigen Einsatz von Artesunat (fünfmal kombiniert mit Pyrimethamin/Sulfadoxin, einmal mit Mefloquin). Hier reduzierte sich die Gametozytenlast am Tag 14 zwar auch signifikant, der Effekt war jedoch geringer als nach dreitägiger Behandlung. Schwer wiegende Nebenwirkungen als Reaktion auf Artesunat traten nicht auf. Nichtsdestotrotz kann die Einnahme während der Schwangerschaft ein Risiko bedeuten.
Auch wenn die Kombination des chinesischen Heilmittels mit
herkömmlichen Anti-Malaria-Mitteln in den Studien die Malariaerreger
erfolgreich unterdrückte, bleibt ungeklärt, ob es sich hierbei um die
beste Therapie handelt oder das kürzlich in Uganda erfolgreich getestet
Amodiaquin/Pyrimethamin/Sulfadoxine die Rückfälle noch besser verhindern
könnte. Hinzu kommt, dass das in Uganda getestete Medikament wesentlich
günstiger ist. Ein für die armen Ländern oftmals entscheidender Umstand.
© 2004 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de